Der Tourismus in Bayerisch-Schwaben ist im Aufwind. Die Zahl der Gästeankünfte und Übernachtungen ist im vergangenen Jahr deutlich angestiegen. „Das Hotel- und Gaststättengewerbe kann fast wieder an die Vor-Corona-Zeiten anknüpfen“, sagt Martin Neumeister, Vorsitzender des Ausschusses für Freizeitwirtschaft bei der IHK Schwaben. Trotzdem hat sich die Geschäftslage vieler Tourismus-Unternehmen zuletzt verschlechtert, wie die IHK-Konjunkturumfrage zu Jahresbeginn gezeigt hat. „Die hohen Energiepreise, ein Mangel an Fach- und Arbeitskräften und die steigenden Arbeitskosten stellen die Betriebe aktuell vor riesige Herausforderungen“, so Neumeister.
Fast 5,3 Millionen Gästeankünfte gab es nach Angaben des Statistischen Landesamts im Jahr 2022 im Regierungsbezirk Schwaben. Das sind 62,5 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die Zahl der Übernachtungen ist um 41,9 Prozent auf mehr als 16,2 Millionen gestiegen – und das obwohl insbesondere zu Jahresbeginn 2022 noch coronabedingte Einschränkungen galten. „Vor allem die starke Nachfrage im Sommer hat den Tourismus-Betrieben eine gute Bilanz beschert“, berichtet Neumeister. 3,1 Nächte blieb jeder Gast im Schnitt, damit liegt die Region über dem bayernweiten Durchschnitt. Die Bettenauslastung lag 2022 mit 42,7 Prozent ebenfalls über dem Wert für Bayern (40,9 Prozent). Unter den zehn bayerischen Touristen-Hotspots mit den meisten Übernachtungen sind mit Oberstdorf, Füssen, Augsburg und Oberstaufen gleich vier bayerisch-schwäbische Destinationen. Trotz der enormen Zuwächse hat das Gästeaufkommen noch nicht das Niveau vor Ausbruch der Corona-Pandemie erreicht: 2019 hatte es mehr als 6 Millionen Gästeankünfte im Regierungsbezirk Schwaben und fast 17,2 Millionen Übernachtungen gegeben.
Hohe Kosten trüben die Stimmung der Unternehmen
2.500 Beherbergungs- und 6.000 Gastronomiebetriebe gibt es in Bayerisch-Schwaben – das ist ein Fünftel aller bayerischer Betriebe im Gastgewerbe. Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise sind längst nicht die einzige Herausforderung, mit der diese Unternehmen zu kämpfen haben. Vor allem die hohen Energie- und Rohstoffpreise bereiten zunehmend sorgen. Laut der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage sehen 81 Prozent aller Unternehmen in den zusätzlichen Kosten ein Risiko für ihre wirtschaftliche Entwicklung. Auch die steigenden Arbeitskosten belasten die Bilanz. „Aufgrund der steigenden Inflation und der sinkenden Nachfrage lassen sich diese Kosten im Tourismussektor nicht einfach auf die Kunden umlegen“, berichtet Neumeister. Diese Entwicklung spiegelt sich in der IHK-Konjunkturumfrage wider: Nach der erfolgreichen Sommer-Saison 2022 hatten im Herbst noch 36 Prozent aller Unternehmen des Hotel- und Gaststättengewerbes von einer guten Geschäftslage gesprochen, zu Jahresbeginn waren es nur noch 28 Prozent. Jedes fünfte Unternehmen berichtete zu Jahresbeginn von einer schlechten Geschäftslage – ein leichter Anstieg von 2 Prozentpunkten im Vergleich zum Herbst.
Hoffnung auf erfolgreichen Endspurt in der Winter-Saison
Spürbar optimistischer sind die kurz- und mittelfristigen Erwartungen der Unternehmen des Reise- und Gastgewerbes zu Jahresbeginn. Im Herbst erwarteten nur drei Prozent eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage, nun ist es fast jedes fünfte Unternehmen. „Nach einem mittelmäßigen Start in die Wintersaison mit vielen Unsicherheiten hofft die Tourismusbranche nun auf einen erfolgreichen Endspurt“, sagt Neumeister. Insgesamt steigt der IHK-Konjunkturindex für die Branche, der sowohl die aktuelle Geschäftslage als auch die Erwartungen der Unternehmen abbildet, um 38 Punkte auf 102 Punkte. Er liegt damit nur noch einen Punkt unter dem zehnjährigen Durchschnitt. „Die vielen Krisen und Herausforderungen haben den Unternehmen massiv zugesetzt“, so Neumeister. „Doch allmählich stabilisiert sich die Branche.“
Personalmangel in der Tourismuswirtschaft ist für die Gäste bereits spürbar
Fast 30.000 Menschen arbeiten in Bayerisch-Schwaben aktuell im Hotel- und Gaststättengewerbe, 1.500 junge Menschen haben hier einen Ausbildungsplatz. Für die Unternehmen wird es jedoch immer schwieriger, geeignetes Personal zu finden. Der Fach- und Arbeitskräftemangel ist laut IHK-Konjunkturumfrage bereits heute für 58 Prozent der Unternehmen ein Risiko und längst auch für die Gäste spürbar. Etliche Gastronomen reagieren mit verkürzten Öffnungszeiten oder eingeschränktem Service. „Wenn wir dieses strukturelle Problem nicht lösen, wird unsere Wettbewerbsfähigkeit massiv darunter leiden“, sagt Neumeister. Eine einfache Lösung allerdings wird es nicht geben, so der Experte. Bereits jetzt ist die Ausbildungsbereitschaft der Tourismusbetriebe in der Region hoch. Die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsbetriebe ist 2022 im Vergleich zum Vorjahr um fast 30 Prozent angestiegen. Doch das reicht nicht aus. „Um noch mehr junge Menschen für diese Berufsbilder zu begeistern, ist es wichtig, das Image und die Gleichwertigkeit der dualen Ausbildung zu fördern“, so Neumeister weiter. Zudem muss der Zuzug aus Drittstaaten in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt vereinfacht und beschleunigt werden, um ausreichend Arbeitskräfte für die Tourismusbetriebe zu gewinnen. Die IHK Schwaben unterstützt die Unternehmen im Kampf gegen den Personalmangel mit einem umfassenden Beratungsangebot. Außerdem versucht die IHK mit ungewöhnlichen Angeboten, das Interesse an Aushilfsjobs in der Gastronomie zu wecken. Im Januar fand erstmals ein „Service-Bootcamp“ statt, bei dem Interessierte in einem Crash-Kurs fit gemacht wurden für den Einsatz in der Gastronomie. Der Zuspruch war enorm, die Neuauflage im April ist bereits ausgebucht.
Weiter Informationen zu den Angeboten der IHK Schwaben rund um den Tourismus sowie zum Service-Bootcamp finden Sie unter ihk.de/schwaben, Nr. 71368