HWK Schwaben bemängelt: Gesetz ist für das schwäbische Handwerk uneindeutig, unpraktikabel und ungerecht
Die Handwerkskammer für Schwaben kritisiert die beschlossenen Änderungen am Infektionsschutzgesetz mit einer bundesweit geregelten Notbremse. „Anstatt Wege aus dem Dauer-Lockdown aufzuzeigen, erzeugen wir immer noch mehr Irrungen und Wirrungen bei den sowieso schon unübersichtlichen Regelungen und Verordnungen“, zeigt sich Hans-Peter Rauch, Präsident der Handwerkskammer für Schwaben, verärgert. „Zwar ist das Ziel richtig, die Dritte Welle bundeseinheitlich und wirksam einzudämmen, das Gesetz ist jedoch für das Handwerk uneindeutig, unpraktikabel und ungerecht. Die Politik versteht es wirklich, immer noch eins draufzusetzen, und beweist wieder einmal, wie weit weg sie von der Praxis ist.“
Infektionsschutzgesetz zu inzidenzbezogen und zu interpretationsanfällig
Das neue Infektionsschutzgesetz ist kritisch zu sehen, weil es das Infektionsgeschehen vor Ort nur unzureichend abbildet, indem weiter einzig die Inzidenz im betreffenden Landkreis entscheidend dafür ist, ob die Bundes-Notbremse mit den damit verbundenen, teilweise sehr umfänglichen Grundrechtseingriffen gezogen werden muss.
Zudem sind die Regelungen nicht hinreichend präzise, wodurch sie interpretationsanfällig sind und zu unterschiedlichen Auslegungen vor Ort führen werden. Damit bringt auch das novellierte Infektionsschutzgesetz nicht die Klarheit und Planungssicherheit, die sich viele Handwerksbetriebe erhofft hatten, und die sie in diesen ohnehin ungewissen Zeiten so dringend brauchen. „Im Gegenteil: Trotz dieser für die Betroffenen oft unklaren Vorgaben drohen ihnen bei Nichteinhaltung der Regeln erhebliche Bußgelder oder Strafen, das ist eine Unverschämtheit“, erklärt Rauch weiter.
Schwäbische Handwerksbetriebe benachteiligt
Die Notbremse des Bundes sollte auch zu bundesweit einheitlichen Regelungen führen. Vielfach gelten jedoch in Bayern strengere Regeln. Laut der bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung dürfen beispielsweise Kosmetik-Salons bei einer 7-Tage-Inzidenz von über 100 nur Gesicht, Hände und Füße behandeln. Im Infektionsschutzgesetz des Bundes gibt es diese Einschränkungen nicht. „Ohne einheitliche Regelungen bedeutet dies einen erheblichen Wettbewerbsnachteil für unsere Betriebe“, befürchtet Ulrich Wagner, Hauptgeschäftsführer der HWK Schwaben. „Außerdem sollen die künftigen Notbremsen-Verordnungen des Bundes auch für Präzisierungen, Erleichterungen oder Ausnahmen genutzt werden. Und das wird jetzt in keinster Weise erfüllt.“
Mängel im Gesetz müssen dringend beseitigt werden
„Wir erwarten von der Politik, dass einige Regelungen im novellierten Infektionsschutzgesetz mittels der anstehenden Bundesverordnungen unbedingt korrigiert werden“, so Wagner. So ist beispielsweise unklar, ob ein Orthopädietechniker, ein Orthopädieschuhmacher, ein Kosmetikstudio und ein Nagelstudio seiner Arbeit weiter nachgehen kann. Das gilt auch für die Frage, ob bei Click and Meet und beim Friseur ein Selbsttest der Kundschaft zulässig ist und wenn ja, wie das Testverfahren ablaufen soll. Zudem gibt es für kleine Geschäfte mit weniger als 20 Quadratmeter Fläche nach wie vor keine Öffnungsperspektive.
„Diese und verschiedene weitere Mängel müssen schnellstmöglich abgestellt werden! Das ist nun vor allem die Aufgabe des bayerischen Gesundheitsministeriums, das in Bayern für den Vollzug des Gesetzes zuständig ist. Unsere Betriebe brauchen Klarheit und zwar sofort. Es kann nicht sein, dass ein Gesetz noch in dieser Woche in Kraft tritt, zugleich so viele Fragen offenlässt – und teils auch an der Lebenswirklichkeit vorbeigeht“, fordert Rauch.
Erneutes Misstrauensvotum gegenüber der Wirtschaft
„Dass parallel zur Notbremsen-Novelle nun gleichzeitig auch die Testangebotspflicht für Betriebe gegenüber ihren Beschäftigten auf zweimal die Woche erhöht werden soll, ist ein neues Misstrauensvotum gegenüber der Unternehmerschaft und verkennt völlig den großen Einsatz unserer Betriebe bei der Pandemieeindämmung“, ärgert sich Rauch. (Bild: Rauch)