Zu Beginn der heutigen Sitzung des Bezirkstags Schwaben erinnerte Bezirkstagspräsident Martin Sailer die Bezirksrätinnen und Bezirksräte an ihre Verpflichtung, hinter der Verfassung zu stehen. In seiner Rede positionierte sich Sailer klar gegen rechtsextreme Ideologien.
„Ich bin zutiefst schockiert über die Vertreibungspläne, die von AfD-Politikerinnen und Politikern und rechtsextremen Netzwerken gesponnen werden, welche Parolen vor kurzem öffentlich gegröhlt wurden und darüber, wie geschichtsvergessen einige Menschen offenbar geworden sind“, sagte Sailer in der heutigen Sitzung des Bezirkstags Schwaben. „Das, was wir derzeit erleben, erinnert an die dunkelsten Zeiten unserer Geschichte.“ Dabei verwies Sailer auch auf die Aufgaben des Bezirks Schwaben, der insbesondere auch für Soziale Hilfen zuständig ist: „Jetzt müssen alle Demokraten und alle Menschen, denen unsere offene Gesellschaft am Herzen liegt, aufstehen und klare Kante zeigen. Ich sage Ihnen hiermit deutlich und unmissverständlich: Solange ich Bezirkstagspräsident von Schwaben bin, ist hier, in unserem demokratisch gewählten Bezirkstag, kein Platz für Rassismus, es ist kein Platz für Diskriminierung, und kein Platz für Hass und Hetze. Gerade wir als Bezirk sind dazu verpflichtet, alle Menschen in unserer Gesellschaft zu unterstützen. Und dazu gehören alle, die hier bei uns in Schwaben leben.“ Abschließend appellierte Sailer an alle Demokratinnen und Demokraten: „Es ist jetzt an der Zeit, dass wir uns gegen Hass und Hetze wehren.“
Anlass für das Statement des Bezirkstagspräsidenten sind neben dem Potsdamer Geheimtreffen von Rechten, Rechtsextremen, mehreren Mitgliedern der AfD und einzelnen Mitgliedern der CDU vom vergangenen November unter anderem die Vorfälle um den AfD-Landesparteitag in Greding: Wie der Bayerische Rundfunk zunächst berichtete, sollen Besucherinnen und Besucher des Parteitags in einer Diskothek rechtsradikale Parolen skandiert haben. Unter den Feiernden war zu diesem Zeitpunkt auch Franz Schmid (AfD), Mitglied des Bezirkstags von Schwaben und Landtagsabgeordneter. Ein Foto der Bezirksrätin Gabrielle Mailbeck (AfD) belegt zudem, dass Vertreter der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ auf dem AfD-Landesparteitag anwesend waren. (Bild: Knöchel)
Die Rede im Wortlaut:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich kann die heutige Sitzung nicht beginnen, ohne zu den Vorfällen der vergangenen Tage Stellung zu beziehen.
Ich bin zutiefst schockiert über die Vertreibungspläne, die von AfD-Politikerinnen und Politikern und rechtsextremen Netzwerken gesponnen werden, ich bin schockiert darüber, welche Parolen vor kurzem öffentlich gegröhlt wurden, und ich bin schockiert darüber, wie geschichtsvergessen einige Menschen offenbar geworden sind. Das, was wir derzeit erleben, erinnert an die dunkelsten Zeiten unserer Geschichte. Wir leben offenbar in einer Zeit, in der sich manche wieder trauen, ihre Menschenverachtung offen auszusprechen. Einer Zeit, in der Menschen gegeneinander ausgespielt werden, um eine abscheuliche Ideologie zu bedienen. Einer Zeit, die nicht nur namhafte Historiker an die Unruhen der Weimarer Republik erinnert. Jetzt müssen alle Demokraten und alle Menschen, denen unsere offene Gesellschaft am Herzen liegt, aufstehen und klare Kante zeigen. Ich sage Ihnen hiermit deutlich und unmissverständlich:
Solange ich Bezirkstagspräsident von Schwaben bin, ist hier, in unserem demokratisch gewählten Bezirkstag, kein Platz für Rassismus, es ist kein Platz für Diskriminierung, und kein Platz für Hass und Hetze. Gerade wir als Bezirk sind dazu verpflichtet, alle Menschen in unserer Gesellschaft zu unterstützen. Und dazu gehören alle, die hier bei uns in Schwaben leben. Alle, die die deutsche Staatsbürgerschaft, ein Aufenthaltsrecht o-der auch eine Duldung haben, sind zurecht ein wertvoller Teil unserer Gesellschaft. Wir, der Bezirk Schwaben, leben unsere europäischen Werte und stärken diese in unserer Partnerschaftsarbeit. Jeder, der die Geschichte unserer Region kennt, weiß: Zuwanderung hat Schwaben nachhaltig und positiv geprägt. Ohne Zuwanderung würde es unsere Heimat, so wie sie heute ist, nicht geben. Und jeder, der nur einen Funken Ahnung von unserer Wirtschaft hat, weiß: Ohne Fachkräfte aus dem Ausland würde unser Land in wenigen Jahren stillstehen.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich stehe hier vor Ihnen als Bürger unseres Landes, als Europäer, und als Familienvater. Ich hatte das Glück, in einer demokratischen und offenen Gesellschaft aufzuwachsen. Heute stehe ich dafür ein, dass auch kommende Generationen in einem demokratischen Rechtsstaat leben dürfen! In einer Gesellschaft, die die Schwächsten schützt und sich zu unserem Grundgesetz bekennt. Einer Gesellschaft, die auf unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung fußt. Ich werde nicht zulassen, dass diese Grundordnung von rechten Kräften massiv gefährdet wird.
Sehr geehrte Damen und Herren, nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde etwas unwahrscheinlich Wertvolles geschaffen: Unser Grundgesetz. Nie wieder sollten derartig niederträchtige Menschenrechtsverletzungen begangen werden, nie wieder soll uns unsere Demokratie geraubt werden. Ich darf Sie alle an Artikel 1 des Grundgesetzes erinnern: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
wir alle hier haben einen Eid geschworen. Ich erinnere Sie nachdrücklich an unsere Verpflichtung, hinter unserer Verfassung zu stehen und gegen menschenverachtende Parolen aufzustehen.
Liebe Demokratinnen und Demokraten,
es ist jetzt an der Zeit, dass wir uns gegen Hass und Hetze wehren. Nie wieder ist jetzt!“