Gegen eine Mannschaft wie den FC Bayern München II muss alles passen, um gegen sie bestehen zu können. Das war beim FC Memmingen von Vornerhein klar. Es passte im ersten Regionalliga-Heimspiel nach der Winterpause aber nur bis zur Mitte der ersten Hälfte – hier war Memmingen frech und durchaus offensiv wie auch defensiv sogar das bessere Team. Am Ende prangte es vor der Saison-Rekordkulisse von 2.316 Zuschauern in der Arena aber „0:4“ leuchtend rot von der Anzeigetafel. Die „Bayern-Amateure“ spielten in numerischer Überlegenheit ihre ganze Klasse aus, nachdem Dominik Kurija vom Platz geflogen war – unberechtigt.
In der 34. Minute zückte Schiedsrichter Peter Dotzel (Heidenfeld) zum Entsetzen nicht nur von Kurija bei dessen Balleroberung gegen Younus Aitamer glatt Rot. Eine sehr harte Entscheidung, denn selbst wenn der Unparteiische die Situation schon als Foul wahrgenommen hatte, wäre auch Gelb-Rot eine Möglichkeit gewesen. Denn der Memminger Abwehrmann war schon früh in der vierten Minute verwarnt worden. Ob dies Dotzel nicht gespeichert hatte, bleibt spekulativ. Bein genauerer Betrachtung der Videobilder war es gar kein Foul, schon gar nicht mit „offener Sohle“, wie im Schiedsrichterbericht geschildert. Aitamer war schon vor dem Kontakt ausgerutscht und gefallen.
Zu diesem Zeitpunkt lagen die Bayern mit einem Treffer vorn. Kapitän Timo Kern machte nach ganz starker Ball-Annahme aus der ersten Chance der Münchner die Führung (23. Minute).
Der Platzverweis wirkte sich deutlich auf das Spielgeschehen aus, die FCM-Taktik die Bayern verstärkt anzugehen, war in Unterzahl dahin. Mit Kurija fehlte in der Folge hinten ein weiterer Innenverteidiger, nachdem sich Jakob Gräser schon im ersten Spiel nach der Winterpause in Schweinfurt verletzte. Auch wenn es bei Bayern II im Winter einen Umbruch gab, in Memmingen erneut sechs U19-Spieler auf dem Platz standen, da war schon eine ausgesprochene spielerische Qualität und trotz aller Jugendlichkeit eine gewisse Portion Ausgebufftheit zu sehen. Unter den „Bayern-Bubis“ war beispielsweise Lovro Zvonarek, der für 1,8 Millionen Euro Ablöse aus Kroatien geholt wurde. Zum Vergleich: Der Marktwert des gesamten Memminger Kaders kommt nicht einmal auf die Hälfte dieser Summe.
Die weiteren Treffer fielen aus Positionen, wo auf der Heimseite ein Innenverteidiger fehlte. Kurz vor der Pause saß der Kopfball von Jonathan Asp Jensen. In der zweiten Hälfte traf Aitamer volley und nach einer Ecke des Torschützen nickte schließlich noch Luca Denk ein (62.). Eine andere Mannschaft hätte vermutlich spätestens jetzt zurückgesteckt, Kräfte gespart und sich auf das Rückfahr-Bierchen im Mannschaftsbus gefreut. Die Bayern-Jungspunde, die ja alle Karriere machen wollen, ließen aber Memmingen so gut wie nicht mehr zur Entfaltung kommen. Auch ein Ehrentreffer für die Ergebniskosmetik war nicht drin.
Ausflüchte suchte Neu-FCM-Trainer Matthias Günes bei seiner Heimpremiere nicht: „Es geht nicht darum, Ausreden zu finden sondern um Wege, um zu punkten. Rot hin oder her, wir haben auch danach einige Dinge falsch gemacht“. Bayerns U23-Chefcoach Holger Seitz, mit gleich fünf Co-Trainern und großem Stab samt dem sportlichen Campus-Leiter Halil Altintop im Gepäck, hatte Memmingen im Vorfeld genau analysieren lassen und war mit dem Ausgang natürlich hochzufrieden: „Wir haben gewusst, dass wir von der ersten Minute an wach sein mussten. Nach der Roten Karte wurden wir besser und hatten das Spiel dann unter Kontrolle.“ Seitz wurde angesichts der Atmosphäre gerne auch in der nächsten Saison wieder an den e-con ArenaPark kommen, der FCM gerne auch gerne wieder gegen die Stars von morgen antreten. Dazu muss sich an der Tabellenkonstellation noch einiges ändern, der Rückstand auf den ersten Relegationsplatz beträgt mit diesem Wochenende wieder fünf Punkte. Weiterkämpfen heißt die Devise für Günes nach dem ersten Rückschlag unter seiner Regie: „Wir werden uns schütteln und am Montag beginnt die Vorbereitung auf Illertissen“. Zum Nachbarschaftsduell geht es am nächsten Samstag.
FC Memmingen 07: Werdich – Dolinski, Bauer, Kurija, Lutz – Rietzler, Hingerl – Maier (82. Ammann), Mulas (59. Sailer Fidalgo), Berwein – Müller (46. Bareis).
FC Bayern München II: Hülsmann – Scholze (63. Manuba), Dettoni, Wimmer, Aznou- Denk, Aséko (70. Dell’Erba) – Asp Jensen (70. Berisha), Zvonarek (82. Pisano), Aitamer – Kern (63. Wagner).
Tore: 0:1 (23.) Kern, 0:2 (42.) Jensen, 0:3 (56.) Aitamer, 0:4 (62.) Denk. – Schiedsrichter: Dotzel (Heidenfeld). – Gelbe Karten: Kurija / Scholze, Dell’Erba. – Rote Karte: Kurija (34./FCM/Foulspiel). – Zuschauer: 2.316.