Für die einen bedeutet die Ernte Segen, für die anderen Leid: Mit der Einbringung der Feldfrüchte verändert sich die Lebenssituation für unsere Wildtiere schlagartig. Wo Rehe, Hasen und Co. zuvor Schutz und Nahrung fanden, bleiben innerhalb weniger Stunden nur Stoppelfelder zurück – auch diese werden oft unmittelbar nach der Ernte umgepflügt. „Dadurch verschwinden selbst die letzten Körner im Boden. Es kommt zum sogenannten „Ernteschock“, so die beiden Vorstände des Jagdverbandes Donauwörth Albert Reiner und Robert Oberfrank.
„Der Tisch ist abgeräumt, obwohl die Tiere gerade jetzt Fettreserven für den Winter anlegen müssten“, mahnen die beiden weiter. Mit dem Verlust der Nahrungsgrundlage geht auch der Schutz vor Raubtieren wie Füchsen, Mardern, Habichten und verwilderten Hauskatzen verloren.
Hecken und Feldgehölze als Rettung
Eine mögliche Maßnahme zur Linderung des Ernteschocks ist die gezielte Anpflanzung von Hecken und Feldgehölzen durch Jäger und Landwirte. Diese „grünen Oasen“ bieten das ganze Jahr über Lebensraum für Insekten, Reptilien und Vögel und dienen in der Erntezeit auch als Rückzugsort und Nahrungsquelle für Wildtiere. „Eine optimale Ergänzung sind Kräuterstreifen“, betont Oberfrank.
Die Jäger des Jagdverbandes Donauwörth engagieren sich aktiv dafür, die negativen Folgen des Ernteschocks zu verringern. Felder, auf denen nach der Ernte Zwischenfrüchte wie Lupinen, Ackersenf oder Klee angebaut werden, bieten Wildtieren zusätzliche Nahrungsquellen und Schutz. Dieser wildtierfreundliche Zwischenfruchtanbau ist eine weitere Möglichkeit, um die Lebensbedingungen für die Tiere zu verbessern.
Gefahr auf den Straßen
Mit der Aberntung der Felder bleibt den Tieren oft nichts anderes übrig, als neue Zufluchtsorte zu suchen. Dabei legen sie teilweise weite Strecken zurück und überqueren häufiger als gewöhnlich stark befahrene Straßen. Auch wenn die großen Erntemaschinen auf den Feldern auftauchen, fliehen viele Wildtiere, was das Risiko von Wildunfällen erheblich erhöht. Insbesondere Jungtiere folgen in solchen Situationen oft blind ihren Müttern.
„Mit dem Herbstbeginn steigt das Risiko von Wildunfällen“, warnt Oberfrank. „Der Berufsverkehr fällt jetzt in die Dämmerungszeiten, die Rehe und Wildschweine besonders aktiv nutzen.“ Da sich Wildtiere nach dem Tageslicht richten, müssen sie sich nun mit dem morgendlichen und abendlichen Verkehr arrangieren – eine gefährliche Situation für Mensch und Tier.
Appell an Autofahrer
Die Jäger appellieren daher an alle Verkehrsteilnehmer, gerade im Herbst besonders vorsichtig zu fahren. „Herbstliche Bedingungen wie nasses Laub, Schmutz und Nebel machen die Straßen zusätzlich gefährlich“, erklärt Albert Reiner. Er empfiehlt: „Fahren Sie vorausschauend und reduzieren Sie Ihre Geschwindigkeit, besonders in der Nähe von Wäldern, Hecken oder unübersichtlichen Feldrändern. Eine Reduzierung der Geschwindigkeit von 100 auf 80 Stundenkilometer kann den Bremsweg bereits um 25 Meter verkürzen – das kann den entscheidenden Unterschied ausmachen.“
Durch umsichtige Fahrweise können viele Wildunfälle verhindert und das Leid der Tiere in der Erntezeit verringert werden, da unangepasste Geschwindigkeit und Ablenkung die Hauptursachen für solche Unfälle sind.