Bekanntgabe der vier Preisträger
Die traditionsreiche Kunstausstellung findet von 12. August bis
29. September 2023 im Hofgartensaal der Residenz in Kempten statt.
Seit 1948 zeigt die Kunstausstellung im Rahmen der Allgäuer Festwoche einen Überblick über das Kunstschaffen im Allgäu. In diesem Jahr werden die zeitgenössisch künstlerischen Positionen der Allgäuer Kunstschaffenden im Hofgartensaal der Residenz gezeigt. Die Stadt Kempten hat erneut alle professionell arbeitenden bildenden Künstler*innen zur Teilnahme eingeladen. Das Anmeldeverfahren wurde heuer erstmals digital durchgeführt. Es haben 157 Kunstschaffende, davon 84 Künstlerinnen und 73 Künstler, insgesamt 271 Werke zur Jurierung eingereicht.
Die siebenköpfige Jury unter dem Vorsitz von Oberbürgermeister Thomas Kiechle hat getagt, begutachtet, diskutiert, begründet und entschieden. Auch 2023 wurden alle vier ausgelobten Preise zuerkannt:
– der Kunstpreis der Stadt Kempten (Allgäu), dotiert mit 5.000 EUR
– der Thomas-Dachser-Gedenkpreis, dotiert mit 4.000 EUR
– der Förderpreis der Dr.-Rudolf-Zorn-Stiftung, dotiert mit 3.000 EUR
– das Ausstellungsstipendium der Sparkasse Allgäu, dotiert mit 2.000 EUR
„In diesem Jahr war die Qualität der Werkeinreichungen bemerkenswert hoch und die Auswahl ist uns durchaus schwergefallen“, so Oberbürgermeister Thomas Kiechle.
Gezeigt werden in der diesjährigen siebenwöchigen Ausstellung 60 Werke von insgesamt 52 Kunstschaffenden, davon 30 Künstlerinnen und 22 Künstlern. Die Jury wählte 25 Werke aus dem Bereich der Malerei, 4 Grafiken, 12 Plastiken, 5 Fotografien, 3 Skulpturen, 2 Videoarbeiten, 8 Bildobjekte und 1 Installation aus. Ein Kunstwerk wird im Außenraum ausgestellt. In diesem Jahr haben 13,4% Künstler*innen unter 40 Jahren eingereicht, im Vergleich zu 9% Einreichungen im letzten Jahr. „Ich freue mich sehr, dass in diesem Jahr mehr junge Künstlerinnen und Künstler mit einem Werk vertreten sind und dass wir uns um den kreativen Nachwuchs keine Sorgen machen brauchen“, so Oberbürgermeister Thomas Kiechle.
Bekanntgabe der Preisträger:
Kunstpreis der Stadt Kempten (Allgäu) 2023
Der Kunstpreis der Stadt Kempten (Allgäu) wird der Künstlerin Elke Dreier für ihr zweiteiliges Werk „Massages (Pattern I & II)“, Print auf Textil, verliehen.
Begründung der Jury
Elke Dreier ist eine seriös und ernsthaft arbeitende Künstlerin. Sie schafft keine kommerziell verwertbare Kunst und ihre Werke wirken unprätentiös und nicht aufgesetzt.
Die beiden ausgezeichneten Werke haben eine hohe zeichnerische Qualität. Sie funktionieren als autonome Werke für sich, aber auch als Ideenträger für Körperlichkeit, Bewegung, Dynamik und Luft.
Die sehr ruhigen, poetischen Arbeiten, welche Massagegriffe darstellen, sind eine Auseinandersetzung damit, wie körperliche Bewegungen und Körperlichkeit auf einen Bildträger gebracht werden können. Die Künstlerin schafft es, die körperliche Dimension in einer abstrakten, feinen Zeichnung überzeugend in die Zweidimensionalität umzusetzen. Die Berührungen werden sachlich dargestellt, aber trotzdem kommt das Fließende der Hand zum Ausdruck. Die Linien sehen aus wie Nervenbahnen, sie wirken wie ein künstlerisches Lehrblatt für Massagen oder eine Renaissance-Zeichnung eines Körpers.
Es ist spannend, dass Elke Dreier zwar aus der Bildhauerei kommt, sich aber in die Zweidimensionalität entwickelt hat.
Auch technisch ist die Umsetzung interessant, denn es sind ja eigentlich weiße Stoffe, die blau bedruckt sind. Es sieht so aus, als wären die weißen Streifen beim Drucken übriggeblieben. Das ist ein spannender Umgang mit dem Material und dem Druckvorgang.
Die Leichtigkeit des Stoffes korrespondiert mit der Linienführung. Trotz der großen Dynamik ist es eine in sich geschlossene Zeichnung, die sich an der Ausdehnung des menschlichen Körpers orientiert.
Elke Dreier über ihre Arbeit „Massages (Pattern I & II)“
Zwei hochformatige Drucke zeigen weiße Linien und Konturen gedruckt auf tiefblauem Textil. Die beiden Banner Massages (Pattern I & II) deuten menschliche Körper in Rückansicht an. Die Textildrucke sind Anleitungen für Massagen. Sie entstehen unmittelbar aus der Auseinandersetzung mit der Körperlichkeit von Sprache und Schrift.
Die neusten Entwicklungen von künstlich generierten Texten scheinen die Verbindung von Information und Material endgültig aufzulösen. Die „Rückbindung“ der Schrift an Körperbewegungen, die durch endlose manuelle Wiederholung geübt werden und sich so auch als Form in den Körper einschreiben, hat mich sehr interessiert.
Mich hat die Idee beschäftigt, dass es auch körperbasierten, nonverbalen Austausch von Informationen gibt. Damit verbunden ist die Frage, welche sensorischen Informationen hinter dem Rücken wahrgenommen werden können.
Die kontinuierliche Wiederholung und Variation der Bewegung erinnert an den Prozess des Modellierens von Faltenwürfen in Ton. Die Formensprache klassischer Draperien, mit dem Spiel zwischen Zeigen und Andeuten des Körpers, bei dem Bewegung nur indirekt abgelesen werden kann, ist tief beeindruckend. Aus diesem Kontext heraus entstanden die Massages, die sowohl als stoffliche Information als auch als Anleitung für neue Bewegungsmuster gelesen werden können.
Vita: Elke Dreier
1984 geboren in Memmingen
AUSBILDUNG / STUDIUM
2021 Diplom, akademischer Grad, Freie Kunst/ Bildhauerei Akademie der Bildenden Künste, München
2015 Diplom, Freie Kunst/ Bildhauerei, Akademie der Bildenden Künste München
seit 2014 Meisterschülerin Professor Olaf Nicolai
2011-2015 Studium der Bildhauerei und Grundlagen des dreidimensionalen Gestaltens, Professor Olaf Nicolai
2008-2011 Studium der Bildhauerei, Professor Nikolaus Gerhart
2008 Gesellenbrief Holzbildhauerei, Berufsfachschule für Holzbildhauerei und
Schreinerei des Landkreises Berchtesgadener Land
LEHRE
2022 Kuration und Organisation Symposium „Bodies Move Differently in Presence – Körper im analogen Raum im Zeitalter digitaler Kommunikation“, am Lehrstuhl für Bildende Kunst, TUM School of Engineering and Design
seit 2019 künstlerisch/wissenschaftliche Mitarbeiterin, Lehrstuhl für Bildende
Kunst, Professorin Tina Haase, TUM School of Engineering and Design
Lehre im Fach Bildende Kunst in den Kursen Bildnerisches Gestalten (BA), Experimentelles Gestalten (BA), Experimental Creation (BA, englisch), Künstlerisches Projekt (MA)
PREISE / FÖRDERUNGEN / RESIDENCIES
2021 Stipendium der Dr. Marschall Stiftung
2019 Förderung durch die LfA Förderbank Bayern
2018 Stipendium für Bildende Kunst der Landeshauptstadt München
2018 Projektförderung der Karin Abt-Straubinger Stiftung
2018 Nominierung für den Bayerischen Kunstförderpreis, Sparte Bildende Kunst
2018 Collection Born Residency at Château de Dampierre-sur-Boutonne
2017-2020 Atelierförderung, Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst
2017 Residency an der Fondazione Pastificio Cerere, Rom (3 Monate)
Stipendium des Schafhof, Europäisches Künstlerhaus Oberbayern
2015 Debütantenförderung/Katalogförderung des Bayerischen
Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst
2015 Projektförderung der Erwin und Gisela von Steiner Stiftung
2014 Max von Widnmann Kunstpreis
PUBLIKATIONEN
2020 „Sichtbare Unsicherheit und Unsicherheit des Sehens“, Hammann von
Mier Verlag
2015 „Various Forms Not Defined As Communication“, Gedok Verlag
EINZELAUSSTELLUNGEN
2021 „Betrachtungen des Waldes“ GiG München
2019 „Training for the Future/Future Routines“
Ausstellung, Lecture und Talk, mold, Karlsruhe in Kooperation mit dem Kunstbüro der Kunststiftung Baden-Württemberg
2018 Cold-Mixed Perception Ausstellung & Lecture „Sichtbare Unsicherheit
und Unsicherheit des Sehens“
2016 Karin Wimmer – Young Art Space, München
2016 An Archive of Real Resemblance, Kunstraum Bogenhausen, München
2015 Timing Faced With Beat, Galerie GEDOK, München
GRUPPENAUSSTELLUNGEN (AUSWAHL)
2023 New Narratives, Stockfish-Filmfestival Reykjavik, invited by Physical Cinema, Helena Jonsdottir
2023 Landschaft. Münchener Secession, Neuer Geschichtsboden, Vatersdorf
2022 totheland, Ausstellung im Perlacher Forst, München
2022 KHBiSix, GRAND TOUR, München
2022 Neue Mitglieder der Münchener Secession in der Galerie des Vereins für
Originalradierungen, München
2022 GROB #nombregratis (eingeladen von Jeannine Große), Ausstellung der Klasse Bild, Raum, Objekt, Glas, Burg Giebichenstein
2021 Stories of Empathies, Künstler*innenhäuser Worpswede
2021 RUINE München, Space Lucky, Inning am Ammersee
2020 Götzendämmerung, Künstlerverbund, Haus der Kunst, München
2020 ‚Man sagt, dass der Kontakt zwischen den beiden Linien an zwei Punkten stattfindet, die unendlich nah sind …‘ Kunstpavillon im Alten Botanischen Garten, München
2019 Jahresgaben, Kunstverein München
2019 Die Flüchtigkeit des Augenblicks, Rathaus München
2019 Training for the Future, Z Common Ground, München
2018 Jahresgaben, Kunstverein München
2018 MATTATOIO, Talent Prize Exhibition, InsideArt, Rom
2018 Chinese Whispers, nationalmuseum, Project Space Festival, Berlin
2018 Memotion, Europäisches Künstlerhaus, Schafhof, Freising
2017 SO LONG, Fondazione Pastificio Cerere, Rom
2017 Collection Born at Château de Dampierre-sur-Boutonne, Frankreich
2016 Karl Schmidt Rottluff Stipendium, Kühlhaus Berlin
2016 Die ersten Jahre der Professionalität 35, Galerie der Künstler, München
2015 München Pavilion, EMAC-Festival, Rijeka
2014 VIDEODOX, Galerie der Künstler, München
2014 GASTSPIEL und Videoscreening OPENART Fest, Galerie Thomas
Modern, München
2014 True Lab, EIGEN + ART Lab, Berlin
Thomas-Dachser-Gedenkpreis
Für ihr zweiteiliges Gemälde „Morgenstille“ zeichnet die Jury die Künstlerin Agathe Haslach aus Maria Rain mit dem Thomas-Dachser-Gedenkpreis 2023 aus.
Begründung der Jury
Das zweiteilige Gemälde „Morgenstille“ von Agathe Haslach ist klassische Malerei, aber formal wunderbar umgesetzt. Die Lichtführung ist von oben nach unten stimmig durchgeführt und zieht die Betrachter*innen in das Bild hinein. Die Idee, den Schatten und die Lichtführung vom oberen ins untere Bild weiterzuführen, ist sehr gut gelöst. Die Konzentration auf das Licht, die Lichtintensität, verblüfft immer wieder. Das Gemälde hat dadurch etwas Altmeisterliches, man erkennt nicht mehr, wie es gemacht wurde. Die Künstlerin „zaubert“ mit dem Pinsel und den Farben. Die Technik verschwindet vollkommen hinter dem Sujet.
Die beiden Bilder haben eine große atmosphärische Qualität. Sie hängen übereinander und werden doch als ein Bild gelesen. Die Fortsetzung nach unten ist auch von der Komposition her schlüssig und raffiniert gelöst. Durch das eher kleine Format wirken die Bilder sehr konzentriert. Durch die Teilung der zwei Bilder wird erst klar, dass das Licht das zentrale Element ist: dieses milchige, verrauchte, vernebelte Licht.
Die neueste Entwicklung der Künstlerin ist die Zweiteilung von Werken. Dabei geht sie immer neue und überraschende Wege. Nach ihrer Ausbildung als Holzbildhauerin hat sie eine Malerei-Ausbildung an der privaten Malschule von Friedrich Hechelmann durchlaufen und mit Diplom abgeschlossen. Etwas von diesem phantastischen Realismus und seiner Gedankenwelt stecken auch in dem preisgekrönten Werk.
Agathe Haslach über ihre Arbeit:
Es ist für mich immer ein besonderer Augenblick, wenn die Morgensonne durchs Fenster kommt, und ihre langen Bahnen zieht.
Der Moment in dem alles noch so friedlich, ruhig und still ist. Zeit zum Innehalten, um die Gedanken zu sortieren, sich erneut zu fragen, was der heutige Tag so bringt.
Im Außen hat der Tag ja schon Einzug gehalten. Die Vögel mit ihrem Gesang, ein Garant für den Tagesbeginn, sind schon längst unterwegs.
Mit meinem Bild wollte ich einen dieser Momente festhalten. Das Licht, das das Außen sowie nach und nach das Innen erhellt.
Zeige ich einen Wohnraum aus scheinbar längst vergangener Zeit? Nein, diese Räume gibt es noch. Sie haben für mich eine besondere Ausstrahlung und die Beschränkung auf das Wesentliche fasziniert mich.
Vita: Agathe Haslach
1990 – 1993 Fachschule für Holzbildhauerei in Oberammergau
1992 Förderpreis der Dannerstiftung
1993 Staatspreis der Regierung von Oberbayern
1998 – 2002 Studium der Malerei an der EA gem. AG in Isny in der Klasse von Friedrich Hechelmann
Stipendiatin während der vierjährigen Ausbildung
2022 Diplom im Fachbereich Malerei
Förderpreis des Rotary-Club Wangen-Leutkirch-Isny
seit 2005 Einzelausstellung und Ausstellungsbeteiligungen
Agathe Haslach lebt in Maria Rain.
Förderpreis der Dr.-Rudolf-Zorn-Stiftung
Jonas Maria Ried aus Weitnau wird von der Jury für sein Videoarbeiten „CIRCLING TREES“ und „KALTES KINO“ mit dem Förderpreis der Dr.-Rudolf-Zorn-Stiftung 2023 ausgezeichnet.
Begründung der Jury
Jonas Maria Ried ist ein ernsthafter Künstler, der in seiner Künstlerlaufbahn bisher sehr viele Ausstellungen gemacht hat und von vielen Ausstellungshäusern angefragt wird. In seinen Arbeiten beschäftigt er sich häufig mit dem Verhältnis von Mensch und Natur.
Der gelernte Holzbildhauer hat bereits in seinem Studium an der Kunstakademie in Stuttgart erste Videoprojekte gemacht. Nach seinem Studium ist er ins Allgäu, in die Nähe von Weitnau gezogen. Er fing an sich damit zu beschäftigen, welche Vorstellungen von ländlicher Idylle und vom Allgäu er als Städter mitbringt. In seinen Arbeiten geht es um die Vereinnahmung der Natur durch „den Städter“.
In „Circling Trees“ wird auf absurde Weise vorgeführt, dass die Natur nur noch eine Plattform für Erlebnisse ist. Die Aktion, sich von einem Baum herunterzuschwingen und dabei die Natur zum Klingen zu bringen, dokumentiert nicht einfach, sondern entwickelt eine Sogwirkung im Bild, die eine sehr hohe formale Qualität hat.
„Das kalte Kino“ ist 2021 im Lockdown entstanden und war für Ried auch eine Metapher für den endlosen Stillstand. Der Künstler hat sich in dieser Zeit ein Iglu gebaut, einen Projektor hineingestellt und im Dunkeln bis 21 Uhr Kino für sich selber gemacht, Einsamkeit und Kälte verspürend. Er inszeniert das Kino, das eigentlich der Zusammenkunft von Menschen dient, und zeigt damit, dass der Mensch in die Natur geht, um sich da in eine freiwillige Isolation zu begeben. Für die Jury ist dieser atmosphärisch dichte, handwerklich großartig umgesetzte Film ein sehr eindrucksvolles Zeugnis dieser Zeit.
Jonas Maria Rieds Videokunst ist sowohl formal als auch in der technischen Umsetzung perfekt. Es stecken viele Gedanken dahinter, die mit der Kulturlandschaft und den Menschen zu tun haben. Der Förderpreis soll ihm dazu dienen neue Werke zu entwickeln und seine Pläne und Ideen umzusetzen.
Jonas Maria Ried über seine Arbeit:
Für die Ausstellung in Kempten wollte ich zwei meiner Videoarbeiten gegenüberstellen, die ganz unterschiedlichen Ansätzen folgen. Das Video KALTES KINO zeigt eine dokumentierte Aktion im Corona-Winter 20/21. Demgegenüber steht die neuere Performance CIRCLING TREES, die explizit auf das Kameraauge ausgelegt war.
Natur – oder konkreter – Landschaft nutze ich als Rahmen und Bühne für meine Aktionen. KALTES KINO war eine spontane Installation: ein Kino als Bühne für meine Arbeiten – ohne Publikum. Es war der zweite und gefühlt längste Lockdown. Mein Wohnort Weitnau war tief im Schnee versunken und ich entschied unangekündigt ein Schneekino auf freiem Feld neben einer Langlaufloipe zu installieren. KALTES KINO war eine Veranstaltung, die keine sein durfte, und sie verweist auf den Stillstand und die einhergehende Häuslichkeit während der Corona-Pandemie. Das Gefühl des nicht enden Wollens dieser Zeit spiegelt sich in den Videos durch endlose Wiederholungen. Abend für Abend wurden meine Videos DREAM OF ICELAND, SESSELLIFT, WALDRANDFICHTE und WASSERSTURZ auf die Schneewand projiziert. Die ungemütliche, eindrücklich kalte Natur vor Ort vermischte sich mit meinen digitalen Naturbildern. In diesem Spannungsverhältnis wurde ich und die wenigen Besucher immer wieder aus der Passivität des Videokonsums herausgerissen.
Die Videoperformance CIRCLING TREES knüpft an die frühere Arbeit WALDRANDFICHTE an, die ich zuvor realisiert habe. Damals hatte ich mit Hilfe einer technischen Konstruktion eine Fichte in Rotation versetzt. Jetzt drehte ich mich in verschiedenen Wäldern wie ein Zirkel um Bäume. Über mehrere Wochen und Monate suchte ich nach freistehenden Bäumen und brachte mir das Klettern bei. Das Seil erzeugte in den Wäldern je nach Baumart unterschiedliche Geräuschkulissen. Auch hier ist es wieder eine bühnenhafte Aktion, in der ich mich in das Landschaftsbild hineinzeichnen oder bohren wollte. Traumwandlerisch und naturverbunden kreise ich um Bäume und schaffe ein persönliches Ritual. Eine weitere Annäherung an die Mensch-Natur-Beziehung.
Vita: Jonas Maria Ried
1989 geboren in München
2009 -2012 Ausbildung zum Holzbildhauer in Garmisch-Partenkirchen
2012-2020 Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart,
Meisterschüler (Weißenhof-Programm)
EINZELAUSSTELLUNGEN
2023 CIRCLING TREES / Kunstraum 34 / Filmwinter Stuttgart
2022 TALKING TO COWS / Schwäbische Galerie / Museum Oberschönenfeld
SNOWGRASSMOUNTAINWOOD / Galerieverein Leonberg
2020 VON DER FICHTE / Cuxhavener Kunstverein
2019 DIE FEUCHTE DER FLUSSRÄNDER / in Kooperation mit dem Künstlerkollektiv MAVA Bahnwärterhaus / Villa Merkel / Esslingen
GRUPPENAUSSTELLUNGEN (Auswahl)
2022 SCHMUNZELN – VON HEITER BIS ABSURD / Städtische Galerie Fruchthalle / Rastatt
2021 WACHSENDE FORMEN / Kunstmuseum Heidenheim
WURZELSPITZEN / Gärtnereiquartier / Seeshaupt
KALTES KINO/ Intervention im öffentlichen Raum, Weitnau
2020 WE GREW SOME EYES / Präsentation der Meisterschüler*innen / Villa Merkel / Esslingen
2019 DONAUESCHINGER REGIONALE / Donauhallen / Donaueschingen
2018 VON TISCH UND TAFEL / Residenzschloss / Ludwigsburg
2017 SQUARE DANCE / Kunst im öffentlichen Raum / Tuttlingen
2016 LEIBHAFTIG / Haus 10 / Fürstenfeldbruck
IN BETWEEN / Projektraum AKKU / Stuttgart
IN BETWEEN / Kunstverein / Marburg
2014 EXPERIMENT LANDSCHAFT / Skulpturenpfad / Nationalpark Nordschwarzwald
PREISE UND STIPENDIEN
2023 Atelierförderung Bayern
2021 Schwaben Kunstpreis
Stipendium Stiftung Kunstfonds
Johann-Georg-Fischer-Kunstpreis
2020 Stipendium Stiftung Kunstfonds
2016 Akademiepreis
Jonas Maria Ried lebt in Weitnau.
Ausstellungsstipendium der Sparkasse Allgäu
Begoña Crespo Vidal aus Betzigau wird für ihre Arbeit „Of course I still love you“ (Steinzeug und Glasuren, 2 x gebrannt und glasiert) von der Jury mit dem Ausstellungsstipendium der Sparkasse Allgäu 2023 gewürdigt.
Begründung der Jury
Das Werk „Of course I still love you“ ist aus keramischer Sicht sehr gut gemacht und bei aller organischen Gestaltung technisch perfekt gearbeitet. Die Arbeit ist aus vielen keramischen Teilen gefertigt, aber noch im lederharten Zustand zusammengesetzt, bossiert, einmal gebrannt und dann mit Glasuren zurückhaltend farbig und harmonisch gestaltet. Im Glasurbrand wurde das Steinzeug ein zweites Mal gebrannt, was von hoher Könnerschaft zeugt, da kaum Brandrisse erzeugt worden sind.
Die Formen für diese Keramik wurden aus der Natur gewählt: Blütenformen, ein Lotussamenstand, abgeformte Kieferknochen von einem Tier und Scherben. Im Zentrum des Arrangements sitzt sehr prominent der gegossene Hase, der als Beuys-Hommage gesehen werden kann. Er schält sich aus der Ansammlung der Objekte und Oberflächen heraus und gibt dem Werk eine starke Dynamik. Das ist nichts Hübsches, auf Dekor Basierendes, sondern eine phantasievolle kompositorische Erfindung in der Kombination der Elemente.
Die Jury freut sich darauf, noch weitere Werke der Künstlerin zu entdecken und vergibt sehr gerne das Ausstellungsstipendium der Sparkasse, damit sie eine Einzelausstellung in der Kunsthalle Kempten durchführen kann.
Das Keramik-Stilleben ist sehr erzählerisch und wird ein breites Publikum ansprechen, es ist allansichtig und lädt dazu ein, darum herumzugehen.
Begoña Crespo Vidal über ihre Arbeit:
Eine nette, adrette Kleinplastik, in ästhetisch ansprechenden Farben, mit einem niedlichen
Hasen – „Flauschig“ würde mein Künstlerkollege Guido Weggenmann sagen. Und dieser romantische Titel – Olala. Was hat sich die Jury bloß dabei gedacht? Oder hat sie nicht genau hingeschaut?
Der Hase steht inmitten von verwelktem Lotus, zwischen Trümmerteilen liegen Knochen, auf einer Halbkugel. An dieser sind Kratzspuren sichtbar. Aus Verzweiflung? Die Farben sind barock – die barocke Lust am Untergang …
Ich stehe als Fremde in einer Welt, in der seit Jahren ständig Krisen ausgerufen werden. Das hatten wir uns sicherlich anders gedacht. Und mein überpersönlicher Anteil weigert sich mitzuspielen. Dieser Spielverderber!
Aber ich schweife ab – also zurück zum Hasen!
Der Hase hat eine lange Tradition in unserem Kulturkreis. Bei Römern und Griechen galt er als Symbol der Fruchtbarkeit, im Christlichen Glauben steht er für Lebenskraft und Auferstehung. Wie großartig!
Auch Dürer hatte seine Hasen. Ja, selbst Beuys hatte seinen Hasen. Auch wenn es blasphemisch anmutet auch noch Beuys ins Spiel zu bringen – dennoch: „Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt“ bleibt unübertroffen! Ich hätte natürlich auch ein niedliches Kätzchen nehmen können, aber das wäre nicht das gleiche. Es funktioniert nur mit dem Hasen. Ich mag Beuys, ich mag Fluxus – welch großartige Zeiten waren das. Und dennoch wird meine Haltung zur Welt ständig neu verhandelt. Daher stand irgendwann die Frage im Raum, wie halte ich es mit der Welt? – Die Antwort gibt der Titel.
Vita Begoña Crespo Vidal
Begoña Crespo Vidal wurde in Madrid geboren und wuchs in Madrid und Frankfurt am Main auf. Im Jahre 2002 zog sie ins Allgäu. Heute lebt und arbeitet sie im Allgäu und in Malaga.
Begoña Crespo Vidal ist Mitglied im BBK Schwaben Süd und im Kunstverein Kempten.
AUSBILDUNG
1978 – 1982 Bildhauerei und plastisches Gestalten bei Prof. Dr. Wolf Spemann, Druckgraphik bei Prof. Schütz, am Kunstinstitut der Goethe-Universität
Biologie und Physik an der Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main, Abschluss 1. Staatsexamen.
1983 – 1985 2. Staatsexamen in Frankfurt am Main
2009 – 2012 Seminar für Waldorfpädagogik, Ravensburg, mit Abschluss
ab 2010 Erlernen verschiedener Heißglastechniken bei Günther Block und Stefan Mischaelis
LEHRE
Ab 1982 Lehrtätigkeit für Keramik, VHS Frankfurt am Main.
Ab1982 Workshops für Malerei und Druckgraphik in Hessen.
Ab 1993 Lehrtätigkeit an Schulen in Hessen und Bayern.
Ab 2019 Lehrtätigkeit als Fachberaterin für Keramik, Kempodium Kempten
GRUPPENAUSSTELLUNGEN (AUSWAHL)
2010 Jahresausstellung bei Endress und Hauser, Nesselwang
2013/15/17/22 Ausstellungen zur Kunstnacht Kempten
2014, 2018 „Werkschau“ , Kunsthalle, Kempten
2015, 2019, 2022 “Kunst am Bach”, Betzigau,
2016 “Werkschau” Foyer Hofgartensaal, Kempten
2019 „Jubiläumsausstellung 20 Jahre Kunstverein“, Hofgartensaal, Kempten
2020 „Kunst aus dem Allgäu“, Marstall im Alpin-Museum, Kempten
2020 Eröffnung Stadthausgalerie, Sonthofen
2021 „Weitergehen“, Galerie Kunstreich, Kempten
2021 „Blick:Punkt Allgäu“, Stadthausgalerie, Sonthofen
2022 Jahresausstellung des BBK, Hofgartensaal, Kempten
2022 „Zeit trifft Licht“, Kunstverein Bad Wörrishofen
Informationen kompakt: 72. Kunstausstellung im Rahmen der Allgäuer Festwoche
Ausstellungsdauer: 12. August bis 29. September 2023
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, von 10 bis 18 Uhr
Ort: Hofgartensaal der Residenz, Eingang über die Hofgartenstraße
Eintritt frei.
Öffentliche Führungen: Jeden Sonntag um 13 Uhr, kostenlos und ohne Anmeldung
Außerdem können private Führungen mit maximal 12 Personen in der Kunstausstellung gebucht werden.
Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog.
Weitere Infos unter www.kempten.de/ausstellungen und facebook.com/kemptenkultur und instagram.com/kulturlieferdienst
Bildunterschrift: Die Preisträger der 72. Kunstausstellung im Rahmen der Allgäuer Festwoche
Bild: Matthias Sienz