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Region: IHK fordert Unterstützung der Logistikbranche

Nahezu alle Unternehmen spüren die negativen Folgen der Corona-Krise, doch die Logistik wird jetzt und vor allem danach gebraucht

Die Logistik-Branche gerät in der Corona-Krise in extreme Situationen: Während einige Unternehmen, die für die Lebensmittel- oder Pharmaindustrie fahren oder Kurier-, Express und Paketdienste anbieten stark gefordert sind, geraten die Dienstleister von stillstehenden Produktionsunternehmen oder des stationären Handels in existenzielle Bedrohung. „Gerade jetzt brauchen wir die Logistik für die Versorgung von Firmen und Menschen. Wir müssen alles tun, um diesen Unternehmen zu helfen, denn nach der Krise kann die Wirtschaft ohne sie nicht wieder anfahren“, betont IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Marc Lucassen.

Rund 6.500 Transport- und Logistikunternehmen – vom selbstständigen Kurierfahrer bis zur internationalen Spedition – gibt es in der Region. Hinzu kommen mehrere Tausend Industrie- und Handelsunternehmen, die eigene Logistikabteilungen oder Fuhrparks unterhalten. Mehr als 40.000 Menschen in Bayerisch-Schwaben arbeiten in der Logistik. Das „schwäbische Logistik-Viereck“ zwischen Ulm, Augsburg und dem Allgäu zählt nach einer Untersuchung von Fraunhofer SCS (Supply Chain Services) für die IHKs Schwaben und Ulm zu den bundesdeutschen „Top-Logistik-Regionen“. Maßgeblich dafür ist die regionale Branchenstruktur und die im bundesweiten Vergleich hohe industrielle Wertschöpfung. Logistik und Industrie sind wechselseitig aufeinander angewiesen: Wo produziert wird, muss auch transportiert werden. „Die Logistik ist systemrelevant, und das werden wir besonders dann spüren, wenn in regional starken Branchen wie dem Maschinenbau und der Kfz-Zulieferindustrie die Produktion wieder anläuft“, so Dr. Lucassen.

Für etliche Logistiker geht es ums Überleben
Mehr als 94 Prozent der Unternehmen im Verkehr und der Lagerei spüren nach einer aktuellen Mitgliederumfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) negative Auswirkungen der Corona-Krise auf ihre Geschäfte. Mehr als die Hälfte ist wegen der Einschränkungen in Gastgewerbe, Einzelhandel und Produktion von Auftrag-Stornos betroffen. Das gilt auch für Bayerisch-Schwaben: Bei vielen Unternehmen sind Fahrzeuge abgestellt, einige wenige hingegen arbeiten an der Kapazitätsgrenze. „Wir erleben schwere Verwerfungen innerhalb der Branche“, fasst der IHK-Hauptgeschäftsführer zusammen. „Für etliche Unternehmen wird es in den nächsten Monaten ums Überleben gehen. So gab es schon vor Corona einen teils ruinösen Preiswettbewerb in der Branche, und dieser wird danach nicht weniger aggressiv werden. Wir brauchen auch mit Blick auf ausländische Wettbewerber stabile Rahmenbedingungen für den Warenverkehr in Deutschland und in der EU“.

Wer Aufträge hat, hat andere Sorgen: Im internationalen Verkehr machen die Grenzkontrollen mit langen Wartezeiten die Planung des Fahrzeug- und Personaleinsatzes mitunter extrem schwierig. Auch eine drohende Quarantäne-Pflicht für Fahrer bei ihrer Rückkehr aus Nachbarländern verhindern jegliche Disposition. Viele Unternehmen, die für die Lebensmittel- oder Pharmabranche unterwegs sind, suchen dagegen nach Fahrern. Etliche Speditionen unternehmen Anstrengungen, um ihre Fahrer zu halten: „Aber geschlossene Autobahnraststätten oder Kunden, bei denen der Fahrer bei der Anlieferung aus Angst vor Ansteckung nicht einmal mehr die Toilette benutzen darf, konterkarieren das“, berichtet Martin Birling, Branchenbetreuer Verkehr und Logistik bei der IHK, aus einem Telefonat mit einem heimischen Logistiker.

Auf der Empfänger-Seite wiederum berichtet schon jetzt jedes fünfte Unternehmen über logistische Engpässe: zum Teil wegen fehlender Vorprodukte, zum Teil auch, weil internationale Transportketten abgerissen sind. Jedes achte Unternehmen erklärt, es habe infolge der Verwerfungen seine Lieferketten umorganisieren müssen.

Im Personenverkehr ist das Geschäft zusammengebrochen
Neben dem Güterverkehr leidet der Personenverkehr massiv unter der Corona-Krise: „Den Busunternehmen ist das Geschäft fast komplett weggebrochen, vom Schüler- über den Pendler- bis zum Reiseverkehr. Taxi- und Mietwagenunternehmen klagen über einen Umsatzrückgang von bis zu 80 Prozent, denn es gibt praktisch keine Geschäfts- und Freizeit-Reisen und fast niemand mehr muss derzeit zum Bahnhof oder Flughafen“, sagt Martin Birling, Branchenbetreuer Verkehr und Logistik bei der IHK. „Das ist existenzbedrohend.“

Dr. Lucassen abschließend: „An der Logistik lassen sich viele Herausforderungen der Coronakrise ablesen. Umsätze brechen ein, regionale und internationale Warenströme geraten ins Stocken. Klar ist allerdings: eine leistungsstarke Logistik auf der Straße, der Schiene und in der Luft ist die Voraussetzung für einen erfolgreichen Re-Start.“