In 82 Prozent der bayerisch-schwäbischen Gemeinden verlassen mehr sozial-versicherungspflichtig Beschäftigte den Wohnort als parallel einpendeln. Das gilt jedoch nicht für Augsburg. Die Unternehmen in der Stadt haben nach wie vor eine starke Sogwirkung auf die umliegenden Landkreise. Viele Beschäftigte mit unterschiedlichen Qualifikationsniveaus pendeln zur Arbeit nach Augsburg. Insgesamt verzeichnet die Stadt ein positives Pendlersaldo von rund 23.500 Beschäftigten. Das ist ein Ergebnis des Pendleratlas‘ 2022 der IHK Schwaben.
München zieht noch mehr Menschen an
Bayerisch-Schwaben als Ganzes hat ein Pendlerdefizit, denn die Sogwirkung von München ist zuletzt gestiegen. Der Saldo, also die Differenz zwischen Ein- und Auspendlern, beläuft sich für Bayerisch-Schwaben auf rund 50.000 Beschäftigte. München zieht 45.000 Menschen aus der Region an. Nur aus Augsburg pendeln rund 13.700 Menschen in die Landeshauptstadt und den Großraum München. In den Jahren 2015 bis 2020 ist die Zahl der Pendler von Augsburg in die südöstliche Metropolregion des Landes damit um 23 Prozent gestiegen. Im Gegenzug pendeln 3.700 Beschäftigte aus der Landeshauptstadt und dem Großraum München nach Augsburg.
Großer Bedarf an Fachkräften vor Ort
Dabei ist Bedarf für Fachkräfte auch in der Region hoch: Bei den Unternehmen im Wirtschaftsraum Augsburg suchen in nahezu allen Branchen nach Menschen, die den Weg der beruflichen Bildung gegangen sind oder eine akademische Laufbahn hinter sich haben. „Im Wirtschaftsraum Augsburg leben viele gut ausgebildete Fachkräfte. Wenn es uns gelingt, ihnen vor Ort noch mehr berufliche Perspektiven zu geben, könnten wir im Wettbewerb um die besten Köpfe Boden gutmachen“, sagt Jens Walter, IHK-Regionalgeschäftsführer für die Stadt und den Landkreis Augsburg sowie das Wittelsbacher Land. Denn das Problem wird immer größer. In der IHK-Konjunkturumfrage ist der Fachkräftemangel nach den stark steigenden Energie- und Rohstoffpreisen das von den Unternehmen am häufigsten genannte Risiko.
Je höher qualifiziert, umso mobiler
Höher Qualifizierte sind in der Regel mobiler und finden sich häufig unter den Auspendlern. Das gilt zum einen für die innerschwäbischen Landkreisgrenzen. Im Landkreis Aichach-Friedberg pendeln insgesamt knapp 20.000 Beschäftigte mehr aus als ein. Im Landkreis Augsburg beläuft sich das Defizit auf rund 28.000 Personen. Zum anderen finden sich auch unter den Pendlern nach München viele Hochqualifizierte.
Wirtschaftskraft und Verkehrsanbindung sind entscheidend
Wie attraktiv die Orte für Beschäftigte sind, liegt zunächst an der Arbeitsplatzdichte. Damit wird das Verhältnis von Arbeitsplätzen zur Bevölkerung pro 1.000 Bewohner beschrieben. Diese wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hat eine Sogwirkung. „Damit die Menschen aus anderen Gemeinden aber tatsächlich jeden Tag einen längeren Arbeitsweg in Kauf nehmen, ist eine gute Verkehrsanbindung ebenso entscheidend“, sagt Niklas Gouverneur, Wirtschaftsforscher bei der IHK Schwaben. „Der Zusammenhang ist klar zu sehen: Orte mit einem deutlich positiven Pendlersaldo finden wir entlang der Verkehrsachsen und
-knotenpunkte.“ Dazu zählen neben Augsburg, Kempten, Kaufbeuren und Memmingen auch Donauwörth, Dillingen, Günzburg, Neu-Ulm, Mindelheim und Füssen.
Erhalt und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur nötig
Für die Menschen, die sich täglich von ihrem Wohnort an ihren Arbeitsplatz auf den Weg machen, spielt die Verkehrsinfrastruktur eine immense Rolle. „Wir sollten in eine moderne Verkehrsinfrastruktur investieren. Das funktioniert am schnellsten, wenn Planungs- und Genehmigungsverfahren vereinfacht und beschleunigt werden, wie von der Bundesregierung angekündigt“, betont Gouverneur. Er ist sich sicher: Auch wenn das mobile Arbeiten nach Corona weiterhin stark genutzt werden sollte, bleibt der Bedarf an eine starken Verkehrsinfrastruktur trotzdem hoch.