Seit 1948 zeigt die Kunstausstellung im Rahmen der Allgäuer Festwoche einen Überblick
über das Kunstschaffen im Allgäu. In diesem Jahr werden die zeitgenössisch künstlerischen Positionen der Allgäuer Kunstschaffenden im Hofgartensaal der Residenz gezeigt. „Ich freue mich sehr, dass die Kunstausstellung in diesem Jahr wieder gemeinsam mit der Allgäuer Festwoche stattfindet. Für mich gehört das einfach zusammen: Kunst und Kultur, Wirtschaft und Volksfest. Das ist einfach nicht zu trennen“, so Oberbürgermeister Thomas Kiechle.
Die Stadt Kempten hat erneut alle professionell arbeitenden bildenden Künstlerinnen und
Künstler zur Teilnahme eingeladen. In diesem Jahr haben 147 Kunstschaffende, davon 86
Künstlerinnen und 61 Künstler insgesamt 258 Werke zur Jurierung eingereicht.
Die siebenköpfige Jury unter dem Vorsitz von Oberbürgermeister Thomas Kiechle hat nun
getagt, begutachtet, diskutiert, begründet und entschieden. Auch 2022 wurden alle vier
ausgelobten Preise zuerkannt:
– der Kunstpreis der Stadt Kempten (Allgäu), dotiert mit 5.000 EUR
– der Thomas-Dachser-Gedenkpreis, dotiert mit 4.000 EUR
– der Förderpreis der Dr.-Rudolf-Zorn-Stiftung, dotiert mit 3.000 EUR
– das Ausstellungsstipendium der Sparkasse Allgäu, dotiert mit 2.000 EUR
„Wir haben in diesem Jahr vier Künstlerinnen ausgezeichnet. Die preisgekrönten Werke
bilden dabei die ganze Bandbreite an Kunstgattungen ab – Skulptur, Zeichnung,
Konzeptkunst und Malerei – und zeigen damit die Vielseitigkeit des künstlerischen Schaffens im Allgäu“, freut sich Oberbürgermeister Thomas Kiechle.
Gezeigt werden in der diesjährigen Ausstellung 66 Werke von insgesamt 52
Kunstschaffenden, davon 28 Künstlerinnen und 24 Künstlern. Die Jury wählte 31 Werke aus dem Bereich der Malerei, 8 Grafiken, 14 Plastiken, 7 Fotografien und 6 Bildobjekte aus. Ein Kunstwerk wird im Außenraum ausgestellt.
Bekanntgabe der Preisträgerinnen:
Kunstpreis der Stadt Kempten (Allgäu) 2022
Der Kunstpreis der Stadt Kempten (Allgäu) wird der Künstlerin Julia Miorin für ihr Werk
„Papierhandtücher“ (Stahl, Lack, MDF, Acrylglas) verliehen.
Begründung der Jury Das Werk „Papierhandtücher“ besteht aus ganz einfachem Material, mit dem wir fast alltäglich zu tun haben, das wir einfach wegwerfen, dem wir gar keine Beachtung schenken. Es ruft eine Bewusstwerdung der Wertigkeit der alltäglichen Gegenstände hervor und erzählt Geschichten. In dieser Anordnung hier bekommen die Objekte eine ganz eigene Ästhetik, was Oberflächenstrukturen, Muster und Farben angeht. Das Werk ist perfekt und überzeugend präsentiert sowie präzise gearbeitet. Diese Art der Präsentation kennt man aus dem musealen Bereich, z.B. von Vitrinen in naturkundlichen Sammlungen. Normalerweise wird in solchen Vitrinen etwas Wertiges präsentiert und gerade diese Umkehrung ist sehr reizvoll.
Julia Miorin reißt die Gegenstände aus ihrem Kontext heraus und gießt sie in eine neue
Form, die ästhetisch ansprechend und der eigentlichen Funktion beraubt ist.
Viele von den Vitrinen fertigt die Künstlerin auch selber und zeigt so ihr handwerkliches
Geschick. Miorin präsentiert die Papierhandtücher aber auch unterschiedlich, auf
Untergründen mit verschiedenen Farbabstufungen und ordnet die Vitrinen in einer
stimmigen Komposition an.
Über die Materialität hinaus ist das Werk aber auch emotional ansprechend, weil
Assoziationen mit Personen und Orten entstehen und Erinnerungen hervorgerufen werden. Es löst neue Gedanken in den Jurymitgliedern aus und das zeugt von großer künstlerischer Qualität.
Julia Miorin über ihre Arbeit „Papierhandtücher“
Meine Arbeitsweise ist ein Prozess des bedachten Auswählens, Um-deutens und
Kombinierens – eine Verrückung von Gewohntem bis sich eine neue Form einpendelt oder
sich eine Anordnung fügt. Mich interessiert, wie Dinge aufeinandertreffen: Konstellationen, Leerstellen, Farben und Oberflächen. Bekannte Gegenstände und funktionale Rohmaterialien löse ich durch gezielte Neuverortung, Reduktion oder Wiederholung aus ihrer alltäglichen Erzählung. Mein Vorgehen reicht dabei von der schlichten Gegenüberstellung gefundener Objekte hin zu einer formgebenden Vertiefung ins Material.
Getränkekisten bekommen eine bespielbare Bühne, aus Isomatten bildet sich ein strenger
Faltenwurf, der dreckige Lappen wird zum Bergmassiv und Pinzetten sprechen von
Gefühlen. Eine übergeordnete Rolle spielt die räumliche Ausdehnung von Stofflichkeit, die
Beziehung von Umraum, Ding und Betrachter*in und das Herstellen von subjektiven
Ordnungssystemen.