Eine Verbesserung der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum hat Landtagsabgeordneter Klaus Holetschek im Blick, als er im Memminger Rathaus ein ganz besonderes Pilotprojekt vorstellt. Die Gesundheitsregionplus Unterallgäu-Memmingen soll Modellregion für ein neuartiges medizinisches Mobilitätskonzept werden. „Mit der Entwicklung des „Systems eResCopter“ eröffnen sich uns völlig neue Möglichkeiten im medizinischen Transportwesen. Diese möchten wir im ländlichen Raum einsetzen und damit Menschen, die einen weiteren Weg zum Krankenhaus haben, eine schnelle Versorgung insbesondere bei zeitkritischen Diagnosen bieten. Die neuen „fliegenden Notarztwagen mit Elektroantrieb“ sind ein wichtiger Baustein zur Verbesserung der Notfallversorgung“, betont Bayerns früherer Gesundheitsminister Klaus Holetschek bei einem Pressegespräch im Rathaus.
Modellregion Memmingen-Unterallgäu
In der Modellregion Unterallgäu-Memmingen soll es voraussichtlich bereits 2025 erste Testflüge geben. Das „System eResCopter“ zielt insbesondere auf Einsatzfelder zwischen dem bestehenden Hubschrauber- und dem Bodentransport. „Wir freuen uns sehr, dass wir Modellregion für dieses absolut zukunftsweisende Projekt werden. Das „System eResCopter“ eröffnet eine vielversprechende Perspektive, um das bestehende Rettungsnetz zu ergänzen“, betont Oberbürgermeister Jan Rothenbacher. Alle Menschen seien auf eine hervorragende Gesundheitsversorgung angewiesen, unabhängig vom Wohnort auf dem Land oder in der Stadt. Landrat Alex Eder erklärt: „Unsere Gesundheitsregionplus kann von schnellen und kostengünstigen Interhospitaltransporten sehr profitieren. Sie tragen zur Sicherung unserer Krankenhausstandorte bei. Das „System eResCopter“ ist eine enorme Chance für den ländlichen Raum.“
Wissenschaftliche Begleitung
Das „System eResCopter“ ermöglicht der Region eine Perspektive zur Verbesserung der medizinischen Versorgung im Zusammenhang mit der geplanten Krankenhaustransformation. In der Gesundheitsregionplus Unterallgäu-Memmingen sollen die medizinischen und wirtschaftlichen Vorteile des neuen Systems analysiert, gemessen und evaluiert werden. Die wissenschaftliche Begleitung des Modellprojekts liegt bei der Technischen Hochschule Rosenheim.
„Die Modellregion Unterallgäu-Memmingen bietet eine hervorragende Basis für die Einbindung des „Systems eResCopter“, um die medizinische Versorgung für das 21. Jahrhundert sicherzustellen, ein Mehrwert für Gesellschaft, Wirtschaft und Ökologie“, betont Thomas Wüst, Präsident Global Partners Bayern und Projektkoordinator der Modellregion.
Entwicklung & Invest
Im Rahmen des „Systems eResCopter“ entwickelt die ERC-System GmbH, ein Unternehmen der IABG-Gruppe in Kooperation mit der TU München ein rein-elektrisch betriebenes senkrecht startendes und landendes Fluggerät (eVTOL1), das speziell für medizinische Einsätze konzipiert wurde. Das Fluggerät ist optimiert für den Transport zwischen zukünftigen Level-Krankenhäusern – speziell für notärztliche oder therapeutische Verlegungen der Patienten von Grundversorgungskliniken zur Behandlung in Schwerpunktkliniken. Ein interdisziplinäres Projektteam – bestehend aus erfahrenen Luftfahrtingenieuren, Notfallmedizinern und Administratoren aus dem Gesundheitssektor – arbeitet parallel am Bau von Prototypen und an der Zulassung des Luftfahrtgeräts sowie an der Integration in die Mechanismen einer zukünftigen Krankenhaus-Landschaft. Das von vorneherein als „fliegender medizinischer Versorgungraum“ konzipierte eVTOL erlaubt die Übernahme von Luftrettungsmissionen bei signifikant reduziertem Aufwand sowohl in der Anschaffung als auch beim Betrieb. Durch den elektrischen Antrieb fliegt es ohne Emissionen von Verbrennungsgasen und geräuscharm, was im kliniknahen und innerstädtischen Bereich von Bedeutung ist. Prof. Dr. Rudolf Schwarz, Vorsitzender der Geschäftsführung IABG, Gesellschafter ERC: „Für führende Technologieunternehmen wie die IABG ist es wichtig, technische Trends in Anwendungen zum Nutzen der Gesellschaft zu überführen. Deshalb freue ich mich, dass wir mit unserem eVTOL einen wertvollen Beitrag für die Neuausrichtung unseres Gesundheitssystems leisten können.“
„Das „System eResCopter“ ist von Anfang an für die medizinische Anwendung entwickelt worden und ermöglicht insbesondere den begleiteten Transport eines Patienten entweder von Klinik zu Klinik oder vom primären Rettungsort durch einen Notarzt“, erläutert Prof. Dr. Peter Biberthaler, Direktor der Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Klinikum rechts der Isar/ Technische Universität München. „Somit entspricht das Fluggerät neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Therapie Notfall-relevanter Diagnosen wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Polytrauma.“
Flugrechtliche Genehmigung & Flugbetrieb
Die Zulassung eines neuen Fluggerätes für den allgemeinen Flugbetrieb erfordert umfangreiche Tests und Nachweise, um die Sicherheit im Flugverkehr im Sinne aller zu gewährleisten. Der operative Flugbetrieb soll von der DRF Stiftung Luftrettung gAG geführt werden, die auf Erfahrungen aus mehr als fünf Jahrzehnten in der Luftrettung zurückgreift. Die gemeinnützige Organisation begleitet die Vorbereitungen bis zum Start und führt zudem auch den möglichen Probeflugbetrieb in der Modellregion in den Jahren bis zur gesamthaften Zulassung durch. Aktuell ist die flugrechtliche Genehmigung des Fluggeräts ab 2029 zu erwarten. „Seit mehr als 50 Jahren ist die DRF Luftrettung ein wichtiger Bestandteil der Rettungskette. Es liegt in unserer DNA, die Notfallrettung konsequent weiterzuentwickeln, denn jedes Menschenleben ist wertvoll. Die medizinische Versorgung von Patientinnen und Patienten ist eine Gemeinschaftsleistung aller Akteure im Rettungsdienst. Deshalb freuen wir uns, das Pilotprojekt „System eResCopter“ mit unserer Expertise in der Luftrettung zu unterstützen“, so Dr. Krystian Pracz, Vorstandsvorsitzender der DRF Luftrettung.
Zum offiziellen Start der Modellregion wurden zwei Absichtserklärungen unterzeichnet – zwischen allen Beteiligten zur Modellregion und bilateral zwischen DRF Deutsche Luftrettung (Filderstadt) und IABG/ERC System GmbH (Ottobrunn) zur Entwicklung, Zulassung und Erprobung des Fluggeräts. ( (Foto: Alexandra Wehr/
Pressestelle Stadt Memmingen))