Landratsamt wehrt sich – unwahre Behauptungen
Landrätin Indra Baier-Müller weist den vom Alpmeister Hannes Thaumiller erhobenen Vorwurf der Lüge entschieden zurück. „Meine Verwaltung hat sich korrekt verhalten“, so die Oberallgäuer Landrätin. Mit seiner Behauptung, dass das Landratsamt Oberallgäu die tiefgreifenden Umbaumaßnahmen am Wildbach im Rappenalptal in einem einseitigen Aktenvermerk genehmigt habe, konnten Alpmeister Thaumiller und die vom ihm beauftragte Großkanzlei GSK Stockmann schon vor dem Verwaltungsgericht Augsburg nicht durchdringen. Die Augsburger Verwaltungsrichter haben sich in ihrer 38seitigen Entscheidung auf einen Eilantrag des Alpmeisters hin eingehend mit der Frage auseinandergesetzt, ob Hannes Thaumiller die Äußerungen des Landratsamts als Genehmigung für einen Gewässerausbau verstehen konnte.
„Genehmigungsfrei sind lediglich Maßnahmen des Gewässerunterhalts“, erläutert der zuständige Jurist am Landratsamt, Markus Haug. Dies seien nach § 39 WHG Maßnahmen, die der Erhaltung des Gewässerbetts, des Ufers und insbesondere auch des Gewässers selbst hinsichtlich der Abführung oder Rückhaltung von Wasser, Geschiebe u.a. dienen. Nach dem Starkregenereignis in Oberstdorf vom 19.08.2022 waren die Alpflächen neben dem Rappenalpbach an mehreren Stellen teilweise meterhoch mit Kies und Geröll überschüttet. Bei einem Vorort-Termin am 30.08.2022 in einer anderen Sache bat die Alpgenossenschaft einen Mitarbeiter der unteren Naturschutzbehörde vom Landratsamt, sich die Situation vor Ort anzusehen. Der Mitarbeiter der unteren Naturschutzbehörde kam dieser Bitte noch am selben Tag nach. Abgestimmt wurden punktuelle Sofortmaßnahmen des Gewässerunterhalts an vier Stellen, zum einen der Brücke nahe Eselweg und an drei weiteren, besonders stark betroffenen Bereichen. „Die tatsächlich durchgeführte massive Umgestaltung und Kanalisierung des Wildbachs auf einer Länge von 1,6 km hat mit einem Gewässerunterhalt nichts mehr zu tun“, so der Jurist des Landratsamts.
Wasserrechtliche Sorgfaltspflichten in eklatanter Weise verletzt
Auch für das Verwaltungsgericht Augsburg liegt der Fall eindeutig. Bei den von der Alpgenossenschaft Rappenalpe beauftragten und durchgeführten Maßnahmen handelt es sich „unzweifelhaft um einen genehmigungspflichtigen Gewässerausbau, der nach § 68 Abs. 1 WHG der Planfeststellung durch die zuständige Behörde bedarf“. Ein Planfeststellungsverfahren ist ein besonders komplexes, mehrere Monate währendes Verfahren, in dem umfangreiche Planunterlagen samt naturschutzfachlichen, artenschutzrechtlichen und hydrologischen Gutachten vorgelegt, eine Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt und eine umfassende Abwägungsentscheidung getroffen werden müssen.
In seiner ausführlich begründeten Entscheidung hat das Verwaltungsgericht Augsburg festgestellt, dass der Umfang der Maßnahme am Rappenalpbach das Maß einer genehmigungsfreien Gewässerunterhaltung bei weitem überschreitet. Das für einen solch tiefgreifenden Eingriff erforderliche wasserrechtliche Genehmigungsverfahren ist „ganz offensichtlich nicht durchgeführt worden“. Der einseitige Aktenvermerk zu den vor Ort besprochenen Sofortmaßnahmen, auf den sich der Alpmeister Thaumiller stützt, könne „unter keinen Umständen [als] Genehmigungsentscheidung zur Durchführung eines Gewässerausbaus in dem durchgeführten Umfang gesehen werden“, so die Augsburger Verwaltungsrichter. Für jeden verständigen Empfänger war „eindeutig erkennbar, dass es sich nicht um eine wasserrechtliche Genehmigung eines Gewässerausbaus im Umfang von 1,6km eines Wildbachs in einem hochsensiblen Naturraum handelt“. Wie bereits berichtet, liegt der Wildbach im Rappenalptal inmitten eines Naturschutzgebiets, eines Vogelschutz- und FFH-Gebiet und eines Landschaftsschutzgebiets. Der Alpgenossenschaft Rappenalpe fehlte dabei nicht nur in formeller Hinsicht die erforderliche wasserrechtliche Genehmigung für den Bachausbau; auch in der Sache sehen die Augsburger Verwaltungsrichter die Ausbaumaßnahme im Ergebnis als „offensichtlich nicht genehmigungsfähig“ an, da die wasserrechtlichen Sorgfaltspflichten „in eklatanter Weise verletzt“ wurden.
Auch der Verweis der Alpgenossenschaft auf Arbeiten am Rappenalpbach in den Jahren 1999 und 2005 kann die eklatante Verletzung von Sorgfaltspflichten nicht rechtfertigen. Das Starkregenereignis vom 19.08.2022 kann vom Umfang und den Schadensfolgen weder mit dem Pfingsthochwasser 1999, noch mit dem Hochwasser im August 2005 verglichen werden. Die Hochwasser 1999 und 2005 hatten völlig andere Dimensionen, so wurde sowohl 1999 als auch 2005 der Katastrophenfall festgestellt und Maßnahmen zur Schadensbehebung ergriffen. Die nun von der Alpgenossenschaft veranlassten Maßnahmen haben die Schwelle der Schadensbehebung aber massiv überschritten.
Außerdem gab es zwischenzeitlich auch Änderungen in rechtlicher Hinsicht, so wurde im Jahr 2016 das FFH- und Vogelschutzgebiet rechtsverbindlich festgelegt und die Grundstückseigentümer hierüber informiert.
Landrätin weist Kritik zurück
Landrätin Indra Baier-Müller will den Vorwurf, auf die Presseanfragen unprofessionell reagiert und geschwiegen zu haben, in dieser Form nicht stehen lassen. „Gegen den Alpmeister Hannes Thaumiller ist ein Strafermittlungsverfahren wegen Gefährdung schutzbedürftiger Gebiete (§ 329 StGB) anhängig. In einer solchen Lage ist es nicht angezeigt, über die Presse weiteres Öl in das Feuer zu gießen. Das Verwaltungsgericht Augsburg hat unser Verwaltungshandeln eingehend geprüft und für rechtmäßig befunden. Hierauf haben wir verwiesen und mehr war hierzu nicht zu sagen“.
Auf den Vorwurf der Lüge reagiert das Landratsamt nun jedoch mit eindeutigen Worten. Alpmeister Thaumiller habe seinerseits in seinen Stellungnahmen und Interviews gegenüber dem Allgäuer Anzeigeblatt und dem Bayerischen Rundfunk in mehrfacher Hinsicht nachweislich die Unwahrheit gesagt. Unzutreffend ist etwa, dass mit den Baggerarbeiten am Rappenalpbach „Anfang Oktober erst begonnen“ wurde. Nach dem schriftlichen Ausführungen seiner eigenen Anwälte im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Augsburg wurde mit der Maßnahme bereits am 26.09.2022 begonnen. „Wären uns – wie auf dem Ortstermin vereinbart und im Aktenvermerk dokumentiert – am ersten oder spätestens zweiten Tag der Baggerarbeiten, also noch am 26.09. oder 27.09.2022, Fotos von den Maßnahmen übersandt worden, hätten wir das Schlimmste noch verhindern können“, so Baujurist Markus Haug. Übersandt wurden die Fotos von der Maßnahme erst am 06.10.2022, als bereits weitgehend vollendete Tatsachen geschaffen waren. Unwahr ist nach der Stellungnahme des Landratsamts weiterhin, dass ein Mitarbeiter der unteren Naturschutzbehörde sich am 06.10.2022 für die Fotos bedankt und der Alpgenossenschaft das grüne Licht für weitere Maßnahmen gegeben habe. „Das Gegenteil ist der Fall. Unser Kollege hat unter Zeugen noch am Telefon den Vorsitzenden der Alpgenossenschaft angewiesen, die Bagger umgehend aus dem Bach zu holen“. Unrichtig ist weiterhin, dass es weitere Ortstermine am 16. und am 20.10.2022 mit dem Landratsamt gegeben habe.
Herr Thaumiller wisse, was er getan hat, so das Landratsamt in seiner Stellungnahme. Seine jüngsten Äußerungen gegenüber den Medien sind offensichtliche Schutzbehauptungen. Entgegen seinen Ausführungen im Fernseh-Interview des Bayerischen Rundfunks habe er auf einem Ortstermin am 25.10.2022, an dem nicht nur Mitarbeiter des Landratsamts Oberallgäu, sondern auch sechs Vertreter des Wasserwirtschaftsamts Kempten und eine Mitarbeiterin des Markts Oberstdorf teilgenommen haben, selbst eingeräumt, den Rappenalpbach über den mit dem Landratsamt abgestimmten Umfang hinaus ausgebaut zu haben.
Weitere Baueinstellung angeordnet
Am Ende der Geschiebestrecke waren zu Beginn des Ortstermins am 25.10.2022 gerade Baumaßnahmen neben dem Rappenalpbach in Gange. Die Veränderungen am Rappenalpbach selbst, waren zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen. Ein Bagger erstellte neben dem Gewässer eine befestigte Kiesfläche. Auf Nachfrage gab Herr Thaumiller an, dass dort ein Landeplatz für einen Hubschrauber zur Versorgung der Alpflächen entstehen soll. Das Landratsamt ordnete mündlich sofort die Einstellung dieser ebenfalls nicht genehmigten Arbeiten an.
Auch dieser Vorgang belegt für das Landratsamt Oberallgäu eine fehlende Sensibilität der Alpgenossenschaft Rappenalpe bzw. des Alpmeisters mit dem hochsensiblen Naturschutzgebiet.
„Meinen Mitarbeitern ist kein Vorwurf zu machen“, resümiert Landrätin Indra Baier-Müller. „Sie haben unverzüglich mit einem Baustopp reagiert und einen Vororttermin mit den weiteren beteiligten Behörden veranlasst, nachdem sie Kenntnis vom rechtswidrigen Ausbau des Rappenalpbaches erhalten haben. Zu diesem Zeitpunkt waren freilich schon weitgehend vollendete Tatsachen geschaffen“. Den Vorwurf einer unzureichenden Überwachung von Maßnahmen im naturschutzfachlich wertvollen Rappenalptal weist die Oberallgäuer Landrätin zurück. „Es entspricht nicht unserem Selbstverständnis als Verwaltung, unsere Bürger auf Schritt und Tritt zu überwachen. Durch die Vereinbarung, am ersten oder spätestens zweiten Tag Fotos der Unterhaltsmaßnahmen zu übersenden, wäre eine Kontrolle und Korrektur rechtzeitig möglich gewesen. Meine Mitarbeiter und auch ich konnten nicht damit rechnen, dass ein Alpmeister, der von unserer einmaligen Natur und Landschaft lebt, sich derart leichtfertig über eine erfolgte Abstimmung hinwegsetzt und seine wasserrechtlichen Sorgfaltspflichten, wie das Verwaltungsgericht ausdrücklich festgestellt hat, in eklatanter Weise verletzt“.