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Günzburg: Das Jahrhunderwasser

In den vergangenen Tagen herrschte eine Ausnahmesituation in der Großen Kreisstadt. So geht es jetzt weiter

Die Große Kreisstadt Günzburg wurde vor wenigen Tagen von einem Jahrhundert-Hochwasser schwer getroffen. Dem schnellen Handeln der verantwortlichen Akteure und der großartigen Arbeit aller Einsatz- und Rettungskräfte ist es zu verdanken, dass es in Günzburg keine Toten oder Schwerverletzten gab. Die materiellen Schäden sind enorm, lassen sich zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht abschätzen.

Das Wasserwirtschaftsamt hat am Freitagvormittag, 31. Mai, vor Hochwasser im Landkreis Günzburg gewarnt. Erwartet wurden Pegelstände der Meldestufe 3 bis 4, stellenweise könnte sogar HQ100 überschritten werden. Aufgrund des extremen Dauerregens im Landkreis Günzburg und der zu erwartenden Hochwasserlage hat Landrat Hans Reichhart für den Landkreis Günzburg frühzeitig den Katastrophenfall ausgerufen. Tausende Sandsäcke wurden bereits am Freitag in Stadt und Landkreis befüllt.

Der Pegelstand der Donau, Günz und Butzengünz in Günzburg stieg in den Stunden danach stetig an, weshalb bereits am Freitagabend die Bewohner Günzburgs in den von einem möglichen Hochwasser gefährdeten Gebieten per Lautsprecherdurchsagen und auf digitalen Wegen von der Feuerwehr und der Stadt gewarnt wurden. Ab dem frühen Samstagmorgen wurden Sandsackwälle an mehreren Standorten errichtet, erste Straßen mussten gesperrt werden. Die Stadt Günzburg richtete einen Krisenstab ein, städtische Mitarbeiter brachen ihre Urlaube ab, um auf die Gefahrensituation bestmöglich reagieren zu können.

Im Laufe des Samstagabends haben das Ordnungsamt, die Freiwillige Feuerwehr und Oberbürgermeister Gerhard Jauernig gemeinsam entschieden, dass aus Sicherheitsgründen in einzelnen Teilbereichen der Stadt Wohngebäude evakuiert und die Bewohner vorsorglich in Sicherheit gebracht werden. Die meisten Betroffenen konnten die Nacht bei Verwandten oder Bekannten verbringen.

In der Nacht auf Sonntag traten die Flüsse an mehreren Stellen über die Ufer und überschwemmten verschiedene Bereiche der Stadt. Die Einsatzkräfte warnten zuvor die Bewohner und evakuierten in enger Abstimmung mit dem Landratsamt und Oberbürgermeister Gerhard Jauernig immer weitere Gebiete – unter anderem wurden die etwa 80 Bewohner des Altenheims der Heiliggeist-Spitalstiftung in Sicherheit gebracht und in andere Einrichtungen verlegt. Wohnungen und Häuser standen im Laufe des Tages unter Wasser, ebenso öffentliche Einrichtungen wie Kindergärten, die Grundschule Auf der Bleiche oder beispielsweise das Waldbad. Die Hilfskräfte waren auf der Straße, mit Booten zu Wasser und mit Hubschraubern in der Luft im Einsatz, um Menschen aus ihren Häusern und Wohnungen zu retten. „Der Sonntag war ein Tag voller Dramatik. Höchste Priorität hatte das Schützen und Retten von Menschenleben“, sagte Günzburgs Oberbürgermeister Gerhard Jauernig.

Aufgrund der angespannten Hochwassersituation wurde darauf hingewiesen, dass es zu Einschränkungen bei der Trinkwasserversorgung kommen kann. Die Bevölkerung wurde gebeten, sich vorsorglich mit Trinkwasser zu versorgen.

Die Hochwassersituation entspannte sich ab dem frühen Dienstagvormittag und die gesperrten Bereiche konnten wieder freigegeben werden. Es ging dann vor allem darum, die Infrastruktur wieder in Takt zu setzen und aufrecht zu erhalten. Es wurde begonnen, überflutete Gebäude wie auf der Haugenweide, das Wasserwerk, das Klärwerk oder das Altenheim auszupumpen. Danach wurde abschnittsweise das Wasser aus Privatgebäuden abgepumpt.

Die Stadt Günzburg ist seit einigen Tagen in intensiven Gesprächen, wie beispielsweise der Schulunterricht und die Kinderbetreuung für die nächsten Tage, Wochen und Monate gesichert werden kann. „Wir überprüfen jede Idee, welche Gebäude in den nächsten Wochen und Monaten alternativ zur Verfügung stehen und ich bin positiv gestimmt, dass wir sehr schnell gute Lösungen anbieten können“, teilt Gerhard Jauernig mit.

Um den Menschen schnell und unbürokratisch zu helfen, wurde ab Mittwoch, 5. Juni, Fluss- Schutt und Sperrmüll in den vom Hochwasser betroffenen Gebieten kostenfrei abgeholt. Diese Art der Entsorgung läuft auch aktuell noch weiter. Menschen, die ihre Sanitärräume nicht mehr nutzen können, stehen zudem Duschen in der Rebayhalle zur Verfügung.

Ein wichtiges Anliegen war es, die Menschen in Günzburg die ganze Zeit über schnellstmöglich über alle Kanäle zu informieren und aufzuzeigen, wo und wie sie Hilfe bekommen. Auf der Internetseite der Stadt wurde ein Liveticker aufgebaut, über die Sozialen Kanäle wurden diese Informationen ebenfalls verbreitet. An mehreren Tagen wurden jeweils 1000 Flyer in den vom Hochwasser betroffenen Gebieten verteilt, auf denen die wichtigsten Informationen zusammengefasst waren. Außerdem wurde eine Hotline im Rathaus eingerichtet (Telefon 08221/903-222), wo Fragen zum Thema Hochwasser beantwortet werden. Unter der Telefonnummer 08221/903-555 wurden Menschen zusammengebracht, die Hilfe anbieten und die Hilfe benötigen. Im Eingangsbereich des
Rathauses stellte die Stadt ein Infopunkt auf, an dem ehemalige Mitarbeiter bei Fragen rund um das Thema Hochwasser zur Verfügung standen.

Gerhard Jauernig lobt den Austausch zwischen Landratsamt und Stadt sowie mit dem BRK, weiteren Hilfskräften und der Polizei. Der Einsatz der Feuerwehr verdiene alle Wertschätzung: „Die Führungsmannschaft unserer Feuerwehr um Christoph Stammer, unserem Stadtbrandinspektor, und Stadtbrandmeister Florian Propp hat in dieser Krise gezeigt, dass sich die Günzburger auf sie und auf die Mannschaft verlassen können.“ Ebenso positiv sei die Hilfsbereitschaft aus der Bevölkerung hervorzuheben. „Der Charakter einer Stadtgesellschaft zeigt sich im Umgang mit den Schwächsten und ob im Krisenfall Solidarität gelebt wird. Ich kann nur sagen: Ich bin stolz auf unsere Günzburger. In den Tagen während und nach dem Hochwasser war ich sehr oft vor Ort – habe mit vielen Betroffenen sprechen und mich von der enormen Hilfsbereitschaft selbst überzeugen können. Ich danke allen freiwilligen Helfern, die betroffene Familienmitglieder, Freunde, Bekannte und wildfremde Menschen in allen Bereichen unterstützt haben und weiter unterstützen“, teilt Gerhard Jauernig mit.

Bild: Michael Lindner/Stadt Günzburg