Dringend gebraucht: Immer mehr Seniorenwohnungen – ohne Treppenstufen, dafür mit bodengleicher Dusche und genügend Platz für das Rangieren mit Rollator und Rollstuhl.
Bild: IG BAU | Tobias Seifert
Warnung vor „grauer Wohnungsnot“: Landkreis Augsburg braucht in 20 Jahren 11.500 Seniorenwohnungen
„Graue Wohnungsnot“ droht: In zwanzig Jahren werden im Landkreis Augsburg rund 71.500 Menschen zur Altersgruppe „67plus“ gehören – gut 21.300 mehr als heute. Darauf hat die Industriegewerkschaft Bauen–Agrar–Umwelt (IG BAU) hingewiesen und befürchtet durch die kommende Rentnergeneration der Baby–Boomer einen zunehmenden Mangel an
altersgerechten Wohnungen. Die Gewerkschaft beruft sich dabei auf neueste Zahlen, die
das Pestel–Institut bundesweit für Städte und Kreise ermittelt hat. Die Wissenschaftler
haben die Bevölkerungsentwicklung im Rahmen einer Studie zur künftigen Wohnsituation
von Senioren für den Bundesverband des Deutschen Baustofffachhandels (BDB) untersucht.
„In den kommenden Jahren werden im Landkreis Augsburg immer mehr ältere Menschen
eine barrierearme Wohnung brauchen – ohne Treppenstufen, dafür mit bodengleicher
Dusche und genügend Platz für das Rangieren mit Rollator und Rollstuhl“, so Michael
Jäger. Die Zahlen müssten den Wohnungsbaupolitikern schon jetzt Kopfzerbrechen
bereiten: Nach Angaben des Pestel–Instituts benötigen bereits heute mehr als
8.600 Haushalte im Landkreis Augsburg eine Seniorenwohnung, weil in ihnen Menschen im Rentenalter leben, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind.
In zwanzig Jahren werden im Landkreis Augsburg nach Berechnungen der Wissenschaftler
über 11.500 Wohnungen gebraucht, in denen Menschen mit einem Rollator oder Rollstuhl
klarkommen. „Damit herrscht auch jetzt schon ein massiver Mangel an
Seniorenwohnungen. Und demnächst gehen die geburtenstarken Jahrgänge in Rente.
Dann steuern wir sehenden Auges auf eine ‚graue Wohnungsnot‘ zu“, sagt der
Bezirksvorsitzende der IG BAU Schwaben.
Neben dem Mangel an altersgerechten Wohnungen befürchtet die IG BAU auch eine
zunehmende Altersarmut durchs Wohnen. So drohten bei der Boomer-Generation künftig
zwei Dinge „fatal aufeinander zu treffen“: Erstens die Gefahr eines sinkenden
Rentenniveaus. Und zweitens steigende Kosten fürs Wohnen. Mieter seien hier genauso
betroffen wie Menschen mit Wohneigentum, wenn beim Einfamilienhaus oder bei der
Eigentumswohnung Sanierungen fällig würden.
„Wenn die Wohnkosten weiter in dem Tempo der letzten Jahre steigen, werden viele
Senioren, die damit heute längst noch nicht rechnen, ihren Konsum einschränken müssen.
Ältere Menschen werden die hohen Mietpreise oft kaum noch bezahlen können. Für viele
wird es dann finanziell richtig eng. Deshalb werden auch im Landkreis Augsburg künftig
deutlich mehr Menschen als heute auf staatliche Unterstützung angewiesen sein, um
überhaupt ein Dach über dem Kopf zu haben“, so Jäger.
Um den Wohnungsmarkt für die kommende Rentnergeneration besser vorzubereiten,
fordert die IG BAU die Schaffung von mehr preiswertem, vor allem aber auch
altersgerechtem Wohnraum. Der Bezirksvorsitzende der IG BAU Schwaben: „Deshalb
brauchen wir auch für den heimischen Wohnungsmarkt klare finanzielle Anreize.
Angesichts der drohenden ‚grauen Wohnungsnot‘ ist deutlich mehr Geld für den Neubau
von Seniorenwohnungen, aber auch für die altersgerechte Sanierung bestehender
Wohnungen erforderlich.“ Hier seien alle gefordert – Kommunen, Land und Bund.
Das Bundesbauministerium stelle in diesem Jahr einen Fördertopf von 75 Millionen Euro
über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für den altersgerechten Umbau von
Wohnungen zur Verfügung. „Das Geld wird dringend gebraucht. Aber es reicht bei Weitem
nicht. Das hat das letzte Jahr gezeigt. Da gab es exakt die gleiche Fördersumme. Und der
Topf war ruckzuck ‚leergefördert‘: Schon nach sechs Wochen war kein einziger Förder-Euro mehr da. Da muss mehr passieren“, fordert der IG BAU-Bezirksvorsitzende Michael Jäger.
Zusätzlich schlägt die IG BAU eine Selbstverpflichtung für große Wohnungskonzerne
vor. Michael Jäger: „Mit Blick auf den eklatanten Mangel an Seniorenwohnungen sollten
sich die Wohnungsunternehmen verpflichten, einen bestimmen Anteil freiwerdender
Wohnungen altersgerecht umzubauen.“ Dieser sollte bei mindestens 20 Prozent liegen.
Alexander Göbl warnt vor einer „grauen Wohnungsnot“ bei Baby–Boomer–Rentnern: Michael Jäger. Der Vorsitzende der IG BAU Schwaben befürchtet außerdem in den kommenden Jahren eine zunehmende „Wohn–Altersarmut“.
Bild: IG BAU | Alexander Göbel