Corona-Testpflicht ist das falsche Signal
Statement von IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Marc Lucassen
„Die Verpflichtung der Arbeitgeber zum Angebot von Corona-Tests ist das falsche Signal. Die freiwillige Test-Kampagne der Unternehmen wird damit von der Politik abgewertet. Es werden zusätzliche Bürokratie und damit unnötige Kosten geschaffen. Die heute vom Bundeskabinett beschlossene Änderung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung ist eine schlechte Entscheidung für die bayerisch-schwäbische Wirtschaft.
Den Aufwand für die Bereitstellung medizinischer Gesichtsmasken und für die Einführung des Testangebotes – vorläufig befristet bis zum 30. Juni 2021 – beziffert die Bundesregierung auf bis zu 130 Euro je betroffenen Beschäftigten. Bei derzeit rund 758.000 Beschäftigen in Bayerisch-Schwaben ergeben sich so Kosten von fast 100 Millionen Euro. Das ist für die krisengeschüttelte Wirtschaft ein großer Betrag, auch wenn sich der Aufwand um die Beschäftigten im Homeoffice reduziert.
Die Bekämpfung des Coronavirus und die Umsetzung der betrieblichen Hygienekonzepte sind eine gewaltige Kraftanstrengung der regionalen Wirtschaft. Es liegt im Eigeninteresse der Unternehmen, ihre Beschäftigten auch durch Corona-Tests zu schützen. Statt die Arbeitsschutzverordnung zu verschärfen, wäre es für den Staat effektiver und für die Wirtschaft günstiger gewesen, dieses Engagement zu fördern, beispielsweise durch eine optimierte Beschaffung von Corona-Tests oder die digitale Verzahnung privater, betrieblicher und öffentlicher Corona-Tests.“
Testpflicht für Unternehmen ist Misstrauensvotum der Politik gegenüber der Wirtschaft
HWK Schwaben: Politik lädt Verantwortung zur Pandemiebekämpfung bei Betrieben ab
Die Handwerkskammer für Schwaben spricht sich auch weiterhin gegen eine gesetzliche Corona-Testpflicht in Unternehmen aus. Diese wurde heute im Rahmen der Corona-Arbeitsschutzverordnung durch das Bundeskabinett beschlossen. „Unsere Handwerksunternehmen kämpfen mit ihren ausgeklügelten Hygienekonzepten seit über einem Jahr gegen das Virus und wurden oder werden dafür trotzdem in verschiedenen Gewerken mit Betriebsschließungen bestraft“, erklärt Hans-Peter Rauch, Präsident der Handwerkskammer für Schwaben. „Jetzt werden die Handwerksbranchen, die unser Leben und unseren Alltag unter schwierigsten Rahmenbedingungen am Laufen gehalten haben und halten, sowie die Gewerke, die nun endlich wieder – wenn auch sehr eingeschränkt – arbeiten dürfen, zusätzlich bestraft“, so Rauch weiter.
Das Handwerk – wie alle anderen Wirtschaftszweige – hatte sich in den letzten Wochen selbst dazu verpflichtet, seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern regelmäßig Corona-Selbsttests anzubieten. Die Appelle der Wirtschaftsverbände hatten gefruchtet, so dass in den Unternehmen bereits in großem Umfang freiwillig getestet wird. Dort, wo dies nicht erfolgt, liegt der Grund darin, dass Test-Kits nicht in ausreichender Menge beschafft oder geliefert werden können. „Jedem Unternehmer liegt das Wohl seiner Belegschaft, seiner Kunden und Lieferanten am Herzen und er wird also alles tun, dass dies so bleibt. Deshalb versucht die Politik mit dieser gesetzgeberisch unnötigen Aktion und damit verbundenen weiteren finanziellen und bürokratischen Belastungen für unsere eh schon gebeutelten Betriebe lediglich, die Verantwortung zur Pandemiebekämpfung auf die Wirtschaft abzuladen“, ärgert sich Rauch. „Die Testpflicht für Unternehmen stellt für mich ein einziges Misstrauensvotum der Politik gegenüber der Wirtschaft dar.“
Corona-Notbremse darf aktuell gültige Regelungen nicht kippen
Die bundeseinheitliche Corona-Notbremse ab einer Inzidenz von 100 wird vom Handwerk grundsätzlich begrüßt. Sie schafft zumindest ein wenig mehr Klarheit und Planungssicherheit für die Betriebe.
„Allerdings dürfen aktuell gültige Regelungen im weiteren Gesetzgebungsverfahren nicht gekippt werden“, äußert sich Ulrich Wagner, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für Schwaben. „So müssen beispielsweise Augenoptiker und Hörgeräteakustiker weiterhin ihre Leistungen erbringen dürfen. Gleiches gilt für unsere Friseur- und Kosmetikbetriebe, aber auch für Fotografen im Bereich der Pass- und Bewerbungsbilder – und zwar ohne Testpflicht. Kleine Ladengeschäfte mit Thekenverkauf müssen weiter auch ohne starre Quadratmetervorgaben offen bleiben – unter Gewährleistung eines Mindestabstandes von 1,5 Metern zwischen den Kunden. Dies gilt beispielsweise für die Lebensmittelhandwerke, deren Geschäftsbetrieb durch den Wegfall von Cafés und Imbissen ja sowieso schon nur eingeschränkt möglich ist und deren Hoffnung auf die angekündigte Öffnung ihrer Außengastronomie ja nun wieder verschoben worden ist. Betroffen sind hier aber auch unsere handwerklichen Gewerke mit Ladengeschäften, also z.B. Gold- und Silberschmiede, Maßschneider, Uhrmacher oder Keramiker.
Große Sorgen bereitet dem Handwerk die Streichung der Baumärkte als inzidenzunabhängige Ladengeschäfte, denn damit werden auch Spezialbaumärkte der Handwerksbetriebe wie Fliesen-, Parkett-, Fenster- und Türenausstellungen inzidenzabhängig. Dies bedeutet eine Bedrohung des Auftragswesens im Baubereich. Einen weiteren Schritt nach hinten bedeutet die „neue“ Inzidenzabhängigkeit von Bestattern, Schuhmachern und Orthopädieschuhmachern, von Landmaschinenwerkstätten und Schlüsseldiensten. „Und nicht zuletzt muss dem Kfz-Handwerk mit seinen ausgefeilten Hygienekonzepten sehr bald
eine Öffnung seiner großflächigen Autohäuser erlaubt werden“, erklärt Wagner abschließend.