Start Nachrichten Region: Go-Ahead muss zum Start auf schwäbischem Bahnnetz Züge stehen lassen

Region: Go-Ahead muss zum Start auf schwäbischem Bahnnetz Züge stehen lassen

Fotograf: Winfried Karg

(dpa) – Das Eisenbahnunternehmen Go-Ahead wird im Dezember bei der Übernahme des wichtigen schwäbischen Regionalbahnnetzes rund um Augsburg nur mit einem eingeschränkten Angebot starten können. Wie der private Bahnanbieter am Mittwoch berichtete, stehen wegen des bundesweiten Fachkräftemangels nicht ausreichend Triebfahrzeugführer zur Verfügung.
Erst im Juni 2023 will Go-Ahead auf den Strecken in Bayern und Baden-Württemberg den Regelfahrplan anbieten. Bis dahin werden einzelne Verbindungen gestrichen – teils ist auch ein Bus-Ersatzverkehr geplant. Das Verkehrsministerium in Stuttgart reagiert mit scharfer Kritik. Von der Bayerischen Eisenbahngesellschaft, die den Regionalverkehr im Freistaat kontrolliert, war hingegen zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.
Go-Ahead sprach von einem «Start mit Hindernissen». Geschäftsführer Fabian Amini sagte, es solle vermieden werden, dass die Kunden und Kundinnen täglich mit ausfallenden Zügen konfrontiert werden. «Daher reduzieren wir lieber von Anfang an und machen das öffentlich bekannt, damit die Fahrgäste sich darauf einstellen können.»
Das Unternehmen hatte 2018 die Ausschreibung der fahrgaststarken Regionalbahnlinie von München über Augsburg nach Ulm gewonnen. Bislang betreibt noch die Deutsche Bahn (DB) mit ihrem «Fugger-Express» die Strecke. Zusätzlich soll Go-Ahead vom 11. Dezember an von Augsburg aus über Donauwörth nach Aalen fahren. Auch die Strecke weiter nach Franken über Treuchtlingen und Ansbach nach Würzburg gehört zu dem Augsburger Netz.
Die geplanten Einschränkungen zwischen Donauwörth, Nördlingen und Aalen sorgen für die Verärgerung in dem Ministerium in Stuttgart. «Bayern First ist hier fehl am Platz!», sagte Ministerialdirektor Berthold Frieß. «Bis in den Februar hinein ist unklar, wie viele Züge fahren werden und wie oft die Fahrgäste auf dem baden-württembergischen Ast stattdessen in Ersatzbusse steigen müssen.» Auch danach gebe es Einschränkungen. Bayern dürfe den Go-Ahead-Verkehr im Nachbarland nicht wegen Personalmangels hintenan stellen.
Bereits seit dem vergangenen Jahr fährt Go-Ahead die Allgäu-Route zwischen München und Lindau am Bodensee, die ebenfalls beide Bundesländer tangiert. Seit 2019 ist der Anbieter zudem auf mehreren Strecken in Baden-Württemberg aktiv. Die deutschen Go-Ahead-Gesellschaften sind Töchter eines internationalen Konzerns mit Sitz in England, der Bus- und Bahnlinien in mehreren europäischen Ländern und Singapur betreibt. (Fotograf: Winfried Karg)

Dazu folgenden PM des Landkreises Augsburg:

Eigentlich sollten sich mit dem Fahrplanwechsel am 11. Dezember für Bahnpendelnde im Landkreis Punkte wie Sauberkeit, Pünktlichkeit und Service nur verbessern. Denn zu diesem Zeitpunkt stellt der rote Fugger-Express der DB Regio seinen Dienst ein und die Firma Go-Ahead, die vor vier Jahren die Ausschreibung der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) im Auftrag des Freistaats gewonnen hat, übernimmt die Fahrten der Züge RB 86, RB 87 und RE9 auf den Strecken von Augsburg nach Dinkelscherben/Ulm bzw. von Augsburg nach Donauwörth. Doch jetzt kommt alles anders: Aufgrund des branchenweiten Personalmangels bei Lokführerinnen und Lokführern wird der Regionalzugverkehr rund um Augsburg in den ersten Monaten lediglich in einem reduzierten Umfang möglich sein. Man werde laut Go-Ahead mit einem Drei-Stufen-Konzept starten, welches einen Start- und Übergangsfahrplan vorsieht, so dass spätestens ab Juni 2023 alle bisherigen Fahrten in vollem Umfang dargestellt werden können. Das heißt für den Landkreis Augsburg konkret, auf der Strecke des RB87 werden bis voraussichtlich Juni 2023 von Montag bis Freitag in der Zeit von 8.30 und 15.30 Uhr die Verstärkerzüge ausfallen, die ausschließlich zwischen Augsburg und Meitingen pendeln. Überdies wird der geplante 30-Minuten-Takt zwischen Augsburg und Dinkelscherben, der ab 11. Dezember an den Samstagen neu eingeführt werden sollte, vorerst nicht realisiert werden können.

Unzureichende Kommunikation sorgt für Ärger

Landrat Martin Sailer ärgert sich über die kurzfristige Kommunikation des neuen Betreibers: „Uns wurde von Go-Ahead in den vergangenen Monaten mehrfach versichert, dass zum Fahrplanwechsel alles planmäßig ablaufen wird. Dass wir nun drei Wochen vor dem geplanten Start diese Hiobsbotschaft erhalten, überrascht mich sehr negativ. Schließlich darf man davon ausgehen, dass das Problem schon weitaus länger bekannt war. Unsere Bürgerinnen und Bürger verlassen sich darauf, dass ihnen ein gut funktionierender Regionalverkehr zur Verfügung steht. Es ist nun die Aufgabe von Go-Ahead, schnellstmöglich eine adäquate Lösung zu präsentieren, um den vertraglich vereinbarten Rahmen einzuhalten.“

In Gersthofen, Gablingen, Langweid und Herbertshofen wird der Bahnverkehr zeitweise halbiert, Meitingen verliert einen Zug pro Stunde

Dieser Meinung sind auch Gersthofens Bürgermeister Michael Wörle, Gablingens Bürgermeisterin Karina Ruf, Langweids Bürgermeister Jürgen Gilg und Meitingens Bürgermeister Dr. Michael Higl. Da ihre Kommunen direkt an der Bahnstrecke des RB87 liegen, sind sie am meisten von den kommenden Einschränkungen betroffen. „Aktuell sieht es so aus, als würden wir in Gersthofen, Gablingen, Langweid und Herbertshofen zwischen 8.30 und 15.30 Uhr für etwa ein halbes Jahr nahezu die Hälfte unserer Züge verlieren“, fasst Bürgermeister Gilg zusammen. „Das ist für uns definitiv nicht akzeptabel. Wir bauen unseren Bahnhof in Langweid schließlich nicht grundlos für mehrere Millionen Euro barrierefrei um.“ Als „absolut falsches Zeichen im Zusammenhang mit der angestrebten Mobilitätswende“ bezeichnet Bürgermeisterin Karina Ruf die Ausdünnung des Zugverkehrs: „Wir haben in Gablingen gerade erst kürzlich die Bahnsteige erhöhen lassen und eine Bike-and-Ride-Anlage eingerichtet, um den öffentlichen Nahverkehr für unsere Bürgerinnen und Bürger attraktiver zu gestalten. Die Streichung der Züge ist mehr als nur ein kleiner Rückschritt für uns und überaus unglücklich.“ Ähnliche Sätze hört man auch aus der Stadt Gersthofen, die für die Modernisierung ihres Bahnhofs in den vergangenen Jahren insgesamt zwölf Millionen Euro aufgebracht hat. „Ich würde ja mal gerne von den Verantwortlichen wissen, nach was für Maßstäben sie entschieden haben, welche Strecken ihrer unzureichenden Personalplanung zum Opfer fallen“, so Bürgermeister Wörle. „Ich weiß nicht, ob hier in Bezug auf die Fahrgastzahlen die Prioritäten richtig gesetzt werden.“ Der Markt Meitingen „verliert“ zwar nur einen Zug pro Stunde, im Ortsteil Herbertshofen ist man aber genauso hart betroffen wie in Langweid, Gablingen und Gersthofen. Bürgermeister Dr. Michael Higl setzt auf den bislang guten Austausch mit Go-Ahead: „Bei aller Enttäuschung über die Situation habe ich auch Verständnis für die Verantwortlichen. Denn gegen den allseits spürbaren Fachkräftemangel können auch sie, die nach meiner Wahrnehmung bereits seit geraumer Zeit sehr große Anstrengungen im Bereich der Personalgewinnung unternehmen, recht wenig ausrichten. Ich hoffe nur, dass die nun kommunizierten Fahrpläne auch tatsächlich gefahren werden. Denn die Planbarkeit ist für alle Pendlerinnen und Pendler das Allerwichtigste.“

Im weiteren Vorgehen wünschen sich die Kommunalpolitiker eine bessere, offene und frühzeitige Kommunikation der Betreiberfirma. „Probleme lösen sich nicht in Luft auf, nur weil man sie versucht zu verdrängen oder zu verschweigen“, so Landrat Martin Sailer. „Deshalb ist es nun umso wichtiger, keine falschen Versprechungen mehr zu machen, rasch Fachkräfte zu finden und die vorhandene Personallücke zu schließen, um die Bahnpendlerinnen und Bahnpendler im nördlichen Landkreis so wenig und kurz wie möglich zu belasten.“