Archäologischer Park wird erweitert – Neue wissenschaftliche Erkenntnisse durch die Geophysik
Deutlich zeichnet sich auf dem CAD-Plan ein großes Mauerwerk in Form eines Halbkreises (etwa 6,50 Meter Durchmesser) ab. Es gehörte einst zum spätrömischen Kastell Caelius Mons, aus dem der heutige Ort Kellmünz hervorgegangen ist. Im Juni 2021 fanden dort geophysikalische Messungen statt (siehe PM vom 16.06.2021). Deren auffälligstes Resultat, den Halbkreis, deutet Kreisarchäologe Stefan Reuter als „Apsis, wie sie damals ausschließlich bei repräsentativen Großbauten vorkam“.
Untermauert wird damit die Hypothese, dass sich in dem bislang archäologisch nicht untersuchten rückwärtigen Bereich des Kastells einst die Kommandantur oder die Unterkunft des befehlshabenden Offiziers befand. „Die Apsis könnte Teil eines Empfangs- oder Versammlungssaales gewesen sein“, erläutert Reuter. Er bringt aber noch eine andere mögliche Interpretation ins Spiel: Die ermittelten Strukturen könnten auch auf eine Bäderarchitektur hinweisen. Eine römische Therme im Kastell Caelius Mons? Diese Vermutung ist so neu wie spektakulär.
Die bisherigen Erkenntnisse und Annahmen über die Wehranlage hoch über der Iller gründen auf archäologischen Grabungen und anderen wissenschaftlichen Untersuchungen, die im Jahr 1901 ihren Ursprung haben. Die bislang letzten größeren, systematischen Untersuchungen fanden unter dem Münchner Professor Michael Mackensen zwischen 1986 und 1993 statt. Nun gibt es neues Datenmaterial, das aus der geoelektrischen Widerstandskartierung und der Aussendung von magnetischen Wellen in den Boden, genannt Georadar, resultiert.
Dabei wurden mehrere Bauspuren im Untergrund aufgespürt. Am auffälligsten darunter: der eingangs erwähnte Halbkreis. Um mehr darüber zu erfahren, müsste nun gegraben werden. Aber Kreisarchäologe Stefan Reuter und Franziska Honer, die Leiterin der Kreismuseen, überlegen noch. Großflächige Grabungen auf dem Erweiterungsgelände des Archäologischen Parks würden die wertvollen Bodenstrukturen für immer zerstören. Schon eher tendieren Reuter und Honer zu sogenannten Sondagen. Das sind kleine, minimalinvasive Ausgrabungen, die es ermöglichen, den Erhaltungszustand und das Alter der Relikte zu erkennen, ohne die Bodendenkmale großflächig zu zerstören.
Rücksicht darauf will man auch bei den angedachten Um- und Anbauten auf dem Erweiterungsgelände nehmen. Dort befindet sich der ehemalige Zehentstadel aus dem mittelalterlichen Kellmünz. Den hinteren Teil des historischen Gebäudes (Rechbergring 7b) hat der Landkreis Neu-Ulm auf Kreistagsbeschluss im Februar 2021 gekauft. Künftig soll darin die archäologische Sammlung des Landkreises präsentiert werden, die seit 2008 im Depot schlummert, weil seither keine geeigneten Ausstellungsräume mehr zu finden waren.
„Noch in diesem Jahr wollen wir mit der musealen Grundlagenermittlung beginnen“, informiert Kulturreferentin Franziska Honer. Es gelte, den Flächenbedarf für das neue Museum zu berechnen. Das Ausstellungsprofil verlange nach Schärfung. Und die Chancen, Fördergelder zu erhalten, sollen ausgelotet werden. „Diese Aufgaben werden ungefähr bis zum Frühjahr 2022 dauern“, schätzt Honer.
Landrat Thorsten Freudenberger verfolgt alles „mit großem Interesse“. Schließlich ist er selbst Historiker, hat Geschichte sowie Deutsch und Sozialkunde am Gymnasium unterrichtet. Er freut sich, „dass der Kreistag mit seiner Entscheidung goldrichtig gelegen ist“. Die aktuelle Entwicklung zeige, „dass wir auf dem richtigen Weg sind“. In den nächsten Monaten und Jahren werde man weiter daran arbeiten, den Archäologischen Park in Kellmünz „noch besser zu erschließen“.