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Landkreis Aichach-Friedberg: Wehende Fahnen vor dem Kissinger Rathaus: die Lechfeldschlacht im Grün vor der Fassade

Auch aus Anlass des Ulrichsjubiläums ist eine neue Station des „Geschichtspfads“ entstanden

Teils für Irritationen, teils für Fragen, in jedem Fall aber für viele neugierige Blicke hatte in den vergangenen Tagen ein merkwürdig wirkendes Gebilde im Grün vor dem Kissinger Rathaus gesorgt. Zu sehen waren dort flächige und bis vor Kurzem noch monochrome Silhouetten. Über einer Menschengruppe wehte augenscheinlich ein Banner. Auf den ersten Blick hatte die Szenerie an das Logo einer Brauerei im westlichen Landkreis Augsburg erinnert: Doch das war es nicht, was in Kissing entstanden ist. Jetzt ist das Rätsel nämlich gelöst, die grauen Silhouetten sind mittlerweile farbig foliert, und der Sinn und Zweck des Aufbaus in der kleinen Grünanlage vor der Rathausfassade wird klar: Hier ist die jüngste Station eines großteils virtuellen touristischen „Geschichtspfads“ entstanden. Dieses Tourismusprojekt erinnert auch im Landkreis Aichach-Friedberg an die Schlacht auf dem Lechfeld im Jahr 955 und bindet nun auch die Gemeinde Kissing in das innovative Gesamtkonzept ein.
Schon bisher war dem historischen Ereignis ein kunstvolles, zehn Meter langes Fresko im Foyer des Kissinger Rathauses gewidmet. Dort findet man den 993 heiliggesprochenen Augsburger Bischof Ulrich hoch zu Ross am Ufer des stilisiert dahinfließenden Lechs. Am anderen Lechufer sind einige jener ungarischen Reiter zu erkennen, die Schwaben und Altbaiern jahrzehntelang unsicher machten. Ein Chronist beschrieb die grauenvolle Verwüstung des Landes an der Donau, an der Iller und am Lech. Erst im August 955 konnte die Bischofsstadt Augsburg die Angreifer so lange abwehren, bis die Magyaren in der legendären Schlacht auf dem Lechfeld geschlagen wurden. Es war ein Ereignis mit Auswirkungen auf weite Teile – und auf die Geschichte – Zentraleuropas. Die Ungarn wurden nach ihrer Niederlage sesshaft und bald christianisiert. Die Dankbarkeit der leidgeplagten Menschen zwischen Mittelfranken und Tirol für Bischof Ulrich, den Verteidiger Augsburgs, schlägt sich bis heute in Dutzenden Ulrichskirchen und in schier zahllosen Darstellungen St. Ulrichs und der Lechfeldschlacht nieder.
An die Augusttage von 955 erinnerte schon seit 1964 auch ein Fresko von Prof. Georg Wirnharter im Kissinger Rathaus. Das Problem bisher: Außerhalb der Geschäftszeiten der Kommune, an Wochenenden und Feiertagen ist dieses Kunstwerk weder der Bevölkerung im Landkreis noch Touristen im „Wittelsbacher Land“ zugänglich. Ein Projekt im Rahmen des „Geschichtspfads“, getragen von den Projektpartnern Landkreis Aichach-Friedberg, Stadt und Landkreis Augsburg, Regio Augsburg Tourismus GmbH, EVA e.V. sowie von der Gemeinde Todtenweis und der Stadt Königsbrunn, will das Kissinger Denkmal künftig mittels der neuen Figurengruppe und einer Infotafel vor der Fassade auch bei verschlossenen Rathaustüren erlebbar machen. Unmittelbarer Anlass für die Aktion ist das     Ulrichsjubiläum 2023/24. Langfristig gesehen ist dieses Projekt aber auch in das Gesamtkonzept des „Geschichtspfads“ eingebunden. Dafür entsteht aktuell zum Beispiel auch eine weitere Station in Todtenweis. Im Mittelpunkt des „Geschichtspfads“ steht das Infozentrum in Königsbrunn.
„Mit Schlachtenverherrlichung hat dieses Projekt nichts zu tun“, unterstreicht Tourismusdirektor Götz Beck von der Regio Augsburg Tourismus GmbH, der den „Geschichtspfad“ maßgeblich initiiert und vorangetrieben hat. Die Schlacht auf dem Lechfeld sei freilich ein europaweit bekannter Topos der deutschen Geschichte, der unauflöslich mit der Region verbunden sei und wegen der hohen historischen Relevanz auch für den Kulturtourismus große Bedeutung habe. Das gelte noch mehr in Verbindung mit dem Jubiläumsjahr, das im Bistum Augsburg umfassend gefeiert – und auch beworben – wird.
Kissings Erster Bürgermeister Reinhard Gürtner betont, dass die Installation vor dem Rathaus absehbar auch zur touristischen Aufwertung der Kommune führen werde. Die offizielle Einweihung der Figurengruppe findet – so Gürtner – etwas später statt, voraussichtlich nach der Sommerpause. Eine Infotafel zur neuen Installation vor dem Rathaus, die das Geschehen von 955 erläutert, wird in wenigen Tagen aufgestellt werden. Hintergrundinformationen zur Kissinger Figurengruppe und zum „Geschichtspfad“ findet man zudem auf der Webseite des „Wittelsbacher Lands“ (www.wittelsbacherland-verein.de/projekt-ansehen/lechfeldschlacht-geschichtspfad-station-kissing.html). Zum Konzept des „Geschichtspfads“ und seinen Stationen in der Region informiert zudem eine weitere Website (www.955schlachtaufdemlechfeld.de).
Auch eine neue Broschüre der Regio Augsburg Tourismus GmbH informiert zum Jubiläumsjahr St. Ulrichs sowie zu den Denkmälern in der und um die Bischofsstadt Augsburg. Der Prospekt ist bei der Tourist-Info der Regio am Augsburger Rathausplatz und an zahlreichen Verteilstellen kostenlos erhältlich. Im Internet steht die Broschüre zum Download bereit: https://www.augsburgtourismus.de/files/augsburgtourismus/media/infomaterial/pdf/2023/regio_ulrich_2023_NEUE_WEB_VERSION.pdf
Bild: Ullrich Styra