Die Geschäftslage und die Erwartungen der bayerisch-schwäbischen Wirtschaft haben sich verschlechtert. Der IHK-Konjunkturklimaindex sinkt im Vergleich zum Herbst 2021 um vier auf 125 Punkte. „Die regionale Wirtschaft verliert an Kraft“, stellt Dr. Marc Lucassen, Hauptgeschäftsführer der IHK Schwaben, bei der Vorstellung der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage fest. Das größte Risiko der wirtschaftlichen Entwicklung sind die Energie- und Rohstoffpreise. IHK-Präsident Dr. Andreas Kopton fordert daher: „Die Energie- und Rohstoffpreise müssen schnellstmöglich auf ein wettbewerbsfähiges Niveau sinken.“
Vom 10. bis 20. Januar 2022 hat die IHK Schwaben einen repräsentativen Querschnitt seiner Mitgliedsunternehmen zur aktuellen Lage, den künftigen Erwartungen und den größten konjunkturellen Risiken befragt. Fast 950 Unternehmen haben geantwortet. Die Ergebnisse stellte die IHK Schwaben im Rahmen eines Pressegesprächs vor.
Erholung ausgebremst, Resilienz bewahrt
Obwohl der IHK-Konjunkturklimaindex gesunken ist, zeigt sich die gesamtwirtschaftliche Lage weiterhin deutlich besser als im letzten Winter und etwas positiver als der langjährige Durchschnitt. Lucassen: „In Summe hat sich die bayerisch-schwäbische Wirtschaft resilient gezeigt. Die regionale Wirtschaft kann Krise.“ So beurteilen lediglich 14 Prozent der Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage als schlecht, dagegen 86 Prozent als gut oder befriedigend. „Die Corona-Krise und die wirtschaftliche Entwicklung lassen sich nur gemeinsam einordnen. Diese starke Wechselwirkung gab es bei vorherigen Krisen nicht. Daher ist das Ende der Pandemie die Voraussetzung für wirtschaftliche Stabilität und Wachstum“, ergänzt der IHK-Hauptgeschäftsführer.
Branchen und Regionen entwickeln sich unterschiedlich
Die konjunkturelle Spreizung zwischen den Branchen vergrößert sich wie auch in den vergangenen beiden Jahren mit jeder neuen Infektionswelle. Denn einige Wirtschaftszweige wie das Reise- und Gastgewerbe oder der Einzelhandel leiden überproportional unter den staatlichen Maßnahmen. So hat das Reise- und Gastgewerbe im Vergleich zum letzten Herbst einen deutlichen Einbruch erlebt. Die Bedeutung des Tourismus im Allgäu führt auch dazu, dass sich die Lage besonders im Süden Bayerisch-Schwabens verschlechtert hat. Ebenfalls leicht an Boden verloren hat der Wirtschaftsraum Augsburg, während in Westschwaben die Lage unverändert ist und die Unternehmen in Nordschwaben ihre Lage sogar als verbessert einschätzen. Quer über alle Regionen hinweg läuft es in der Industrie und im Baugewerbe weiterhin am besten.
Außenhandel gibt der Industrie Impulse
„Die Industrie ist der Konjunkturmotor der Region“, so Lucassen. Deren Abhängigkeit vom Auslandsgeschäft, hauptsächlich mit dem Euro-Raum, China und den USA, birgt sowohl Chancen als auch Risiken. Lucassen dazu: „Noch entwickelt sich das Auftragsvolumen der wichtigsten Außenhandelspartner positiv. Größter Unsicherheitsfaktor ist mit Blick auf die Corona-Pandemie allerdings die wirtschaftliche Entwicklung in China.“
Risiken nehmen zu
Die wirtschaftlichen Risiken sind in Summe gestiegen. Die größten Risiken sind quer über alle Branchen hinweg die stark steigenden Energie- und Rohstoffpreise (68 Prozent) und der Fachkräftemangel (62 Prozent). „Besonders das Risiko der hohen Energiepreise hat sich erheblich verschärft. Auch leiden zwei Drittel aller Unternehmen unter der Material- und Rohstoffknappheit“ erläutert Lucassen. Eine schnelle Entspannung der Situation wird von den Unternehmen nicht erwartet, ebenso wie eine Entschärfung des Fachkräftemangels. In Bayerisch-Schwaben herrscht Vollbeschäftigung, die starke Generation der „Babyboomer“ scheidet in den kommenden Jahren aus dem Erwerbsleben aus, und die nachkommenden Generationen sind zahlenmäßig deutlich kleiner. „Dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Risikobewertung etwas an Bedeutung verloren haben, ist da nur ein schwacher Trost“, urteilt Lucassen.
Zukunft gestalten statt im Krisenmodus verharren
Dr. Kopton: „Trotz vieler Risiken bleiben die Geschäftserwartungen der bayerisch-schwäbischen Wirtschaft verhalten positiv.“ Daran ändert auch nichts, dass nur noch jedes vierte Unternehmen eine weitere Verbesserung erwartet. Optimismus herrscht dabei besonders in der Industrie und in den unternehmensnahen Dienstleistungen, trübe Aussichten teilweise im Handel sowie im Reise- und Gastgewerbe. „Damit sich der Optimismus vieler Unternehmen auch erfüllt, muss das Management der Corona-Krise endlich Perspektiven bieten“, fordert Kopton von den politischen Entscheidern auf allen Ebenen. Der Staat muss zudem mit einer sinkenden Steuer- und Abgabenlast auf den Strompreis die Kostenlast schnell reduzieren und bei der Energiewende nicht nur Kraftwerke abschalten, sondern auch neue Stromquellen aus erneuerbaren Energien zuschalten. Auch nützt es dem Stromimporteur Bayerisch-Schwaben wenig, wenn der Strom im Norden zwar produziert wird, im Süden aber aufgrund fehlender Stromleitungen nicht ankommt.“