Ab dem 1. Oktober wird es in Bobingen keine Geburtshilfe mehr geben. Zahlreiche, intensive Bemühungen von Klinikvorstand Martin Gösele und Bürgermeister Klaus Förster konnten die Schließung der Geburtshilfe in der Wertachklinik Bobingen nicht verhindern. „Wir haben alles versucht, aber die ungünstigen, gesetzlichen Rahmenbedingungen für die kleinen Krankenhäuser können wir nicht ändern und der Fachkräftemangel ist maßgeblich für die Einstellung,“ bedauert Gösele. Umso wichtiger sei es für die Zukunft der klinischen Versorgung im südlichen Landkreis, dass die beiden Standorte der Wertachkliniken in einem Neubau zusammengelegt würden. Sonst drohe die Schließung mittelfristig auch einigen anderen Abteilungen, und letztlich auch den Wertachkliniken.
Im Geburtenbuch der Wertachklinik Bobingen sind über 18.700 Babys verzeichnet, die in Bobingen auf die Welt gekommen sind. Seit wann genau das Buch geführt wurde, konnte leider nicht ermittelt werden. Die Aufzeichnungen begannen in jedem Fall lange vor der Gründung der Wertachkliniken. „Aber die gesamte Zahl ist auch nicht so wichtig“, findet Birgit Hegen, Sprecherin der Hebammen: „Jedes einzelne Kind, das wir in den Wertachkliniken auf die Welt begleiten durften, ist ein Geschenk.“
Die Hebammen seien dankbar für die wunderbare Zeit in der Wertachklinik Bobingen, in der sie eine sehr frauenorientierte Geburtshilfe anbieten konnten, sagt die Sprecherin. Mit einer annähernd durchgängigen 1:1-Betreuung konnten sie das Vertrauen der Gebärenden in die natürlichen Abläufe der Geburt stärken und auf diese Weise die vorhandenen Ressourcen der Frauen ausschöpfen. Dies habe vielen werdenden Müttern ein positives Geburtserlebnis ermöglicht. Und das, so Hegen, sei immer das oberste Ziel jeder Hebamme.
„Neben den Hebammen und den Belegärzten hat auch das Pflegepersonal der Wertachkliniken einen wichtigen Teil dazu beigetragen, dass viele Gebärende und ihre Angehörigen sich in den Wertachkliniken wohl gefühlt haben“, betont Klinikvorstand Gösele und dankt allen Beteiligten sehr herzlich für ihren Einsatz und für die großartige Leistung, die sie über viele Jahre erbracht haben.
Stellvertretend für die Belegärzte bedauert Dr. Octavian Duma das Ende der Geburtshilfe in den Wertachkliniken. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen machten eine Fortführung unmöglich, betont auch er. Der 24-Stunden Bereitschaftsdienst müsse auf mehrere Schultern verteilt werden. Jeder einzelne Arzt müsse jedoch die ständig steigenden Beiträge für die Haftpflichtversicherung selbst bezahlen. „Aufgrund des Anti-Korruptionsgesetzes darf uns die Klink dabei auch nicht unterstützen“, erklärt er. Als niedergelassener Arzt könne man sich das nun irgendwann nicht mehr leisten, deshalb finde man auch keine neuen Belegärzte, um die aus persönlichen Gründen ausscheidenden Kollegen, Dr. Ulrike Winkler und Dr. Andreas-Jan Magnus, zu ersetzen.
In den großen Kliniken ist die Geburtshilfe nicht dasselbe wie in einem kleinen Krankenhaus, darin sind sich viele Mütter, Hebammen und Ärzte einig. „Ich habe deshalb bereits ein Angebot für eine Festanstellung abgelehnt“, erklärt beispielsweise Dr. Duma. Hebamme Birgit Hegen hat sich ebenfalls noch nicht in einem der umliegenden Krankenhäuser beworben. Sie nimmt sich erst einmal ein Auszeit in der Hoffnung, dass in den Räumen der Wertachkliniken ein Geburtshaus eingerichtet wird. Landrat und Bürgermeister haben ihre Unterstützung bereits zugesagt, die rechtlichen Bedingungen müssen jedoch noch geklärt werden. Und die Gebärenden hätten dort keine ärztliche Betreuung durch einen Gynäkologen. „Im Notfall müssten wir die Frauen in eine der umliegenden Geburtskliniken verlegen“, erklärt Hegen.
Bild: Matthias Baumgartner