Start Nachrichten Oberallgäu: BRK-Haus der Senioren muss ganzen Wohnbereich schließen

Oberallgäu: BRK-Haus der Senioren muss ganzen Wohnbereich schließen

Foto: Melanie Engel

„Der Personalmangel in der Pflege zwingt uns dazu, zum 1. Juli 2023 die Zahl der Betreuungsplätze im BRK-Haus der Senioren in Oberstdorf zu reduzieren. Wir werden den Wohnbereich 4 vorübergehend nicht belegen und die Pflegeplätze von 105 auf 92 reduzieren“, gab Edgar Rölz, Vorstandsvorsitzender des BRK Kreisverbandes Oberallgäu, gerade eine schwerwiegende Entscheidung bekannt.

Die Mitarbeitenden, Bewohner*innen, deren Angehörige sowie der Personalrat und der Heimbeirat wurden am Donnerstag (1. Juni) über die Situation informiert. „Das Wichtigste zuerst: die hier wohnenden Senior*innen müssen nicht um ihre Plätze fürchten und es wird auch keine Kündigungen geben“, beruhigte Edgar Rölz. „Sowohl die Bewohner*innen als auch die Mitarbeitenden werden auf die drei verbleibenden Wohnbereiche verteilt. Für unsere Senior*innen bedeutet dies, dass sie auch weiterhin in dem ihnen vertrauten Haus gut betreut werden – und für unser Personal, das trotz aller Herausforderungen stets mit Herzblut und Idealismus für die Menschen da ist, stellt die Umschichtung eine Entlastung dar.“

Das BRK bedauere die Maßnahme, die jedoch unumgänglich geworden sei, so Rölz weiter. „Eigentlich hätten wir im Haus der Senioren 120 Pflegeplätze. Aufgrund des Fachkräftemangels konnten wir diese in den letzten Jahren jedoch nicht mehr in voller Zahl anbieten. Dabei ist der Bedarf in der Bevölkerung immens. Wir würden den Menschen, die händeringend einen Pflegeplatz suchen, wirklich gerne helfen, denn wir wissen, in welcher Notsituation sie sich befinden, aber wir können schlichtweg nicht. Pflegefachkräfte sind heutzutage Gold wert und kaum zu bekommen.“

Im Haus der Senioren sei eine zusätzliche Lücke entstanden, da vier erfahrene Mitarbeitende im Langzeit-Krankenstand sind. Ein Teil des Bedarfs habe in den zurückliegenden Jahren mit ausländischen Fachkräften gedeckt werden können, „aufgrund von Corona fiel diese Möglichkeit 2020 und 2021 jedoch weg. Seit Herbst 2022 ist das wieder möglich, doch die Lücken können trotzdem nicht geschlossen werden.“ Auch die vorübergehende Beschäftigung von Fachkräften über Zeitarbeits-Firmen sei kein gangbarer Weg mehr. „Die Kosten für diese Leih-Mitarbeitenden sind mittlerweile doppelt bis dreimal so hoch wie für festangestelltes Personal. Das können wir nicht stemmen.“

Edgar Rölz nimmt die Politik und andere Akteure wie die Kranken- und Pflegekassen in die Pflicht: „Wenn man die Zahl der Pflegebetten zumindest auf dem heutigen Stand halten will, ist umgehendes Handeln angesagt. Die aktuellen Rahmenbedingungen ermöglichen es nicht, eine Senioreneinrichtung zukunftsfähig zu führen. Dabei ist der Handlungsbedarf seit langem offensichtlich und wird immer drängender, denn es gibt hier keine kurzfristigen Lösungen. Alle Maßnahmen werden erst mittel- bis langfristig nachhaltige Wirkung zeigen.“ Ideen zur Verbesserung der Lage seien bereits vielfach von verschiedensten Seiten deutlich kommuniziert worden. „Wir brauchen eine Flexibilisierung der Strukturvorgaben, mit der den tatsächlichen Gegebenheiten Rechnung getragen wird. Und wir brauchen eine Aufwertung der Pflegeberufe sowie eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal. Dazu gehört auch eine deutliche Entbürokratisierung, damit es bei der Pflege nicht mehr um Dokumentationen, sondern endlich wieder um die Menschen geht. Erst dann werden wir wieder mehr Arbeitnehmer für Berufe in der Pflege begeistern können.“ (Foto: Melanie Engel)