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Landsberg am Lech: Bronzezeitliche Burg oder Siedlung wurde Opfer eines offenbar heftigen Feuers

Bildunterschirft: Eine bronzezeitliche Burg oder Siedlung wurde Opfer eines offenbar heftigen Feuers und von den Überlebenden nicht wiederaufgebaut. Das Feuer war offenbar so stark, dass sich die Erde rot färbte. Bild: Phoinix Archäologie

Im Zeitraum von August 2023 bis Juni 2024 führten Archäologen auf dem Schlossberg
Bodenuntersuchungen durch, um die archäologische Situation auf dem Schlossberg besser einschätzen
zu können. Dazu wurden Bodenschnitte in drei Bereichen gesetzt: nördlich des Schulgebäudes im Bereich
des geplanten Neubaus, unter dem Keller des Altbaus sowie unter der Bodenplatte des Flachdach-
Anbaus, der im Vorjahr abgerissen worden war. Die Ergebnisse stellten Ines Gerhardt vom Büro Phoinix
Archäologie sowie Bodendenkmalpfleger Dr. Jochen Haberstroh vom Bayerischen Landesamt für
Denkmalpflege am Mittwoch Abend in einer öffentlichen Sitzung des Landsberger Stadtrats vor.
Die wichtigste Erkenntnis lautet: Aus den aktuellen Ergebnissen resultieren aus Sicht der
Bodendenkmalpflege keine neuen Gesichtspunkte im Hinblick auf die Planung und Umsetzung der
Grundschule am Schlossberg. Das heißt, die bestehende Planung wird nicht beeinträchtigt.
Ergebnisse im Bereich des abgebrochenen Flachdach-Anbaus (Süden)
Eine Überraschung erlebten die Archäologen Ines Gerhardt zufolge im Bereich des abgebrochenen
Flachdach-Anbaus. Zwischen den Streifenfundamenten des Anbaus im westlichen Bereich des
Abbruchfeldes sind archäologische Befunde erhalten. Zu diesen zählt etwa eine spätrömische
Kulturschicht aus der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts n. Chr. mit Scherben, Münzen und kleinteilig
zerschnittenen Bronzegegenständen, die wohl zum Einschmelzen gedacht waren.
Im mittleren und östlichen Bereich des abgebrochenen Anbaus knüpften die aktuellen
Bodenuntersuchungen an Ergebnisse früherer archäologischer Untersuchungen aus der Bauzeit des
Anbaus 1968/69 an. Offenbar befanden sich an dieser Stelle eine befestigte Siedlung oder eine Burg, die
auf 1400 v. Chr. Datiert wird, also auf den Übergang der Frühen zur Mittleren Bronzezeit. Jene Zeit ist
dafür bekannt, dass einige Höhensiedlungen entlang von Flüssen in Flammen aufgingen und zerstört
wurden. Die Siedlung oder Burg auf dem heutigen Schlossberg bestand aus einem aufgeschütteten Wall
mit einer Mauer aus Steinen und vorgelagerten Palisaden aus Holz und Erde. Den Untersuchungen
zufolge stürzte die Mauer damals ein, darunter finden sich in einer Holzkohleschicht viele im Feuer
verglühte Gefäße sowie verbrannte hölzerne Einbauten in den Palisadengräben vor der Mauer. Das Feuer
war damals offenbar so stark, dass sich die Erde vollständig rot verfärbte. Die Archäologen vermuten,
dass die Zerstörungen groß und die Umstände insgesamt sehr unsicher gewesen seien, sodass die
Überlebenden den Ort verließen und nicht zurückkehrten. Auch die Einheitlichkeit der gefundenen
Keramik spricht laut Ines Gerhardt dafür, dass die bronzezeitliche Anlage nicht lange bestanden habe.
Ergebnisse im Bereich des geplanten Neubaus (Norden)
Nördlich des bestehenden Schulgebäudes, also im Bereich des geplanten Neubaus, legten die
Archäologen im Westen, Norden und Osten drei Suchschnitte an. Die bis 2,10 Meter tiefen Schnitte
sollten Aufschluss darüber geben, wie viel Substanz möglicherweise zu erwarten ist. Ergebnis: Obere
Schichten wie Humus und Auffüllschichten aus dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts können unter
Aufsicht eines Archäologen mit dem Bagger abgetragen werden. Dieses Vorgehen ist mit dem Landesamt
für Denkmalpflege abgesprochen. Darunter befindet sich eine gut abgrenzbare, dunkle Schicht. Ab dieser
Schicht sollte der Boden bis zur gewünschten Zieltiefe von Hand abgetragen werden, empfehlen die
Archäologen.
Ergebnisse im Bereich des Altbaus
Da die Lüftungsanlage für den Neubau ursprünglich im nördlichsten Kellerraum des bestehenden
Schulgebäudes untergebracht werden sollte, legten die Archäologen auch hier drei Suchschnitte an. Die
Funde liegen zum Teil direkt unter der Bodenplatte des Kellers wie etwa eine mindestens 1 Meter starke
von West nach Ost laufende Mauer, an die sich eine weitere 1,30 Meter breite Mauer rechtwinklig
anschließt und sich nach Norden fortsetzt. Das Mauerfundament aus Gussmörtelmauerwerk ist noch 35
cm tief erhalten. Beide Mauern wurden gleichzeitig errichtet und gehören möglicherweise zum Tor des
inneren Burghofes als Teil der mittelalterlichen Burg. In der Schicht neben und unter diesen Mauern
fanden die Archäologen Keramik sowie das Bruchstück eines Kammes aus dem Frühen oder Hohen
Mittelalter, also aus der Zeit vor oder während der Errichtung der großen, bekannten Burganlage.
Ein weiterer Suchschnitt zeigte ebenfalls archäologische Befunde direkt unter der Bodenplatte. In diesem
Fall waren es Pfostengruben der Bronze- oder Urnenfelderzeit (ca. 1400 bis 800 v. Chr.) unter einer
gleichzeitigen Kulturschicht.
An der Sohle des dritten Suchschnitts im Keller, an der äußeren nordwestlichen Kellerwand, kam der
natürliche Fels einer Höhe von 620 Meter. Die durchgeführten Untersuchungen geben Hinweise, dass der
anstehende Fels unregelmäßig und in unterschiedlicher Höhe verläuft.
Dr. Jochen Haberstroh vom Landesamt für Denkmalpflege wertete die Ergebnisse der
Bodenuntersuchungen auf dem Schlossberg als archäologisch sehr spannend. Nach aktuellem
Kenntnisstand rechnet er im Norden des bestehenden Schulgebäudes mit rund 1,50 bis 2 Meter starken
Schichten, in denen archäologische Funde erwartbar sind. Mit Blick auf die nächsten Schritte verwies er
im Rahmen der Stadtratssitzung auf die notwendige Konkretisierung der Planungen für die
Schlossbergschule, um den noch erforderlichen archäologischen Aufwand besser abschätzen zu können.