Start Nachrichten Augsburg: Gastroenterologie an der Uniklinik ist in der World Champions League

Augsburg: Gastroenterologie an der Uniklinik ist in der World Champions League

Mit 16.000 Eingriffen pro Jahr verfügt die III. Medizinische Klinik nicht nur über das größte Endoskopiezentrum in Deutschland. Jetzt wurde sie auch in einem Gesundheitsranking des US-amerikanischen Magazins Newsweek unter die 100 weltbesten Spezial-Kliniken gewählt. Damit liegt Augsburg vor Tokio, Amsterdam, London.

Von Ines Lehmann | Bis vor kurzem war Benno Rieger nach Einschätzung seines Hausarztes auf dem besten Wege, bald einen Schlaganfall zu erleiden, wenn er so weitermacht wie bisher: viel Arbeit, wenig Bewegung, Nikotin und Alkohol und gutes Essen. Rieger, 57 und Unternehmer eines kleineren Möbelimperiums in Baden-Württemberg und Thüringen, stellte sein Leben von heute auf morgen auf den Kopf, nahm 20 Kilogramm ab, trank keinen Alkohol mehr, trieb wieder regelmäßig Sport. Nach einem Routinecheck mit Magenspiegelung sollte er außerdem seine Speiseröhre untersuchen lassen. ‚Brauch ich doch nicht‘, dachte sich Rieger, ‚ich lebe doch jetzt so gesund.‘ Aber sein Hausarzt bestand darauf und hat ihm mit seiner Hartnäckigkeit wohl das Leben gerettet. Denn die Diagnose lautete: Speiseröhrenkrebs. Das Karzinom befand sich in einem noch frühen Stadium und konnte von Prof. Messmann und seinem Team endoskopisch vollständig entfernt werden.

Sein Hausarzt habe ihm geraten, für die Behandlung nach Augsburg zu fahren. „Geh in die Uniklinik, die Gastroenterologen dort sind die Besten.“ Und das hat das Team um Prof. Dr. Helmut Messmann von der III. Medizinischen Klinik, die er als Direktor leitet, nun schriftlich. Denn ein weltweites Ranking der wöchentlich erscheinenden US-amerikanischen Zeitschrift Newsweek listet die Gastroenterologie des Universitätsklinikums Augsburg (UKA) von 100 „World’s Best Spezialized Hospitals 2023“ auf Platz 37 – eine sehr exklusive Ehrung. Das Ranking der wöchentlich erscheinenden Newsweek wird von der berühmten Mayo Clinic in den USA angeführt. Die III. Medizinische Klinik liegt dabei vor renommierten Kliniken wie dem University College London/England, wo Messmann selbst noch „Visiting Professor“ ist, dem UMC Amsterdam/Niederlande, dem Karolinska Hospital/Schweden, dem University Hospital of Tokio/Japan und anderen namhaften Zentren. Ähnlich wie das deutsche Magazin Focus, das in Kooperation mit einem Münchner Statistikunternehmen jährliche Listen mit den deutschlandweit besten Kliniken und Ärztinnen und Ärzten erstellt, arbeitet Newsweek mit einem globalen Forschungsunternehmen – Statiste – zusammen, um die besten Kliniken weltweit zu bewerten. Dabei wurden nur Krankenhäuser mit den Fachrichtungen Kardiologie, Herzchirurgie, Onkologie, Endokrinologie, Neurochirurgie, Orthopädie, Gastroenterologie, Pulmologie, Kinderheilkunde und Urologie in das Ranking aufgenommen.

Augsburg ist mit 16.000 gastroenterologischen Eingriffen nicht nur deutschlandweit Spitzenreiter. Ein Register für Tumoren des Magen-Darm-Traktes mit über 20 Zentren bundesweit kam zu dem Schluss, dass mehr als 50 Prozent der endoskopischen Operationen allein in Augsburg durchgeführt wurden. „Jeder Eingriff mehr erweitert natürlich auch unseren Erfahrungshorizont“, erklärt Messmann die beeindruckenden Zahlen. „Durch den hohen Grad an Spezialisierung können wir uns in Diagnostik und Therapie ständig weiter verbessern. Klar macht uns das auch ein bisschen stolz, aber im Endeffekt geht es einzig und allein um die Gesundheit unserer Patienten.“ Und die sind in der III. Medizinischen Klinik so heterogen wie vielleicht in keiner anderen Disziplin. „Gastrointestinale Tumoren fragen nicht nach Alter, Geschlecht oder Herkunft. Das kann wirklich jeden treffen“, erklärt Messmann. Seine Patienten sind sowohl männlich als auch weiblich, etwa 30 Jahre und älter und kommen aus ganz Deutschland. „Erst letzte Woche habe ich eine 38-jährige Patientin mit Magenkrebs erfolgreich behandelt“, sagt Messmann. „Ja, sowas macht mich glücklich“, fügt er hinzu.

Ein weiteres Feld, in dem die III. Medizinische Klinik Spitzenreiter ist, ist die Behandlung von Schluckstörungen, hervorgerufen durch eine unzureichende Erschlaffung des Speiseröhrenschließmuskels. Achalasie ist der Fachbegriff dafür. „Nach Hamburg-Eppendorf sind wir die zweitgrößte Klinik, die die Achalasie therapieren können“, so Messmann. Auch von diesem Krankheitsbild können Patienten jedweden Alters betroffen sein, auch Kinder. „Wir hatten hier schon einen US-Soldaten aus Kaiserslautern mit einer Achalasie.“ Dessen Arzt der US Army habe in den Folgejahren immer wieder Patienten mit dieser Erkrankung nach Augsburg geschickt, auch einen ranghohen US-Offizier aus Rammstein. Die III. Medizinische Klinik bietet eine Achalasie-Spezialsprechstunde an und ist damit im gesamten Raum Süddeutschland die einzige. „Eine Achalasie zu diagnostizieren, ist nicht ganz einfach“, so Messmann. In Augsburg habe man aber bestimmte Methoden und sei technisch bestens ausgestattet. Er könne sich an einen jungen Mann, 30 Jahre alt, erinnern, der erst nach langem Leidensweg in Augsburg behandelt werden konnte. „Die Achalasie war viele Jahre nicht erkannt worden, und er war zwischendurch in psychiatrischer Behandlung. Erst durch einen Eingriff am Endoskopiezentrum am UKA konnte ihm geholfen werden.“

Überhaupt ist es wohl die Internationalität, die Messmann und seinem Team nun die tolle Auszeichnung der Newsweek eingebracht hat. Gastrointestinale Tumoren sind halt kein Schnupfen. Gerade Speiseröhrenkrebs ist tückisch, da ihn der Patient meist erst spürt, wenn es schon zu spät ist. Auch hier haben Messmann und seine Klinik schon von sich reden gemacht. Denn Speiseröhren schaut der Experte mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) an. In Kooperation mit der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH), die eine spezielle Software dazu entwickelt hat, hat Messmann den Computer mit tausenden Bildern von Speiseröhren gefüttert. Von der minimalsten Gewebeveränderung bis zum fortgeschrittenen Tumor war alles dabei. Die KI wertet die Bilder aus und erkennt Speiseröhrenkrebs, wenn er quasi noch „unsichtbar“ ist. „Je früher man einen Tumor der Speiseröhre behandelt, desto besser sind die Überlebenschancen“, sagt der Gastroenterologe. Seine Expertise auf dem Gebiet der gastrointestinalen Tumoren hat sich nicht nur in Deutschland rumgesprochen. Die Zweitmeinung von Professor Messmann ist nicht nur national gefragt. Auch international bekommt er viele Anfragen, so auch von der Botschaft von Saudi-Arabien in Berlin, die u.a. auch mit der Charité kooperiert. „Natürlich fühlt man sich geschmeichelt, wenn man international so beachtet wird, aber als Direktor der größten gastroenterlogischen Abteilung unter den sechs bayerischen Unikliniken ist man primär für die Krankenversorgung in Bayern verantwortlich“, so der gebürtige Oberpfälzer, der auch weiterhin Patienten aus ganz Deutschland bei speziellen Erkrankungen versorgen möchte.