In einem Brief an die SPD-Gruppen der Region künigt der SPD-Landtagsabgeordnete Harald Güller an, im kommenden Jahr nicht mehr für den Landtag zu kanidieren. Hier der Brief im Wortlaut:
Landtag 2023: Meine persönliche Entscheidung
Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freunde und Weggefährten,
ich habe mich dazu entschlossen, 2023 nicht mehr für den Landtag zu kandidieren. Das ist ein Schritt, der mir nach 24 Jahren als Landtagsabgeordneter, seit 1994, und zusätzlichen fünf Jahren als Geschäftsführer der Landtagsfraktion wahrlich nicht leicht fällt. Aber für mich fühlt es sich, bei aller Wehmut, bei aller Lust, nochmals fünf Jahre für die Region Augsburg und Schwaben, für die Menschen, aber auch für eine soziale Politik in und mit der SPD zu kämpfen, richtig an. Es ist und war mir eine große Freude, euch in München vertreten zu dürfen. Doch jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen, aufzuhören und ein neues Kapitel aufzuschlagen. Diese Entscheidung selbstbestimmt und zu einem Zeitpunkt zu treffen, wenn die Entscheidung bedauert wird und nicht, wenn viele schon froh sind, war immer mein Ziel.
Vieles habe ich den letzten 29 Jahren erlebt: Es war eine schöne, herausfordernde, teilweise aber auch harte Zeit – gerade auch in zeitlicher Hinsicht. Mein Anspruch ist und war es immer, ein Politiker zu sein, der bürgernah und kompetent ist, der in der Region geerdet ist – und trotzdem gleichzeitig stets Präsenz im Landtag zeigt und dort Verantwortung übernimmt. Ich denke, in meinen Jahren als parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion, als sportpolitischer Sprecher und dann auch als haushaltspolitischer Sprecher und stellvertretender Vorsitzender des wichtigen Haushaltsausschusses konnte ich einiges bewegen – für die Menschen, aber auch generell für Augsburg und Schwaben und für unsere Partei.
Ein paar wichtige Meilensteine in der parlamentarischen Arbeit im Landtag, die bis heute Spuren hinterlassen haben, möchte ich hervorheben: Als erster Oppositionspolitiker in der bayerischen Parlamentsgeschichte hatte ich den Vorsitz in einem Untersuchungsausschuss. Meine Aufgabe war es, den Vorwurf unerlaubter Einflussnahme der bayerischen Staatsregierung und der Generalstaatsanwaltschaft auf strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen den Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber oder den Sohn von Ex-Ministerpräsident Franz Josef Strauß, Max Strauß, zu prüfen. Großes Aufsehen hat auch der Untersuchungsausschuss zur Landesbankaffäre erreicht, dem ich als Stellvertreter vorsitzen durfte. Es ging unter anderem um dubiose Geschäfte der Landesbank in Kärnten, aber auch um das von der CSU zu verantwortende Verscherbeln von über 30.000 Wohnungen der GBW an private Investoren.
Hinzu kam der stellvertretende Vorsitz in der Enquetekommission „Föderalismus – Stärkung der Landesparlamente“, in dessen Folge die Informationspflichten der Staatsregierung gegenüber dem Landtag grundlegend neu geregelt und verschärft wurden.
Bei Entscheidungen über allgemein politische Themen ist der größte Erfolg für einen Politiker in der Opposition, wenn es gelingt, Verbesserungen und richtige Weichenstellungen „über Bande“ auf den Weg zu bringen. Wenn eigene Ideen, Positionen und Anträge zunächst abgelehnt, dann aber nach einer Schamfrist aufgegriffen werden und ihren Weg in die Umsetzung finden, so ist das ein großer Erfolg. Ich denke, mit Entscheidungen zu einem besseren ÖPNV und SPNV, zur Staudenbahn, zu einer deutlich erhöhten Förderung des Sportbereichs und des Ehrenamtes, zu besserer (aber immer noch nicht ausreichender!) Förderung von Kitas und Schulen, zu Universitätsklinikum und Staatstheater, aber auch einer besseren Besetzung und Ausstattung der Polizei in der Region konnte ich in den letzten Jahrzehnten mit anderen zusammen eine Menge erreichen.
Ärgerlich ist, dass sich beim sozialen Wohnungsbau durch den Freistaat auch über den Haushaltsausschuss, der für die Beteiligungen des Freistaats, wie z.B. die BayernHeim, zuständig ist, leider fast nichts bewegen ließ, und dass es auch bei der grundsätzlichen Finanzierung des Gesundheitssystems noch viele Baustellen gibt, bei denen sehr oft die Staatsregierung im Bremserhäuschen sitzt.
Und, wenn ich auf die SPD-Fraktion im Landtag blicke, gehört zur Wahrheit: Die Landtagsfraktion muss nach der Wahl für eine zukunftsfähige Aufstellung vieles verändern und sich neu aufstellen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für Veränderungen und für einen umfassenden Generationenwechsel. Ich bin davon überzeugt: Eine Neuaufstellung tut der BayernSPD insgesamt gut und kommt uns dann bei weiteren Wahlen sicher zugute.
Für mich ist es selbstverständlich, dass ich mein Mandat bis zum Ende der Periode weiter so ausüben werde wie bisher. Zumal noch einige zentrale Themen offen sind, an denen ich gerne weiterarbeite, bis dann andere übernehmen. Bis zum letzten Tag im Landtag und natürlich auch darüber hinaus werde ich außerdem den Rechtsradikalismus und die Versuche, unsere Demokratie zu zerstören, entschieden bekämpfen. Darauf könnt Ihr euch verlassen.
Meine Ehrenämter bleiben für mich ganz sicher weiterhin ein wichtiger Teil des Lebens. In meinen Tätigkeiten im Augsburger Kreistag, als Vorsitzender des BRK Augsburg-Land, in der AWO und in der Sportpolitik werde ich weiter präsent sein.
Die Entscheidung fiel mir nicht leicht. Ich habe aber eine Reihe vertrauensvoller Gespräche geführt und bin auch deshalb überzeugt, dass es in den Reihen der SPD Augsburg und der Region hervorragende und geeignete neue Kandidatinnen und Kandidaten gibt, die frische Ideen einbringen und den angesprochenen Wechsel herbeiführen können. Ich freue mich, an dieser Stelle mitzuarbeiten und auch zu unterstützen, wo immer das gewünscht ist.
Ich habe viel bekommen, viel gegeben und bin dankbar für die Zeit.