Bei Meitingen im Landkreis Augsburg haben am Wochenende die Lechstahlwerke begonnen, ein Waldstück zu roden. Das rief eine Reihe von Naturschützern und auch das Augsburger Klimacamp auf den Plan, die eine Verschwörung witterten, da gegen die Baugenehmigung drei gerichtliche Verfahren laufen. Diese haben aber nach Angaben der Gemeinde Meitingen keine aufschiebende Wirkung. Zudem werden durch die Rodungen Artenschutz- und keine Bauflächen geschaffen. (Bild: Klimacamp Augsburg)
Hier die drei Stellungnahmen zum Thema:
Pressemitteilung vom Augsburger Klimacamp am 23.10.2022
Trotz schwebenden Verfahrens: Stahlwerke roden ein Drittel des rechtlich geschützten Lohwalds bei Meitingen
Als Aktivist*innen des Augsburger Klimacamps am vergangenen Samstag (22.10.2022) einem Hilferuf eines Meitinger Bürgers folgten und den nächsten Zug zum Lohwald bei Meitingen nahmen, wartete dort schon ein Großaufgebot der Polizei auf sie. Der Bürger hatte die Aktivist*innen auf den Plan gerufen, weil er samstagfrüh Rodungsarbeiten im Lohwald entdeckte – obwohl gegen den von CSU und FW unterstützten Bebauungsplan der Lech-Stahlwerke am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München gleich drei Klagen anhängig sind, eine davon von einem Bündnis zum Schutz des Bannwalds [1].
Die Stahlwerke möchten durch die Bannwaldrodung den wirtschaftlichen Wert des Areals erhöhen. Auf einem kleinen Teil der Rodungsfläche soll eine weitere Anlage entstehen, für die restliche Fläche sind Pläne in Arbeit, aber noch nicht öffentlich vorgelegt. Für die Anwohner*innen bedeutet der Lohwald einen Schutz vor dem Lärm und den Emissionen des Stahlwerks und einen wichtigen Beitrag zum Mikroklima, die spekulative Anpflanzungsexperimente aus kleinen Setzlingen nicht zu leisten vermögen.
Die Polizei erklärte ihr Aufgebot damit, „konrete Hinweise auf die Begehung von Straftaten“ zu haben. „Für einen Moment hofften wir, dass die Polizei angesichts der schwebenden Gerichtsverfahren gekommen war, um den Wald zu schützen“, so Ingo Blechschmidt (34) vom Klimacamp. „Wir mussten dann aber schnell feststellen, dass die Polizei uns meinte statt die Rodungsarbeiten. Stahlwerksbesitzer Max Aicher schafft Fakten. Von Respekt vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht keine Spur!“ Da die CSU sonst immer auf Ordnung poche, ging man bei den Aktivist*innen davon aus, dass vor der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof nicht mit einer Rodung zu rechnen sei. Daher kritisieren die Aktivist*innen auch CSU-Bürgermeister Michael Higl: „Als demokratisch
gewählter Bürgermeister sollte man auch demokratisch legitimierte Gerichte respektieren“, so Blechschmidt.
RECHTLICH GESCHÜTZTER BANNWALD
Der Lohwald bei Meitingen ist eigentlich ein nach dem Bayerischen Waldgesetz rechtlich besonders geschützter Bannwald; im Herbst 2021 beschloss der Meitinger Marktgemeinderat dennoch seine Rodung. Im Vorfeld dieser Entscheidung gab es vielfältige Proteste, etwa eine Menschenkette, an der sich hunderte Bürger*innen beteiligten [2,3], oder von Förster*innen angebotene Waldspaziergänge [4] und diverse Kletter- [5,6] und Laseraktionen [7] von einer Aktivistengruppe namens „Wald statt Stahl“, zu der mehrere Einzelpersonen des Augsburger Klimacamps gehören.
Der Rodungsbeschluss gilt als umstritten, nicht nur weil Anwohner*innen mit Verweis auf spekulative Ersatzpflanzungsexperimente vertröstet werden, sondern auch weil Stahlwerksbesitzer Max Aicher zusammen mit dem Lobbyverband VBM der größte Spender der CSU ist [8,9]. „Higl ist unchristlich, unsozial und frech“, resümiert Blechschmidt. Higl stelle das Parteisponsoring durch Aicher über christliche Werte wie den Erhalt der Schöpfung.
Details zum rechtlichen Status der am Samstagmorgen vorgenommenen Rodung sind derzeit nicht bekannt. Das Bannwald-Bündnis kündigte eine Stellungnahme im Laufe der Woche an, nachdem ihre Anwältin Lisa Eberlein Gelegenheit hatte, bei Gerichten relevante Informationen einzuholen.
[1] https://www.br.de/nachrichten/bayern/naturschuetzer-klagen-gegen-bannwaldrodung-bei-lech-stahlwerken,TJa04mR Zum Bannwald-Bündnis gehören der BUND Naturschutz, die Bürgerinitiative Lech-Schmuttertal e.V., die Aktionsgemeinschaft zum Erhalt des Bannwalds bei Meitingen e.V., das Augsburger Klimacamp und weitere Initiativen.
[2] https://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg-land/Meitingen-Hunderte-protestieren-lautstark-fuer-den-Erhalt-des-Lohwalds-bei-Meitingen-id59211951.html
[3] https://web.archive.org/web/20210302042933/https://www.br.de/nachrichten/bayern/bannwaldrodung-fuer-lech-stahlwerke-umweltschuetzer-demonstrieren,SQK6YTp
[4] https://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg-land/Meitingen-Meitinger-Klima-Aktivisten-bleiben-diesmal-mit-beiden-Beinen-am-Boden-id59668431.html
[5] https://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg-land/Meitingen-Aktivisten-setzen-erneut-Zeichen-gegen-Lohwald-Rodung-id59472581.html
[6] https://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg-land/Meitingen-So-bereiten-sich-die-Klima-Aktivisten-auf-Aktionen-im-Meitinger-Lohwald-vor-id59477346.html
[7] https://www.augsburger-allgemeine.de/bilder/Laser-Laseraktion-Wald-statt-Stahl-Lohwald-Bannwald-LWS-id59799181.html?aid=59798651
[8] https://lobbypedia.de/wiki/CSU
[9] https://www.lohwibleibt.de/
Fabian Mehring, Gemeinderat Meitingen und Landtagsabgeordneter Freie Wähler
„Wir leben zum Glück nicht in der Anarchie des Augsburger Klimacamps, sondern in einem Rechtsstaat. Dort gilt, dass Verträge einzuhalten sind. Das gilt nicht einzig für Wirtschaftsunternehmen, sondern auch für selbst ernannte Klimarebellen. Weil LSW zwischenzeitlich wie vereinbart 23 Hektar neuen Wald gepflanzt hat, haben sie nun das vertraglich zugesicherte Recht, fünf Hektar zu roden. Ich finde es bedenklich, wenn Unternehmen in unserer Heimat heutzutage Polizeischutz brauchen, um vertraglich vereinbarte Maßnahmen umsetzen zu können, für die sie bereits nachweislich in Vorleistung gegangen sind.“
Gemeinde Meitingen
Presse-Factsheet zu den aktuellen Entwicklungen im Lohwald südlich der Lech-Stahlwerke
Bebauungsplan „SO-Gebiet nördlicher Lohwald“:
Der Marktgemeinderat Meitingen hat den Bebauungsplan „Sondergebiet am nördlichen Lohwald – südlich des Bebauungsplans H3/72 und westlich der Kreisstraße A 29“ und 1. Teiländerung des Bebauungsplans „Lohwald – südlich der Lech-Stahlwerke“ (Kurzbezeichnung: SO-Gebiet nördlicher Lohwald) am 27.07.2022 als Satzung beschlossen.
Dem Satzungsbeschluss liegt die Urfassung des Bebauungsplans „SO-Gebiet nördlicher Lohwald“, bestehend aus Textteil und Planzeichnung, beigefügter Begründung und beigefügtem Umweltbericht, alle i.d.F. vom 17.07.2021 sowie die Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung mit Nachweis der Ausgleichsflächen (Stand 04.12.2019) zugrunde. Dem Bebauungsplan ist ebenfalls eine Zusammenfassende Erklärung vom 04.08.2022 beigefügt.
Der Satzungsbeschluss zum Bebauungsplan wurde am 10.08.2022 durch Aushang in den gemeindlichen Anschlagkästen bekanntgemacht. Mit der Bekanntmachung ist der Bebauungsplan in Kraft getreten.
Um nach wie vor für größtmögliche Transparenz zu sorgen, stehen u.a. der Bebauungsplan, Fachgutachten sowie weitere Informationen und Unterlagen auf einer Themenseite auf der Internetseite des Marktes Meitingen zum Download zur Verfügung: https://www.meitingen.de/so-gebiet-noerdlicher-lohwald
Aktuelle Entwicklungen im Lohwald:
Wie in der Marktgemeinderatsitzung vom 19. Oktober 2022 erläutert wurde, ist der Bebauungsplan „SO-Gebiet nördlicher Lohwald“ in Kraft getreten. Normenkontrollverfahren haben keine aufschiebende Wirkung, weshalb auch der Normenkontrollantrag des Bund Naturschutz in Bayern e.V. gegen den Satzungsbeschluss des Marktes Meitingen zur Erweiterung der Lech-Stahlwerke auf den Status des Bebauungsplans derzeit keinen Einfluss hat, zumal zum jetzigen Zeitpunkt auch noch keine Antragsbegründung vorliegt.
Unter der Bedingung der Umsetzung der natur- und forstwirtschaftlichen Auflagen werden im Bebauungsplan sowie dem begleitenden Städtebaulichen Vertrag Rodungen ermöglicht. Die Max Aicher Unternehmensgruppe hat den Fachbehörden Gutachten vorgelegt, dass alle Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des ersten Bauabschnitts vorliegen (u.a. erfolgreiche Anpflanzung von über 23 ha Wald, erfolgreiche Umsetzung der CEF-Maßnahmen).
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In diesem Zuge fanden in den vergangenen Tagen nun auf einer klar definierten 5,6 ha großen Fläche erste Rodungsmaßnahmen statt. Derzeit laufen noch die Arbeiten an den Baumlichtungen, die dem Artenschutz dienen, indem auf diese Weise gezielt Lebensraum für bestimmte Tiere (u.a. Waldwiesenvögelchen, Reptilien) geschaffen werden soll. Diese Arbeiten dienen somit nicht der Baureifmachung des sonstigen Sondergebiets.
Mit Rechtskraft des Bebauungsplans und unter den weiteren Voraussetzungen des städtebaulichen Ausführungsvertrags besteht ein Baurecht und es wird zugleich automatisch die Rodungserlaubnis erteilt (Art. 9 Abs. 8 BayWaldG). Der Rodungsbeginn zum jetzigen Zeitpunkt war eine unternehmerische Entscheidung der Max Aicher Unternehmensgruppe, auf die der Markt Meitingen keinen Einfluss hat. Der Rodungszeitpunkt Oktober ist hingegen in den Auflagen zum Fledermausschutz fixiert.
Im Rahmen der im Juli 2021 veröffentlichten Informationskampagne des Marktes Meitingen zum Bebauungsplan „Sondergebiet am nördlichen Lohwald – südlich des Bebauungsplanes H3/72 und westlich der Kreisstraße A29“ wurde in den Erklärvideos für die Öffentlichkeit u.a. bereits darauf hingewiesen, dass der frühestmögliche Rodungstermin Ende 2022 sein könne: https://youtu.be/UWpoGtlT_vc