Rund 12.300 Memmingerinnen und Memminger werden im Jahr 2038 über 65 Jahre alt sein, damit wird die Generation 65+ rund 27 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen. Aktuell liegt der Anteil der älteren Generation noch bei rund 21 Prozent. Die demographische Entwicklung und zudem auch veränderte familiäre Strukturen stellen die Stadt Memmingen vor immer neue Herausforderungen. Die Seniorenfachstelle bereitet deshalb die Fortschreibung des Seniorenpolitischen Gesamtkonzepts vor. „Memmingen wird älter, größer und vielschichtiger. Es geht darum, Memmingen auf den demographischen Wandel vorzubereiten. Eigenverantwortung und gegenseitige Unterstützung werden dabei eine wichtige Rolle spielen“, erklärte Oberbürgermeister Manfred Schilder zum Auftakt eines Workshops zum Seniorenpolitischen Gesamtkonzepts mit rund 60 Bürgerinnen und Bürgern in der Stadthalle.
Bei der Fortschreibung des Seniorenpolitischen Gesamtkonzepts arbeitet die Stadt Memmingen mit dem BASIS-Institut für soziale Planung, Beratung und Gestaltung GmbH (Bamberg) zusammen. Um den Ist-Stand und den Bedarf bis zum Jahr 2037 zu ermitteln, gab es bislang unter anderem eine Befragung von über 1.100 Bürger*innen der Altersgruppe 55+ mit einer hervorragenden Rücklaufquote von 40 Prozent. Dazu wurden ambulante und stationäre Dienste befragt, Expertengespräche geführt und Statistiken des Landesamts für Statistik oder der Bundesärztekammer ausgewertet. Sarah Kalnik vom BASIS-Institut nannte konkrete Zahlen: Parallel zur demographischen Entwicklung wird die Zahl der Demenzerkrankten von 930 (im Jahr 2018) auf ca. 1.270 (im Jahr 2038) steigen. Auch die Zahl der Menschen mit einem Pflegebedarf steigt deutlich von 2.114 (2020) auf 2.972 (2038). Gleichzeit schrumpfen die sozialen Netzwerke der alten Generation. Beispielsweise liegt der Anteil der Kinderlosen bei über 85-Jährigen bei 14 Prozent, in der Altersgruppe 55-65 bereits bei 21 Prozent. Häufig leben die Kinder auch zu weit weg und können in der Versorgung der alten Generation keinen Beitrag leisten. 55-57 Prozent derjenigen, die mit Pflegebedarf zu Hause leben, werden vom Partner, von den Kindern, Schwiegerkindern oder Enkeln unterstützt. „Partner*innen und Kinder sind das Pflegepersonal der Nation“, betonte Sarah Kalnik. Eine Schwierigkeit dabei: ein Gutteil der Angehörigen, die pflegerisch unterstützen, haben bereits selbst Unterstützungsbedarf.
Bricht das soziale Netzwerk weg oder sind die Anforderungen an die Unterstützung/Pflege zu groß, wird ambulante oder stationäre Pflege benötigt. Aktuell gibt es in Memmingen 513 vollstationäre Pflegeplätze, die unter anderem aufgrund des Fachkräftemangels zu 85 Prozent ausgelastet sind. Große Defizite gebe es bei der Kurzzeitpflege in Memmingen, stellte Sarah Kalnik fest. Aktuell gibt es sechs Kurzzeitpflegeplätze, 17-20 sollten es laut Bayerischen Kurzzeitpflegegutachten in Memmingen sein. Dagegen gebe es mit 60 Plätzen überdurchschnittlich viele Plätze zur Tagespflege in der Stadt.
In drei Arbeitsgruppen zu Pflege-Gesundheit-Vorsorge, Digitalisierung-Wohnen-Mobilität und Teilhabe-Ehrenamt-Unterstützung pflegender Angehöriger wurden die dringendsten Handlungsfelder priorisiert. Vor allem die Schaffung von Kurzzeitpflegeplätzen und die Gewinnung von Pflegefachkräften war bereits vom BASIS-Institut als besonders dringend eingestuft worden. Alle Ergebnisse des Workshops laufen bei Matthias Ellermann in der Seniorenfachstelle der Stadt Memmingen zusammen und werden in das Seniorenpolitische Gesamtkonzept mit einfließen.
„Dieses Konzept soll, kann und wird kein schmückendes Sahnehäubchen kommunaler Politik sein, sondern konkretisiert angesichts großer und unabweisbarer Herausforderungen bestehende Maßnahmen und Aufgaben“, betonte Jörg Haldenmayr, Leiter des Referats Familie, Jugend und Soziales. „Wir können in Memmingen den demografischen Wandel und die damit einhergehenden Probleme nicht neutralisieren, aber wir können daran arbeiten, dass unsere Stadt demographie-fester wird.“