Mit Verwunderung hat die IHK Schwaben auf die Übereinkunft zwischen politischen Mandatsträgern und der Straßenbauverwaltung reagiert, anstelle einer „Osttangente“ Augsburg lediglich eine „Ertüchtigung“ der Bundesstraße B 2 zu realisieren. „Die angestrebte Lösung nach dem Sankt-Florians-Prinzip löst nicht die Verkehrsprobleme des Wirtschaftsraums, sondern wird sie in der Langfrist-Perspektive eher noch verschärfen“, erklärt der Vorsitzende des IHK-Ausschusses für Mobilität und Logistik sowie stellvertretende IHK-Präsident Josef Brandner.
Der Bau einer vierspurigen „Osttangente“ zwischen der B 17 bei Oberottmarshausen und der Autobahn A 8 bei Derching sei von der bayerischen Staatsregierung – auch nach jahrelangen Forderungen der Politik aus der Region heraus – im Jahr 2015 für die Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans vorgeschlagen worden. „Dies war auch eine Folge der Erkenntnis, dass die B 17 an ihrer Kapazitätsgrenze angelangt ist und das Verkehrsaufkommen weiter wachsen werde“, so Brandner. Der Wirtschaftsraum Augsburg „ist und bleibt eine Region mit Bevölkerungszuzug, und die Zahl der Kraftfahrzeuge wächst seit Jahren prozentual schneller als die Bevölkerung“.
Die nun in die Diskussion geworfene „kleine Lösung“ werde zwar sicher geeignet sein, die Situation vor allem zu den Hauptverkehrszeiten punktuell für Kissing und Mering zu verbessern, sie lasse aber den „Netzzusammenhang“ für den gesamten Wirtschaftsraum Augsburg außer Acht, betont Brandner: „Wir brauchen ein leistungsfähiges Rückgrat von Straßen, die nicht nur örtlichen Belangen dienen, sondern über diese hinaus diese Region in der Gesamtheit erschließen. In einer solchen Konzeption stellt die ,Osttangente‘ für den Großraum Augsburg einen zentralen Baustein dar. So etwas muss auch im Interesse eines gemeinsamen Wirtschaftsraumes liegen, in dem Funktionen wie Arbeiten, Einkaufen, Bildung, Logistik und Wohnen an unterschiedlichen Schwerpunkten angesiedelt sind und Mobilität erforderlich machen.“ Mit einem Verzicht auf die „Osttangente“ werde die Situation, auf der schon jetzt sehr störanfälligen B 17, noch weiter angespannt werden. „Es wird sich die Frage stellen, wie diese Herausforderung dann in Zukunft an möglicherweise anderer Stelle gelöst werden muss.“
Es geht nicht nur um Augsburger Verkehrsprobleme
Brandner warnt allerdings vor einer Diskussion, die eine „Osttangente“ nur als Werkzeug zur Lösung speziell Augsburger Verkehrsprobleme sehen will: „Es geht um den Gesamtraum mit seinen Verflechtungen. Die Menschen, die zu normalen Zeiten morgens auf der B 2 im Stau stehen, sind ja nicht Augsburger Einwohner, sondern Bürgerinnen und Bürger des Landkreises Aichach-Friedberg, die zu einem großen Teil in Augsburg arbeiten.“ Allein aus Kissing, Mering und Merching arbeiteten fast 4000 (genau: 3798) sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in den Städten Augsburg und Friedberg, dazu kommen noch 645 Pendler zwischen Kissing und Mering in beiden Richtungen, ergab eine Datenauswertung der IHK im Sommer 2020.
Verkehrswegeplan sieht Planung der Lechquerung vor
Überrascht zeigt sich Brandner, dass die Planung des Teilstücks zwischen Mering und der B 17 den Ankündigungen vom Freitag (11.06.2021) zufolge überhaupt nicht mehr weitergeführt werden soll. In der „Begründung der Dringlichkeitseinstufung“ im gültigen Bundesverkehrswegeplan wird dieses Projekt als „wirtschaftlich“ eingestuft und dem „Weiteren Bedarf mit Planungsrecht (WB*) zugewiesen, damit mit der Planung unmittelbar begonnen werden kann“, heißt es dort. Zudem werde im BVWP die „Osttangente“ als „Gesamtprojekt“ beurteilt, weil es, so die Begründung „es nur so seine verkehrlichen Wirkungen voll entfalten kann.“