(dpa/lby) – Nach dem Gewaltverbrechen an zwei US-amerikanischen Touristinnen bei Schloss Neuschwanstein hat die Staatsanwaltschaft für den Angeklagten am Montag eine lebenslange Haftstrafe wegen Mordes und Mordversuchs gefordert. Einige Stunden nach dem Angriff im vergangenen Sommer war eine 21-Jährige im Krankenhaus gestorben, ihre ein Jahr ältere Begleiterin wurde bei der Attacke erheblich verletzt.
Das Landgericht Kempten will das Urteil gegen den geständigen 31-Jährigen am kommenden Montag verkünden. Auch die Verteidiger bewerten die Gewalttat an der jüngeren Frau als Mord.
Der ebenfalls aus den USA stammende Urlauber hatte die beiden Frauen am 14. Juni 2023 bei einer Wanderung in der Nähe der Marienbrücke in Schwangau kennengelernt und laut Anklage schon nach wenigen Minuten aus sexuellen Gründen brutal überfallen. Die Brücke ist ein beliebter Treffpunkt von Urlaubern aus aller Welt, weil man von dort einen besonders guten Blick auf das Märchenschloss des bayerischen Königs Ludwig II. hat.
Der US-Amerikaner soll laut Anklage die 21 Jahre alte Frau auf einem abgelegenen Weg stranguliert und vergewaltigt haben, zudem soll er beide Opfer einen etwa 50 Meter tiefen Abhang hinuntergestoßen haben. Die damals 22-jährige Frau wollte ihrer attackierten Freundin zur Hilfe kommen, weswegen der Mann sie in die Schlucht warf.
Ankläger sieht «Menschenleben verachtende Gesinnung»
Der Staatsanwalt bewertete dies als einen versuchten Mord. Die Verteidiger hingegen erklärten, dass der Hang nicht so gefährlich gewesen sei. Sie sahen keinen Mordversuch und plädierten im Fall der zweiten Frau nur für eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung.
Der Staatsanwalt verlangte auch, dass die Strafkammer im Urteil die besondere Schwere der Schuld feststellen soll. Dadurch könnte die Gefängnisstrafe dann voraussichtlich nicht bereits nach 15 Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden.
Er forderte zudem den Vorbehalt einer Sicherungsverwahrung des Mannes. In dem Fall könnten Richter später noch eine Verwahrung nach der Haft anordnen, wenn der Beschuldigte weiter für gefährlich gehalten wird. Der Ankläger sprach von einer «Menschenleben verachtenden Gesinnung» bei dem US-Amerikaner. Seine Anwälte sehen hingegen weder eine besondere Schuldschwere noch Gründe für eine vorbehaltliche Anordnung einer Sicherungsverwahrung.
Überlebendes Opfer appelliert an die Richter
Bei den Plädoyers waren auch erstmals die Eltern der getöteten Frau im Gerichtssaal. Dort verfolgten sie die Verlesung eines Briefs der Überlebenden. Die Frau berichtete von extremer Angst, die sie bis heute vor Angriffen ihrer männlichen Mitmenschen und dem Angeklagten habe. «Ich fühle mich, als ob ich am Abhang unten gestorben bin», schrieb sie. Die Richter sollten dafür sorgen, dass der 31-Jährige solch eine Tat nicht erneut begehen kann.
Zu Beginn des Prozesses hatte der 31-Jährige einen seiner Anwälte eine Erklärung vortragen lassen, in der er weite Teile der Vorwürfe einräumte. Selbst wollte sich der Mann aber nicht zu den Vorwürfen äußern. Den Prozess verfolgte er fast durchgängig regungslos auf der Anklagebank, wo er meist mit gesenktem Kopf saß. Sein letztes Wort nutzte er für eine persönliche Aussage: Er sei sehr traurig darüber, was mit den Opfern passiert sei.