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Memmingen: Jan Rothenbacher hat ersten 100 Tage im Amt hinter sich

Am 21. März 2023 wurde Jan Rothenbacher ins Amt des Memminger Oberbürgermeisters eingeführt. Gleich nach dem feierlichen Auftakt nahm er als ersten Termin im neuen Amt eine Sitzung des Jugendparlaments wahr. In den vergangenen drei Monaten hat der 30 Jahre alte Rathauschef viele Menschen kennen gelernt, Gespräche geführt, sich in Themen eingearbeitet, Stadtratssitzungen geleitet, Amtskolleg:innen der Region getroffen, Infoabende für die Bürgerschaft moderiert oder auch die neue Hundefreilauffläche eröffnet. Er trägt im Dienst meist Turnschuhe und arbeitet auch mal im Homeoffice, wenn seine Kinder krank sind. Die ersten 100 Tage im Amt sind nun vorbei – Anlass für eine kurze Positionsbestimmung.

Herr Rothenbacher, was hatte in den ersten drei Monaten für Sie Vorrang?
Ganz klar der Blick in die Stadtverwaltung. Man arbeitet am besten auf einem soliden Fundament. Alle Projekte, alle Themen funktionieren nur im Miteinander der gesamten Verwaltung. Es ging mir darum, sich kennen zu lernen und eine gute Grundlage für die Zusammenarbeit in den nächsten Jahren zu schaffen.

Haben Sie einen guten Überblick über die Verwaltung bekommen?
Ja, das würde ich sagen. Mit den allermeisten Stellen hatte ich Kontakt, man kennt sich jetzt und hat eine gute Zusammenarbeit etabliert. Wobei ich selbstkritisch anerkennen muss, dass ich mein Ziel, alle Ämter, Kitas und Einrichtungen in den ersten Wochen zu besuchen nicht ganz erreicht habe. Das war terminlich doch schwieriger als ich es mir vorgestellt hatte. Über den Sommer will ich das aber noch vollends schaffen.

Auf welche Weise haben Sie sich in Themen eingearbeitet?
Das geschieht über Gespräche, Recherche und viel tolle Vorarbeit der Ämter. Es fällt mir relativ leicht, mich in Themen einzuarbeiten. Ich kann mir neue Sachverhalte in aller Regel sehr gut merken und kombinieren. Einen Text muss ich nicht viermal lesen, bis der Inhalt hängen bleibt, es klappt meist beim ersten Mal, spätestens beim zweiten Lesen.

Was ist die Kernaufgabe des Oberbürgermeisters?
Ich möchte der Möglichmacher innerhalb der Verwaltung sein. Wir haben in den Ämtern viele Menschen mit hoher Sachkompetenz. Diese gilt es zu vernetzen und Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Leute brauchen, um ihren Job gut machen zu können. Es geht immer darum gemeinsam zu schauen, was möglich ist und was wir besser machen können.
Zwischen Verwaltung und Politik sehe ich mich quasi als Scharnier. Wir haben Satzungen, die über die Jahrzehnte gewachsen sind und die zu ihrer Zeit ihre Berechtigung hatten. Jetzt hat sich aber vielleicht der Wunsch der Öffentlichkeit geändert und es ist unsere Aufgabe zu schauen, was im Rahmen unserer Möglichkeiten liegt um dem besser gerecht zu werden. Wie gehen wir beispielsweise mit der Außenbestuhlung um? Lange hat man das gerade mit einem kritischen Blick auf Lärm oder wie es für Anlieger ist verhältnismäßig restriktiv gehandhabt. Diese Regeln wurden damals nicht aus dem Bauch heraus getroffen und es war nicht so, dass sie niemand haben wollte. Jetzt wollen wir aber mehr italienisches Flair, mehr Leben auf der Straße, mehr Aufenthaltsqualität. Das aufzunehmen und in die Verwaltung zu transponieren, ist meine Aufgabe.

Haben Sie sich OB so vorgestellt?
Ja, auf jeden Fall. Was ich mir vielleicht etwas weniger vorgestellt hätte, ist die Gewichtung überregionaler Abstimmungsarbeit – wie häufig man doch bei seinen Aufgaben in die Abstimmung mit anderen Oberbürgermeistern und Landräten eingebunden ist, sei es in der Allgäu GmbH, der Sparkasse, im Regionalverband Donau-Iller, wir haben hier ganz viel. Und das ist eine Stärke unserer Region, dass wir ein gutes und enges Miteinander haben und gemeinsam an einem Strang ziehen, das ist nicht überall in Deutschlands so.

Was haben Sie in den ersten 100 Tagen schon geschafft?
Ich konnte schon einiges anstoßen, das Ohr noch mehr öffnen in die Gesellschaft, gerade im Bereich des Miteinanders mit den Bürgerinnen und Bürgern und mit den Organisationen und Unternehmen. Wir haben Gesprächsrunden etabliert mit dem Einzelhandel, der Gastronomie und dem Gewerbe, um branchenspezifische Problemstellungen zu erkennen und um Fragen direkt zu beantworten, bevor etwas in der Gerüchteküche zu einem Thema wird. Ich denke, es ist ganz wichtig, dass jeder weiß, dass wir miteinander sprechen können. Oft fehlt es vor allem an Kommunikation.
Mir ist auch wichtig, klar zu benennen, dass es ein kulturelles Umdenken braucht. Wir sind in einer Umbruchphase, weil der demographische Wandel, der Fachkräftemangel auch uns als Verwaltung vor gewaltige Herausforderungen stellt. Das brauchen wir nicht als Risiko zu sehen, sondern als Chance zu begreifen, die Organisation entsprechend der eigenen Vorstellungen mitgestalten zu können. Zu überlegen, was hat mich schon immer gestört, wo hatte ich schon lang mal die Idee wie wir es besser gestalten, und da eine Rückendeckung zu spüren, dass wir offen dafür sind, uns zu hinterfragen, um uns so aufzustellen, dass wir den Job in fünf oder zehn Jahren noch gut machen können.

Sind Sie auch privat in Memmingen angekommen?
Wir haben ein Haus im Memminger Westen gefunden. Ich freue mich darauf, weil ich glaube, dass wir eine tolle Immobilie gefunden haben, die auch für uns als Familie sehr gut funktioniert. Die Suche hat mir allerdings aufgezeigt, wie schwierig es für Familien ist, in Memmingen Wohnraum zu finden, obwohl man es als Oberbürgermeister sicher leichter hat, weil man besser verdient als viele andere. Es dauert aber noch bis ins nächste Frühjahr, bis wir einziehen können.
Wir werden uns dann wie alle anderen Familien um einen Kindergartenplatz bewerben zum 1.9.2024. Ich gehe mit meiner Familie in den ganz normalen Vergabeprozess, das ist mir wichtig, weil ich die aktuell kritische Situation bei der Platzvergabe kenne.

Macht Ihnen OB Spaß?
Ja, als OB geht man ja quasi von Highlight-Termin zu Highlight-Termin. Ich habe eine ganz volle Woche, viele, viele Termine. Und ich habe gar nicht die Zeit stumpfe, langweilige, irrelevante Dinge zu tun. Jeder Beruf hat spannende und weniger spannende Anteile, aber gerade über die Intensität, die im Amt steckt, über den großen Zeitaufwand geht man von Termin zu Termin, auf die sich jeweils viele Leute gut vorbereitet haben. Über eine breite Themenpalette macht man ganz hochwertige Sachen jeden Tag. Man dreht sich dreimal um und es ist abends, und man fragt sich, wo der Tag geblieben ist, aber es war alles toll, was man unterwegs erleben durfte.