Die bayerisch-schwäbische Unternehmerschaft setzt verstärkt auf Künstliche Intelligenz (KI). 72 Prozent der Unternehmen aus Produktion, Handel und Dienstleistungen arbeiten bereits mit Generativer KI oder haben dies in Kürze vor. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Umfrage der IHK Schwaben. „Das Interesse an Künstlicher Intelligenz ist in allen Branchen sehr hoch. Trotzdem bleibt in allen Bereichen der Digitalisierung noch Luft nach oben“, erklärt Anna Kilger, Leiterin der Abteilung Industrie und Innovation.
Die Analyse der KI-Anwendungen im Unternehmen zeigt ein breites Spektrum von Einsatzmöglichkeiten. Besonders deutlich wird der wachsende Fokus der Unternehmen auf die Verbesserung der Kundeninteraktion. So gaben 52 der Befragten an, KI für die personalisierte Kundenansprache und den Kundensupport einzusetzen bzw. kurzfristig damit zu starten. Vor allem im Handel steht das Thema im Vordergrund. In den Produktionsunternehmen hingegen liegt der Fokus mehrheitlich (53 Prozent) auf der Qualitätssicherung. In allen Branchen hingegen gab es durch den Hype um Anwendungen wie ChatGPT einen deutlichen Schub bei Generativer KI. Während traditionelle KI-Systeme vor allem für die Analyse von Daten, Mustererkennung und die Vorhersage von Ergebnissen entwickelt wurden, ermöglicht Generative KI die Erzeugung von Texten, Bildern und Audios und Codes auf Basis der erhobenen Daten und der daraus erlernten Muster. „Unternehmen setzen Künstliche Intelligenz auch ein bei der Produktentwicklung und -optimierung sowie beim Risikomanagement“, macht Kilger deutlich.
Anwendungsfall: KI in der Kreativbranche
Besonders hohes Interesse an KI-Lösungen besteht in der Kreativbranche. An dem IHK-Event „Kreativität 4.0“, das kürzlich stattfand, nahmen 160 Interessierte aus den Branchen Werbung, Marketing, Design, Medien- und Öffentlichkeitsarbeit, Musikproduktion und Gaming teil. „Das Event zeigte deutlich: KI-Know-how ist notwendig für die Zukunftssicherheit der Branche. Wer die Technologie optimal nutzt, um seine Kreativität zu steigern und noch effizienter zu arbeiten, verschafft sich einen Wettbewerbsvorteil“, sagt Bettina Kräußlich, Expertin der Kultur- und Kreativwirtschaft bei der IHK Schwaben. Gerade in dieser Branche tauchen auch rechtliche Fragestellungen auf, etwa hinsichtlich Datenschutz, Haftung und Urheberrecht. Für die Medienbranche sind zudem die mit KI leicht zu erstellenden gefälschten Inhalte eine große Herausforderung. Kreative, die die Chancen der KI nutzen möchten, stehen vor der schwierigen Entscheidung, mit welchem der zahlreichen Tools sie starten sollen. „Zu Beginn müssen Anwendungsfälle im Unternehmen identifiziert werden. Im zweiten Schritt können dann die konkreten Einsatzmöglichkeiten und das richtige Tool gewählt werden“, rät Kräußlich.
Digitalisierung kommt insgesamt nur langsam voran
Trotz vieler Anwendungsmöglichkeiten für die Künstliche Intelligenz kommt die digitale Transformation in der bayerisch-schwäbischen Wirtschaft nur langsam voran. Die Befragten haben den Digitalisierungsstand ihres Unternehmens mit der Durchschnittsnote 2,9 bewertet – im Vergleich zur vorherigen Umfrage mit 3,1 eine leichte Verbesserung. Denn weiterhin gibt es Hürden, mit denen die Unternehmen zu kämpfen haben. Rechtliche Unsicherheiten bei der Nutzung und Verarbeitung von Daten bremsen die Digitalisierungsfortschritte in der Wirtschaft aus. Das bestätigen 60 Prozent der Befragten. „Daher plädieren wir für eindeutige Regulierungen, die Innovationen unterstützen, anstelle von Verordnungen, die zusätzlich verwirren und ausbremsen“, sagt Kilger. Auch die Komplexität von Digitalisierungsprojekten, die damit einhergehenden Kosten sowie das Fehlen von IT-Fachkräften erschweren den Unternehmen die digitale Transformation.
Sensibilität für IT-Sicherheit steigt
Das Umfrageergebnis ist aus Sicht der IHK-Fachleute aber kein Grund für Pessimismus. „Wir registrieren eine steigende Nachfrage bei unseren Angeboten rund um Digitalisierung – gerade auch beim Thema IT-Sicherheit. Hier müssen wir weiter sensibilisieren“, ist sich Kilger sicher. So bietet die IHK Schwaben unter anderem Cyber-Security-Awareness-Tests, um Beschäftigte zu schulen, und gibt mit Videos sowie Webinaren den Unternehmen praktische Tipps an die Hand. Die erhöhte Alarmbereitschaft in Sachen Cybersecurity zeigt sich auch in der Umfrage: 47 Prozent statt wie im Vorjahr 28 Prozent der Unternehmen setzen mittlerweile auf IT-Sicherheitsstandards und auf Informationssicherheitsmanagementsysteme.
Unternehmen leiden unter kaum digitalisierter Verwaltung
Großen Handlungsbedarf sehen die Unternehmen zudem bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung, die knapp die Hälfte der Unternehmen mit der Note „mangelhaft“ oder schlechter bewertet. Die konsequente Umsetzung von Digitalisierungsprojekten in der Verwaltung könnte dazu beitragen, bürokratische Verfahren abzubauen und zu verschlanken, eine der wichtigsten Forderungen der Wirtschaft. „Die Unternehmen sind auf nutzerfreundliche digitale Verwaltungslösungen angewiesen, die wie angekündigt schnell kommen sollten“, erklärt Kilger. An der Digitalisierungsumfrage haben sich 234 Unternehmen aus der Region im Zeitraum von November bis Dezember 2023 beteiligt. Der Ergebnisbericht ist unter ihk.de/schwaben, Nr. 6111080, abrufbar.