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Region: IHK zieht erste Bilanz

Die Wirtschaftsleistung schrumpft, die Arbeitslosenquote steigt. Diese Diagnose der führenden Wirtschaftsinstitute wird durch eine IHK-Mitgliederumfrage bestätigt. „Die Corona-Krise setzt dem Angebot von Produkten und Dienstleistungen und der Kauf- und Konsumneigung zu. Die internationalen Handels- und die nationale Ausgangsbeschränkungen sind ein gewaltiger Stresstest für die regionale Wirtschaft“, urteilt IHK-Präsident Dr. Andreas Kopton. Und er fordert: „Die Unternehmen stemmen sich gegen die Krise und die staatlichen Instrumente greifen, doch die Unternehmen und Kunden brauchen eine Perspektive.“
Rund 750.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte erwirtschaften in Bayerisch-Schwaben ein Bruttoinlandsprodukt von jährlich über 73 Milliarden Euro. Nach Meinung der Wirtschaftsforscher wird diese Wirtschaftsleistung 2020 im deutschen Durchschnitt um 4,2 Prozent sinken. Und die Arbeitslosenquote um fast zwei Prozent steigen. Die Wirtschaft wird also noch härter getroffen als in der letzten Krise von 2008 und 2009. Dr. Kopton: „Unsere auch im deutschlandweiten Vergleich sehr breite Wirtschaftsstruktur hat sich bereits in der Finanz- und Wirtschaftskrise als besonders robust erwiesen – sowohl in der Krise selbst als auch in der Zeit danach. Daher hoffen wir, dass die regionale Wirtschaft auch diesmal schneller und besser aus der Krise kommt, trotz aller Unsicherheiten und Risiken.“
Alle Branchen sind betroffen – aber unterschiedlich stark und zeitlich versetzt
92 von 100 Unternehmen – unabhängig von Größe und Branche – spüren die Auswirkungen der Corona-Krise am eigenen Umsatz. Ein Viertel erwartet nach einer deutschlandweiten Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) sogar einen Rückgang von über 50 Prozent. Von den Ausgangsbeschränkungen und dem Fernbleiben ihrer Gäste und Kunden sofort betroffen sind die Gastronomen, Hoteliers und Einzelhändler in der Region. Ein Verlust, der sich auch nicht mehr aufholen lässt. Unter den globalen Verwerfungen leiden unmittelbar die Reisewirtschaft und die Logistik. „Im Vergleich zu diesen Branchen sieht es in der Industrie und der Bauwirtschaft noch etwas besser aus. Umso wichtiger ist es, dass der Welthandel wieder anspringt, denn oftmals lassen sich die Einbußen dieser Branchen noch managen und möglicherweise wieder aufholen“, analysiert Dr. Kopton, denn: bei den durch die IHK Schwaben ausgestellten Ursprungszeugnissen, die für den internationalen Warenverkehr notwendig sind, lässt sich zwar ein deutlicher Rückgang, doch kein völliger Stillstand feststellen.
Staatliche Hilfen sind eine stabile Brücke in die „Zeit danach“
Über 30.000 Unternehmen haben bei der Regierung von Schwaben bereits einen Antrag auf Corona-Soforthilfe gestellt, rund 10.000 bei den bayerisch-schwäbischen Arbeitsagenturen Kurzarbeitergeld beantragt. Dazu Dr. Marc Lucassen, Hauptgeschäftsführer der IHK Schwaben: „Wir haben in den letzten Wochen alle verfügbaren Kapazitäten in die Information und Beratung unserer Mitgliedsunternehmen verschoben. Die Besuchszahlen unserer Website schnellen nach oben, die Telefone unserer Berater stehen nicht mehr still.“ Diese Fakten spiegeln die Breite der regionalen Betroffenheit wider. Sie zeigen aber auch, dass die staatlichen Hilfen und die Angebote der IHK Schwaben angenommen werden.
Unsicherheiten und Risiken bleiben bestehen
Während die chinesische Wirtschaft, nach den USA die zweitgrößte weltweit, bereits wieder im Aufwind ist, sind die USA oder Europa noch im teilweisen tiefen Tal. Darunter leiden besonders die rund 3.000 bayerisch-schwäbischen Unternehmen mit Außenwirtschaftsgeschäft. Die Wirtschaftsinstitute rechnen für 2020 mit einem Rückgang der Weltproduktion um 2,5 Prozent, was besonders die heimischen Maschinenbauer und Automobilzulieferer trifft. Dagegen hoffen die auf den regionalen Markt angewiesenen Unternehmen darauf, dass das derzeitige Einfrieren von Teilen der Wirtschaft schrittweise gelockert werden kann. In ihrer Gemeinschaftsprognose unterstellen die Wirtschaftsinstitute beispielsweise dafür einen Zeitraum vom fünf Wochen. Müssen allerdings die Mitarbeiter und Kunden weiter zu Hause bleiben, dann verschärfen sich die Liquiditätsprobleme der Unternehmen weiter. Laut IHK-Mitgliederumfrage treibt jeden fünften Unternehmer die Angst vor einer Insolvenz um. Eine Sorge die begründet ist. So mussten in den Krisenjahren 2008 und 2009 rund doppelt so viele bayerisch-schwäbische Unternehmen Insolvenz anmelden als in Jahren mit normaler Wirtschaftstätigkeit.
Dr. Kopton abschließend: „Wir erleben gerade eine beispiellose Krise mit genauso beispiellosen Antworten darauf. Nicht nur durch den Staat, sondern auch durch die Unternehmen selbst. Die Industrie stellt kurzfristig auf die Produktion von Atemmasken um, der innerstädtische Handel liefert seine Produkte bis vor die Haustüre und persönliche Beratungsgespräche werden durch Telefon- und Videokonferenzen ersetzt. Produktion, Handel und Dienstleistungen stemmen sich mit aller Kraft gegen die Krise. Der Weg ist von der Politik vorgegeben, die Wegstrecke ist steinig – und wird es wohl noch länger bleiben.“