Bei einem Erfahrungsaustausch im Oktober zwischen dem Landkreis Augsburg und LEW Wasserkraft GmbH wurde erneut deutlich, wie wichtig vorausschauende Maßnahmen im Hochwasserschutz sind. Angesichts des Jahrhunderthochwassers im Juni in Bayerisch-Schwaben wurde im Rahmen des Treffens intensiv über Risiken, Krisenmanagement und geplante Hochwasserübungen diskutiert. Bereits in 2018 und 2022 gab es gemeinsame Übungen zu Dammbrüchen in Schwabmünchen und Ellgau. Beide Seiten betonten die Bedeutung gemeinsamer Krisenübungen und innovativer Lösungen, um für künftige Hochwasserereignisse bestmöglich vorbereitet zu sein. „Der Klimawandel erhöht die Wahrscheinlichkeit von Starkregen und Hochwasser – das hat uns das vergangene Jahr sehr deutlich vor Augen geführt,“ betont Landrat Martin Sailer. „Unser Ziel ist es, durch vorausschauende Planung, rechtzeitige Schulungen und regelmäßige Übungen in Krisensituationen schnell und entschlossen handeln zu können.“
Erfahrungsaustausch zeigt Erfolge und Potenziale der Zusammenarbeit
Der Austausch zwischen Landratsamt und LEW Wasserkraft drehte sich insbesondere um das Krisenmanagement und um Erfahrungen aus der Zusammenarbeit während des Hochwassers im Juni. „Es hat sich gezeigt, dass durch die frühzeitige Einbindung und Abstimmung aller Akteure – von den Krisenstäben über die Örtlichen Einsatzleitung bis hin zur Führungsgruppe Katastrophenschutz – der Hochwasserverlauf wirksam überwacht und koordiniert werden konnte,“ erklärte Ralf Klocke, Stauanlagenverantwortlicher der LEW Wasserkraft GmbH. Gerade bei überregionalen Ereignissen mit mehreren betroffenen Landkreisen, habe sich die Möglichkeit, Fachberater virtuell an Lagebesprechungen von Führungsgruppen zum Katastrophenschutz teilnehmen zu lassen, als sehr effektiv und sinnvoll erwiesen. „Dies erlaubt uns, auch bei weiträumigen Ereignissen schnell und effektiv aufeinander abgestimmte Entscheidungen zu treffen,“ so Klocke weiter. Ein Fazit des Treffens war die Notwendigkeit, ungewöhnliche Szenarien frühzeitig durchzuspielen und innovative Ansätze wie die flächendeckende Einführung von Notüberlaufräumen zu diskutieren. „Wir müssen das ‚Unmögliche‘ denken, um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein,“ macht Landrat Sailer deutlich. „So können wir langfristig Vertrauen schaffen und die Sicherheit im Landkreis Augsburg weiter stärken.“
Vorausschauender Hochwasserschutz und digitale Frühwarnsysteme
Weitere wichtige Themen des Erfahrungsaustauschs waren die Bedeutung von Frühwarnsystemen und vorausschauender Schutzmaßnahmen. Bereits seit Mitte 2023 läuft ein Pilotbetrieb des Inno.Live-Systems auf Basis der LoRaWAN-Technologie an den Flussläufen von Wertach, Günz und unterem Lech. Dieses System übermittelt in Echtzeit Pegelstände und ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung der Wasserspiegellagen an Wehranlagen, Brücken, Dämmen und Deichen. LEW Wasserkraft schlug vor, dieses System auch an kleineren Gewässern anzuwenden, um ein Hochwasser-Frühwarnsystem für die Kommunen und Einsatzkräfte zur Verfügung zu stellen. In einem Pilotprojekt sollen die gemessenen Pegelstände der seitlichen Zuflüsse der Günz an Hochwasservorhersagezentrale der Wasserwirtsverwaltung weitergeleitet werden. Ein vergleichbares Pilotprojekt soll an den Flüssen Schmutter oder Zusam wertvolle Erkenntnisse für den Betrieb und den Unterhalt sammeln. Daraus abgeleitet werden soll ein umfassendes Konzept, das im gesamten Landkreis Augsburg angewendet werden könnte. „Durch die präzise Überwachung der Pegelstände in Echtzeit können wir Wasserstände rund um die Uhr genau verfolgen. Bei Hochwasserereignissen haben wir so die Situation an den Flüssen stets im Blick,“ erläutert Ralf Klocke. „Das System hat sich bereits bewährt und ermöglicht eine verlässliche Überwachung auch in kritischen Situationen.“
Geplante Hochwasserübungen stärken Einsatzfähigkeit
Um die Zusammenarbeit weiter zu verbessern, sind für die kommenden Jahre umfassende Hochwasserkrisenübungen geplant. Überlegt wird unter anderem, dass der Landkreis Augsburg in der zweiten Jahreshälfte 2025 gemeinsam mit den Landkreisen Aichach-Friedberg und Donau-Ries sowie unter Umständen flussanliegenden Kommunen eine groß angelegte Krisen-Kommunikationsübung am unteren Lech und am Lechkanal durchführt. Dabei soll das Szenario eines extremen Hochwasserabflusses simuliert werden, bei dem durch Pendelbewegungen des Lechs große Uferbereiche weggerissen werden und dadurch kritische Infrastrukturen (Lechkanal und Masten der 110 kV Leitung) zerstört werden. 2026 soll zudem eine landkreisübergreifende Hochwasserkrisenübung folgen, um das Potenzial an Notüberlaufräumen an der Wertach von Marktoberdorf bis Augsburg bei zukünftigen Hochwasserkatastrophen nutzen zu können. „Diese Übungen sind die Grundlage, um das zu trainieren, was in unseren Notfallplänen festgelegt ist,“ so Landrat Sailer. „Sie stärken nicht nur die Einsatzfähigkeit, sondern auch das Vertrauen und die Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten, um den bestmöglichen Schutz für die Bevölkerung sicherzustellen.“