Finanzausschuss empfiehlt Sparhaushalt 2024 mit knapper Mehrheit
Das Ergebnis der Haushaltsberatungen des Finanzausschuss am 4. Dezember fällt knapp aus: Mit 7 zu 6 Stimmen hat der Finanzausschuss beschlossen, dem Stadtrat zu empfehlen, den Entwurf des Haushaltsplans 2024 zu verabschieden. Dieser wird am Dienstag, 19. Dezember, über den Haushalt und die Personalstellen der Stadtverwaltung beraten und beschließen.
Um 2024 handlungsfähig zu bleiben, braucht die Stadt Lindau einen durch den Stadtrat verabschiedeten Haushaltsplan, der im nächsten Schritt von der Rechtsaufsichtsbehörde genehmigt werden kann.
„Wir haben noch einen harten Sparkurs vor uns, aber die gute Nachricht ist: Es geht in die richtige Richtung“, sagt Oberbürgermeisterin Dr. Claudia Alfons. Im vorliegenden Entwurf ist das Haushaltsvolumen deutlich gesunken und die Kreditaufnahmen für 2024 sind nur noch halb so hoch, wie Anfang 2023 angenommen. Das werten die Oberbürgermeisterin und der stellvertretende Kämmerer Tobias Pellot als deutliches Zeichen für den Sparwillen der Stadt.
Dringend nötige Investitionen müssen getätigt, bereits begonnene Großprojekte abgeschlossen und laufende Kredite bedient werden. Eine zunächst noch vorgesehene Grundsteuererhöhung ist nach den Haushaltsberatungen nicht mehr notwendig.
Große Investitionen im Bereich Schulen und Kinderbetreuung
Die größte Herausforderung stellt der Neubau der Mittelschule dar. Vor einigen Jahren hat die Stadt gegenüber der Regierung von Schwaben zugesichert, die Mittelschule mit den Standorten Aeschach und Reutin unter einem Dach zusammenzuführen. Dieser Neubau soll rund 50 Mio. EUR kosten, die die Stadt bislang nicht finanzieren kann. Gleichzeitig ist der Zeitdruck in der gesamten Schulentwicklung hoch, weswegen Stadtrat und Verwaltung sich auf ein schrittweises Vorgehen verständigt haben. Oberstes Ziel für den Haushalt 2024 war es, die Finanzierung der Planungen für die Mittelschule bis zur Baugenehmigung zu sichern. Um gleichzeitig zu vermeiden, dass Steuergelder vergeblich ausgegeben werden, soll ein Großteil der eingeplanten Mittel mit einem sogenannten Sperrvermerk versehen werden. Zunächst sollen nur 0,7 Mio. Euro für 2024 für weitere Planungen freigegeben werden, bis klar ist, ob und wie der Neubau finanziert werden kann.
Im Bereich Schulen und Kinderbetreuung sind im Haushalt 2024 zudem 2,6 Millionen Euro für den Neubau der KiTa Zech eingeplant. Darüber hinaus werden 90.000 Euro für die digitale Ausstattung der Schulen und weitere 300.000 Euro für verschiedene Maßnahmen zur Verfügung gestellt.
Weitere große Posten im Vermögenshaushalt 2024 sind die Rest- und Mehrkosten für den Cavazzen mit 3,2 Millionen Euro und der Ausbau der „Bodensee Fahrradstraße“ in Höhe von 1,95 Millionen Euro. Zum Erhalt der städtischen Infrastruktur (Brücken, Straßen, Geh- und Radwege) sind rund 1,4 Mio. Euro vorgesehen. Mit 50.000 Euro sollen Klimabäume gepflanzt werden, die Hitzeinseln entgegenwirken und die Aufenthaltsqualität in der Stadt verbessern sollen. 300.000 Euro sind für die Ausrüstung der Feuerwehr eingeplant. Eingeplant, wenn auch gekürzt, sind zudem Mittel für Spiel- und Sportplätze sowie die Aufwertung von Grünflächen, wie beispielsweise der Umbau des Stadtgartens.
Verwaltung steht vor Umbruch
„Wir stehen in der Verwaltung wegen den hohen Renteneintrittszahlen und der zunehmenden Digitalisierung vor einem großen Umbruch. Diesen wollen wir aktiv steuern und nicht dem demografischen Zufall überlassen“, sagt Alfons.
Bis 2030 werden rund 100 Stellen wegen Renteneintritten frei
Die Stadtverwaltung will sich daher bereits jetzt dazu verpflichten, mit Blick auf frei werdende Stellen aufgrund von Ruhestands- bzw. Renteneintritten zu prüfen, ob Aufgaben reduziert, Standards abgebaut oder Prozesse schlanker gestaltet werden können und so eine Nachbesetzung der freien Stelle erübrigt werden kann. Durch geringeren Personalbedarf kann sich die Verwaltung unabhängiger vom Fachkräftemangel machen und zugleich Personalkosten einsparen.
Dieses Vorgehen bietet Einsparpotenzial, denn bis 2030 werden bei der Stadt Lindau rund 100 Stellen aufgrund von Renteneintritten frei. „Mit Blick auf den Arbeitsmarkt glaube ich nicht, dass wir all diese Stellen nachbesetzen werden. Deswegen bereiten wir uns darauf vor, auch mit weniger Stellen auszukommen“, sagt Oberbürgermeistern Dr. Claudia Alfons. Rechnerisch geht die Stadt in der Finanzplanung von 20 Vollzeitstellen weniger aus. Dabei handelt es sich eine Größenordnung und nicht um konkrete Stellen.
Gesetze und Projekte erfordern neue Stellen
Gleichzeitig erfordern neue gesetzliche Vorgaben, steigende Fallzahlen, zusätzliche Aufgaben sowie neue städtische Einrichtungen für 2024 neue Stellen. Dazu zählen zum Beispiel sieben Stellen für die neue Kindertagesstätte Zech, die voraussichtlich im Herbst 2024 eröffnet wird. Die Anzahl der Stellen und damit den Personalschlüssel schreibt das Bayerische Kinderbildungsgesetz vor. Ab 2026 wird ein gesetzlicher Anspruch auf Ganztagesbetreuung für Kinder im Grundschulalter eingeführt. Um diese gesetzliche Vorgabe zu erfüllen, muss die Stadt eine Halbtages-Stelle Sachbearbeiter Schule schaffen. Ebenfalls schreibt das Gesetz ab 2024 eine „Zweite Leichenschau“ als Pflichtaufgabe vor. Dafür muss die Stadt eine zusätzliche Stelle in der Friedhof- und Krematoriumsverwaltung schaffen.
Für das 2016 im Stadtrat auf den Weg gebrachte neue Stadtmuseum im Haus zum Cavazzen, das ab 2025 ganzjährig geöffnet sein soll, ist eine entsprechende Personalausstattung erforderlich. Bisher mussten im Museumsbereich nur für die Monate der Sonderausstellung Saisonkräfte eingestellt werden. Für den künftig ganzjährigen Betrieb des gesamten Hauses sind rund elf Stellen nötig, zum Beispiel eine Leitung Museumspädagogik, Aufsichtskräfte und Kassenkräfte.
Nicht nur in den Fachbereichen fällt mehr Arbeit an, sondern durch den erheblichen Fachkräftemangel und den demographischen Wandel ist Unterstützung im Personalamt nötig. Eine neue Personalsachbearbeitung für Digitalisierung und Recruiting soll zudem die Einführung einer im Stadtrat beschlossenen Personalsoftware betreuen.
Ebenso benötigt das Amt für Digitalisierung und Organisationsentwicklung eine zusätzliche Stelle, da der Organisationsaufwand innerhalb der Verwaltung durch die altersbedingte Fluktuation, die erforderliche Weiterentwicklung der Verwaltung sowie die Einführung eines Dokumenten-Management-Systems ebenfalls deutlich ansteigt.
Fokussierung auf den Konsolidierungsprozess
Mit Blick auf das neue Jahr betont die Oberbürgermeisterin: „Ab Januar wollen wir uns gemeinsam mit unserer neuen Kämmerin Birgitt Richter voll auf den Konsolidierungsprozess fokussieren und nicht mehr am Haushaltentwurf 2024 doktern.“ Der Druck zur Sicherstellung der dauernden Leistungsfähigkeit der Stadt Lindau ist enorm hoch. Spätestens ab 2026 wird die Erstellung eines ordentlichen Haushalts ohne Gegensteuerungsmaßnahmen kaum mehr möglich sein.
Nun liegt es am Stadtrat, ob der Haushaltsentwurf auf den Weg gebracht wird. Darüber berät er in der öffentlichen Sitzung am Dienstag, 19. Dezember, um 18 Uhr, im Alten Rathaus.