Die Gesundheitsversorgung in Deutschland steht vor enormen Herausforderungen. Der Fachkräftemangel, die demografische Entwicklung und die steigenden Kosten belasten die Kliniken. Die Krankenhausreform der aktuellen Bundesregierung will Abhilfe schaffen, die Pläne verursachen deutschlandweit aber große Sorgen, vor allem in den Kliniken. Die Kreiskliniken Günzburg-Krumbach wollen beide Standorte erhalten und haben dazu eine Strategie entwickelt, um auch in der Zukunft eine verlässliche wohnortnahe Versorgung für die Bevölkerung im Landkreis Günzburg sicherzustellen.
Die Kliniken des Landkreises mit den beiden Standorten Günzburg und Krumbach sind fest in der Region verwurzelt. Doch der Betrieb von Krankenhäusern steht in ganz Deutschland unter Druck. Steigende Kosten im gesamten Betrieb, die demografische Entwicklung mit einer älter werdenden Gesellschaft, ein gerade im Gesundheitsbereich dramatischer Fachkräftemangel sowie die sich abzeichnende Krankenhausreform der Bundesregierung zwingen auch die Kreiskliniken Günzburg-Krumbach zu Veränderungen.
Robert Wieland, seit November 2022 Vorstand der Kreiskliniken Günzburg-Krumbach, hat die Rahmenbedingungen für die beiden Krankenhäuser und die gesamte Gesundheitsregion in den letzten Wochen und Monaten mit seinem Team sehr intensiv analysiert: die Entwicklung der Gesellschaft im Landkreis, die medizinischen Anforderungen, andere Einrichtungen, die eigenen Kliniken und die Details der geplanten Krankenhausreform der Bundesregierung. Letztere ist nach Meinung vieler Experten nötig, bietet aber auch Anlass für Kritik. Wieland betont: „Da, wo wir noch etwas ändern können, müssen wir zusammen mit der Politik versuchen, ein paar Weichenstellungen zu beeinflussen. Wir sind dazu in engem Schulterschluss mit unserem Landrat, unseren Abgeordneten und der Staatsregierung. Aber auf die Dinge, die schon feststehen, müssen wir uns schnellstmöglich einstellen. Es wäre falsch, den Kopf in den Sand zu stecken oder einfach abzuwarten. Wir müssen aktiv werden. Es geht schließlich um ein hohes Gut: die medizinische Versorgungssicherheit für die Menschen in unserem Landkreis.“
Ziele: Versorgungsqualität und Wirtschaftlichkeit
Die geplante Krankenhausreform der Bundesregierung soll die medizinische Versorgung bei zunehmendem Fachkräftemangel garantieren, die Qualität sichern und die Kostenexplosion eindämmen. Die konkreten Inhalte des Entwurfs der Regierungskommission bereiten Robert Wieland aber Sorge. „Da ist vieles gut gemeint, aber manches auch fragwürdig und nicht durchdacht. Wenn man die Pläne liest, gewinnt man den Eindruck, dass vielen Krankenhäusern mit Grundversorgung im ländlichen Bereich keine hoch qualitative Versorgung zugetraut wird und deshalb auch gut funktionierende und bestehende Standorte geschlossen, verlagert oder neu gebaut werden sollen. Das akzeptieren wir für unsere Kreiskliniken aber nicht“, betont Robert Wieland. „Natürlich ist uns klar, dass wir etwas ändern müssen. Die Digitalisierung verändert massiv unsere Arbeit. Wir wollen uns auf die veränderten medizinischen Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger einstellen. Und wir brauchen Ideen, um den Fachkräftemangel und den steigenden Kosten zu begegnen. Wir müssen auch in Zukunft attraktiv für Fachkräfte sein.“
Die Kliniken setzen künftig auf eine Struktur, die eine Basis- und Notfallversorgung an beiden Standorten mit unterschiedlichen Zentren in Günzburg und Krumbach kombiniert: „Das Fundament ist eine solide Basis- und Notfallversorgung an beiden Standorten. Auf dieser Grundlage können wir dann unsere Schwerpunkt- Zentren aufbauen. Diese erfüllen die zukünftigen Anforderungen an notwendige Mindestmengen, Personal- und Geräteausstattung, Weiterbildungsanforderungen etc. Die medizinische Qualität für unsere Patientinnen und Patienten im Landkreis steigt, die Versorgung bleibt stabil und verlässlich. Niemand in Günzburg und Krumbach muss auf eine Basis- und Notfallversorgung verzichten.“ Mit dem Aufbau von Schwerpunkten wollen die Kliniken aber auch für Fachkräfte attraktiv werden, die Qualitätsanforderungen erfüllen und Kosten sparen. „Derzeit bieten wir vielfach Leistungen an beiden Standorten an. Solche Doppelstrukturen binden Personal an beiden Standorten, sind sehr schwer aufrechtzuerhalten sowie teuer und erschweren eine zukunftsfähige Entwicklung“, sagt Klinik-Vorstand Wieland.
Günzburg und Krumbach setzen auf Schwerpunkte
Am Standort Günzburg stellt die Bündelung von Gastroenterologie, Viszeralchirurgie und Onkologie in einem Zentrum für Viszeralmedizin und Onkologie die Behandlung schwerwiegender Erkrankungen und die Behandlung von Tumorleiden sicher. Gynäkologie und Geburtshilfe werden in einem Zentrum für Frauen- und Kindergesundheit zusammengefasst. Gefäßchirurgie und Angiologie ergänzen sich künftig im Zentrum für Gefäßmedizin. Auch die invasive Kardiologie mit Herzkathetereingriffen wird in Günzburg zum Zentrum ausgebaut.
Am Standort Krumbach sollen Orthopädie, Unfallchirurgie und Schmerzmedizin ihr Spektrum ausbauen und in einem Zentrum für Muskuloskelettale Gesundheit bündeln. Dort wird außerdem ein Zentrum für Innere und Altersmedizin ausgestaltet, das Akutgeriatrie, geriatrische Rehabilitation, Alterstraumatologie und Geronto-Kardiologie umfasst. Ein Zentrum für Endokrine Medizin bietet die Behandlung von Erkrankungen der Schilddrüse, Nebenschilddrüsen und Nebennieren.
Zusätzlich zum geplanten Zentrum für Frauen- und Kindergesundheit an der Klinik in Günzburg wollen der Landkreis und Wieland unbedingt an der Gynäkologie und der Geburtshilfe an der Klinik in Krumbach festhalten: „Obwohl die Krankenhausreform und die steigenden Qualitätsanforderungen hier hohe Hürden für den Betrieb setzen und wir zunehmend Probleme haben, Ärzte zu finden, werden wir alles daransetzen, die Gynäkologie und Geburtshilfe in Krumbach zu halten.“
Basis- und Notfallversorgung sicher
Trotz der Bildung von verschiedenen Schwerpunkten ist eine Basis- und Notfallversorgung an beiden Kliniken gesichert: „Niemand muss sich im Ernstfall Sorgen machen. Natürlich werden beide Krankenhäuser auch in Zukunft eine Notaufnahme haben.“ Damit werden auch die Radiologie, die Funktionsdiagnostik, den OP, die Anästhesie und die Intensivmedizin mit einem sehr hohen Qualitätsstandard an beiden Standorten bleiben. Die Notfall- und Traumazentren der Kliniken Günzburg und Krumbach sind mit innerer Medizin sowie mit Unfall-, Allgemein- und Viszeralchirurgie umfassend ausgestattet.
Standortübergreifend erfolgen der Ausbau der ambulanten Medizin und die Integration der eigenen ambulanten Strukturen in das gesamte Medizinkonzept der Kreiskliniken. Das Kommunalunternehmen setzt dabei auch auf die Kooperation mit anderen Trägern, besonders auf die Vernetzung mit den niedergelassenen Ärzten, dem Rettungsdienst und die Kooperationen mit den Universitätskliniken Augsburg und Ulm. „Mit den bereits bestehenden Kooperationen wie z. B. telemedizinische Anbindungen, Tumorkonferenzen mit den Universitätskliniken können wir zusammen mit unseren eigenen Experten bereits heute eine medizinische Versorgung auf höchstem universitärem Niveau wohnortnah anbieten“, so Wieland. Die Kreiskliniken streben darüber hinaus an, Lehrkrankenhaus der Uni-Klinik Augsburg zu werden, was die Möglichkeiten zur Fort- und Weiterbildung bereichert. Auch Kooperationen mit den Bezirkskliniken, den Kreiskliniken Dillingen-Wertingen, der Kreisspitalstiftung Weißenhorn, dem Klinikum Memmingen und der m&i Fachklinik Ichenhausen nimmt Robert Wieland in den Blick.
Wieland bittet angesichts der großen Herausforderungen um eine möglichst große Beteiligung an der Ausgestaltung der neuen Struktur: „Wir haben verstanden, dass wir uns verändern müssen, um auch unter neuen Rahmenbedingungen eine verlässliche und hochwertige Gesundheitsversorgung der Bevölkerung im Landkreis sicherzustellen. Wir haben deshalb eine schlüssige Strategie entwickelt. Nun laden wir die niedergelassenen Ärzte, den Rettungsdienst, die Politik, unsere Partner und allen voran unsere Mitarbeitenden ein, diese Strategie gemeinsam auszugestalten. Wir haben uns deshalb zusammen mit dem Verwaltungsrat das Motto gegeben: Gesundheit gemeinsam gestalten.“
Landrat Dr. Hans Reichhart, der auch Vorsitzender des Verwaltungsrates der Kreiskliniken ist, zeigt sich von diesem Weg überzeugt: „Wir haben einen klaren Zukunftsplan mit Lösungen und bleiben verlässlich, für die Menschen im Landkreis und für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir werden auch künftig zwei starke und gleichwertige Klinikstandorte haben. Und das unter einem Dach und in kommunaler Trägerschaft.“