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Memmingen: Biotoppflege im Fokus

Informationsfahrt zur Dickenreiser Allee und ins Tal der Buxach

Bei einer Exkursion für die zuständigen Stadträte und Mitarbeitenden des Umweltamts führten Amtsleiter Michael Koch und Gärtnermeister Rainer Graßl vom Amt für Stadtgrün und Friedhöfe, die Teilnehmenden an verschiedenen Orte im Stadtgebiet, um speziell die Biotope und extensiv bewirtschafteten Flächen kennenzulernen.

Erster Stopp war die Dickenreiser Allee. Die 320 Sommer- und Winterlinden wurden 1890 vom Memminger Verschönerungsverein gepflanzt. Sie säumen den Spazierweg nach Dickenreishausen, eine Strecke, die wohl schon zur Römerzeit genutzt wurde. Die komplette Allee wurde bereits 1990 unter Schutz gestellt und als Naturdenkmal eingetragen. Schon sehr viel früher wurde besonderes Augenmerk auf diese alte Allee gelegt und es wird versucht auch geschädigte Bäume so gut wie möglich zu erhalten. In den Reihen gibt es auch zwei sogenannte Habitatbäume, die gestutzten Stämme kaputter Linden, die trotzdem stehen bleiben, um Nahrung und Unterschlupf für Insekten und andere kleine Tiere zu bieten. „Nicht nur diese beiden Bäume, sondern auch die Asthöhlen und Gabeln der ganzen Allee sind ideal für Vögel, Fledermäuse und Haselmäuse“, erläutert Rainer Graßl. „Forschungen haben ergeben, dass eine alte Linde Unterschlupf für bis zu 500 verschiedene Insektenarten gibt. Bei einer alten Platane sind es lediglich bis zu zehn verschiedene Arten“, führt er weiter aus.

Der Sommersturm Ronson hat auch die Linden zum Teil schwer getroffen, vor allem in der Nähe des Galgenberges hat er viele Äste abgebrochen und partiell Lücken in die Kronen gerissen. Einige Bäume werden sich davon vielleicht nicht mehr erholen. Graßl wies darauf hin, dass Nachpflanzungen in solch alten Alleen schwierig zu bewerkstelligen sind. Schon die Wuchsform der Linden aus heutigen Baumschulen sei gänzlich anders als die der bestehenden Bäume, zusätzlich verändern die Lücken die Windströmung und verursachten so Probleme. Trotzdem werde dies natürlich in den nächsten Jahren immer öfter anstehen. Sein Wunsch wäre auch ein kompletter Rückbau der Asphaltdecke auf dem Weg, um den Wurzeln der Bäume wieder mehr Wasser und Bodenluft zukommen zu lassen.

Um die Pflege aller städtischen Bäume zu vereinfachen und die Verkehrssicherheit zu gewähren, wurde in den vergangenen beiden Jahren das Baumkataster erstellt, in dem die gesamten 14.000 Einzelbäume im Stadtgebiet digital erfasst wurden. „Auch die Pflege der Linden hier in der Allee wird dann in Echtzeit eingestellt und abrufbar“, erzählt Graßl.
Die nächste Station war nördlich von Dickenreishausen am Tal der Buxach. Hier besitzt die Stadt viele Flächen an den Ufern des Baches, um einerseits Überschwemmungsflächen vorzuhalten, andererseits mit extensiv bewirtschafteten Flächen die Insekten und Tiere zu schützen. Hier kommt zum Beispiel der Bläuling vor, ein seltener Schmetterling, der von der späten Mahd der Flächen profitiert. Zusätzlich wird die Buxach nach und nach wieder naturnah umgebaut. Die geraden Ränder werden mit Ausbuchtungen erweitert um die Fließgeschwindigkeit zu senken und dem Bach mehr Raum zu geben. Zusätzlich werden hier und südlich des Stadtteils an den Hangkanten Gehölzinseln gepflanzt um den Nährstoffeintrag ins Gewässer zu reduzieren und noch mehr Artenvielfalt zu fördern.

Südlich von Dickenreishausen zeigte der Gärtnermeister eine Aufläche, bei der die Wiedervernässung ohne die Mitarbeitenden funktioniert, hier hat der Biber und seine Familie ganze Arbeit geleistet. Die Tiere haben nicht nur zahlreiche Bäume angenagt oder gefällt, sondern auch terrassenweise Wasserflächen angestaut. Langfristig sollen die Flächen der Stadt zu einem Biotopverbund entlang der Buxachauen führen.

Bei einem weiteren Stopp westlich von Volkratshofen weist Rainer Graßl auf einen nach Süden gerichteten Hang, der zwischen großflächigen Äckern liegt. „Ein Beispiel dafür, dass neben der konventionellen Landwirtschaft die Flächen für Artenvielfalt nur in begrenztem Maße verfügbar sind. Während der Aufwand bei der Pflege jedoch sehr viel größer ist.“ Denn oftmals sind die Flächen schlechter zugänglich oder geneigt. Zusätzlich müssen Balkenmäher eingesetzt werden, die weniger einfach zu handhaben sind und mehr Arbeitskräfte benötigen.

Derzeit wird für die Ausgleichsflächen und extensiv bewirtschafteten Bereiche ein neuer Biotoppflegeplan erstellt. Dieser soll die notwendigen Arbeiten rund um die Flächen besser erfassen, damit alles einfacher aufeinander abgestimmt werden kann. Mittlerweile sind es ganze 100 Hektar die die städtischen Mitarbeitenden pflegen. Ein Wandel der auch im Gartenamt deutlich sichtbar ist, man könnte fast sagen: „von der Blümchentruppe zur Naturschutzgruppe“.

Bild: Manuela Frieß – Pressestelle der Stadt Memmingen