In der Mindelheimer Ifenstraße befindet sich die derzeit größte Notunterkunft des Landkreises. Mehr als 300 Geflüchtete sind in der ehemaligen Industriehalle untergebracht, darunter viele Kinder. Um Familien zu unterstützen, hat das Kreisjugendamt in der Einrichtung ein Jugendhilfeprojekt ins Leben gerufen. Dieses wurde jetzt im Jugendhilfeausschuss vorgestellt.
„In der Notunterkunft sind durchschnittlich circa 100 Kinder untergebracht“, sagte Jugendamtsleiterin Christine Keller. „Deren Alltag ist geprägt vom unfreiwilligen Zusammenleben vieler Menschen unterschiedlicher Nationalitäten auf engem Raum, fehlenden Rückzugs- und Beschäftigungsmöglichkeiten, Lärm und Unruhe, häufigen Konflikten bis hin zu Gewalterfahrungen, zum Teil schwierigen Familienverhältnissen und fehlender Integration, teilweise auch fehlendem Integrationswillen der Eltern.“ Deshalb hat das Jugendamt die Kolping-Bildungs-gGmbH Memmingen mit einem Jugendhilfeprojekt beauftragt, das mit Mitteln aus der sogenannten Integrationspauschale finanziert wird, die der Kreis vom Freistaat erhält.
Von Montag bis Freitag sind eine Fachkraft und eine Hilfskraft in der Notunterkunft und bieten Spielgruppen, eine Vorschulgruppe, Hausaufgabenbetreuung sowie Kreativ- und Bewegungsangebote an. Dabei werden die Kinder gezielt und spielerisch beim Erwerb der deutschen Sprache gefördert. Außerdem werden die Eltern beim Ausfüllen von Anträgen oder beim Kontakt mit Kindertagesstätte, Schule und Kinderarzt unterstützt und in allgemeinen Erziehungsfragen beraten.
„Die Rückmeldungen von Sicherheitsdienst und Grundschule sind positiv“, berichtete Keller. „Die Kinder sind ausgeglichener, laufen weniger unbeaufsichtigt in der Unterkunft herum, sprechen öfter deutsch, haben öfter ihre Hausaufgaben dabei und haben weniger Fehlzeiten in der Schule.“
Auch Stefanie Bieneck, stellvertretende Leiterin der Kolping Akademie Memmingen, und Tihana Skrapic, Fachkraft im Jugendhilfeprojekt, berichteten von Erfolgen – ob beim Deutschlernen oder bei den Leistungen in der Schule. Grundsätzlich würde das Angebot sehr gut angenommen. Seit März 2024 läuft das Jugendhilfeprojekt mittlerweile – mit der Option auf Verlängerung für ein weiteres Jahr. Es handelt sich dabei um ein Angebot aus einem ganzen Paket an Maßnahmen, mit denen der Kreis die Integration verbessern will. 1,19 Millionen Euro stehen hierfür aus der Integrationspauschale zur Verfügung. Die Gesamtkosten für das Jugendhilfeprojekt belaufen sich bei einer Dauer von zwei Jahren auf knapp 240.000 Euro.
„Ich bin sehr dankbar für dieses Projekt“, sagte Landrat Alex Eder. Denn es sei nicht einfach, in einer so großen Unterkunft zu leben. Deshalb versuche der Landkreis auch, Geflüchtete so schnell wie möglich aus den Notunterkünften in kleinere Einheiten zu verlegen.
Im Unterallgäu gibt es drei Notunterkünfte – neben Mindelheim in Bad Wörishofen und in Wolfertschwenden. 600 Flüchtlinge leben insgesamt dort. Zwei Notunterkünfte (in einer Turnhalle in Mindelheim und in einem Thermozelt vor dem Landratsamt) konnten bereits wieder aufgelöst werden. Denn es ist dem Landratsamt gelungen, zahlreiche neue Unterkünfte zu errichten oder anzumieten. Insgesamt sind im Landkreis 2.300 Geflüchtete in Asylunterkünften untergebracht.