Bezirkstagspräsident Martin Sailer (links) und der Bezirksrat und Beauftragte für Menschen mit Behinderung und für Inklusion, Volkmar Thumser, (rechts) würdigten die ParaVertikalen DAV Augsburg. Bild: Andreas Lode
Alle zwei Jahre vergibt der Bezirk Schwaben den Sozialpreis, der die hohe Bedeutung des sozialen Ehrenamtes würdigt. In diesem Jahr kommen die Preisträger aus Augsburg, Friedberg, Kempten und Kaufbeuren.
In einer Feierstunde hat Bezirkstagspräsident Martin Sailer am 19. September den Sozialpreis des Bezirks Schwaben im Kleinen Goldenen Saal in Augsburg verliehen. „Zahlreiche bemerkenswerte Menschen und außergewöhnliche Projekte haben sich in diesem Jahr für den Sozialpreis beworben“, betonte Bezirkstagspräsident Sailer im Rahmen der Verleihung. „Sie alle zeigen, dass Veränderung gemeinsam gelingt. Lassen Sie uns weiterhin zusammenstehen, um unsere Gesellschaft warmherzig, inklusiv und unterstützend zu gestalten.“
Der erste Platz und ein Preisgeld in Höhe von 4.000 Euro gingen an „Die ParaVertikalen DAV Augsburg“ für ihr Bergsport-Angebot für Menschen mit Behinderung. Ausgezeichnet mit einem zweiten Platz und einem Preisgeld in Höhe von 3.000 Euro wurden der „Chor Grenzenlos Augsburg“ und die „Freizeitbörse Kempten-Oberallgäu“. Im Chorprojekt musizieren Seniorinnen und Seniorinnen mit und ohne Demenz Seite an Seite. Die Freizeitbörse begleitet Menschen mit Einschränkung bei Freizeitaktivitäten. Ein Preisgeld in Höhe von 1.000 Euro ging außerdem an den „Irseer Kreis e.V.“ und die „Flinkis Friedberg“. Der Ostallgäuer Verein unterstützt Menschen mit psychischer Erkrankung bei der Wohnungs- und Beschäftigungssuche. In der Selbsthilfegruppe „Flinkis Friedberg“ finden hingegen Menschen mit Behinderung Hilfe und Unterstützung. Da beide Preisträger in der Jury-Bewertung eine gleich hohe Punktzahl erreichten, teilen sie sich einen vierten Platz, sodass der dritte Platz in diesem Jahr entfällt.
„Gemeinsam mit Dir“: Eine Auszeichnung für soziales Engagement
Der Sozialpreis des Bezirks trägt 2023 erstmals den Titel „Gemeinsam mit Dir“. „Gäbe es nicht so viele Menschen in Schwaben, die sich freiwillig sozial engagieren würden, wäre unsere Gesellschaft ein großes Stück kälter“, sagte Bezirkstagspräsident Martin Sailer. „Alle, die sich für andere einsetzen, tragen zum Zusammenhalt in unserer Gesellschaft bei. Das ist nur gemeinsam möglich – gemeinsam mit dir.“
Soziale Themen bestimmen die Arbeit des Bezirks Schwabens. Dabei stehen insbesondere Menschen mit Hilfebedarf im Fokus. Das freiwillige soziale Engagement bildet in diesem Bereich eine wichtige Säule. Mit seinem Sozialpreis will der Bezirk deshalb den hohen Stellenwert der freiwilligen sozialen Arbeit betonen und ihr Ansehen fördern. Die Auszeichnung soll zudem das Bewusstsein für die Belange von Menschen mit Behinderung schärfen.
Ein Preis für alle: Von Inklusion bis Hospizarbeit
Sowohl Einzelpersonen wie auch Gruppen (z. B. Initiativen, Interessensgemeinschaften, Organisationen, Selbsthilfegruppen, Vereine) konnten sich bewerben. Bedingung war, dass sich das freiwillige soziale Engagement vorwiegend mit dem Aufgabenbereich des Bezirks Schwaben deckt. Der Preis richtet sich zum Beispiel an ehrenamtlich Engagierte in den Bereichen Eingliederungshilfe, Altenhilfe und Hospizarbeit. Auch innovative Ansätze auf dem Gebiet der Inklusion sowie anderen sozialen Projekten kommen in Betracht, wenn sie im Einklang mit den sozialen Zielen des Bezirks Schwaben stehen.
Die Jury setzte sich in diesem Jahr zusammen aus Martin Sailer, Bezirkstagspräsident, Christine Rietzler, Pflegebeauftragte und Bezirksrätin, Volkmar Thumser, Bezirksrat und Beauftragter für die Belange von Menschen mit Behinderung, Kerstin Asmussen, Kontaktstelle Selbsthilfegruppen Schwaben des Gesundheitsamts Augsburg, Monika Kolbe, Leitung der Sozialverwaltung des Bezirks Schwaben, Raimund Mittler, Ehrenamtsbeauftragter des Bezirks Schwaben und Stefan Dörle, Inklusionsbeauftragter des Bezirks Schwaben.
Die Preisträger 2023
1. Platz: Die ParaVertikalen DAV Augsburg
Die ParaVertikalen DAV Augsburg sichern sich den ersten Platz beim Sozialpreis des Bezirks. Die inklusive Gruppe gibt Menschen mit Behinderung die Möglichkeit, Bergsport auszuüben. Bild: MK-Fotografie
Die ParaVertikalen ist eine inklusive Gruppe für Menschen mit Behinderung im DAV – Sektion Augsburg e.V. Die Gruppe gibt Menschen mit Behinderung die Möglichkeit, Bergsport auszuüben. Neben dem Klettern in der Halle veranstalten die ParaVertikalen Ausflüge in die Berge, Wandertouren und eine Winter-Tour mit Schneeschuhen. Um alle Teilnehmenden zu unterstützen und auf die unterschiedlichen Bedürfnisse einzugehen, organisieren die ParaVertikalen gruppenintern kostenlose Schulungen für Trainer und Sichernde. In der Gruppe engagieren sich derzeit etwa 12 Ehrenamtliche und rund 20 Menschen mit Behinderung nutzen das vielseitige Angebot. „Das Projekt stellt herausragendes ehrenamtliches Engagement dar“, so die Jury. „Im Sinne der Inklusion wird Gemeinschaft gelebt und Freizeit miteinander gestaltet.“ Unter den Teilnehmenden sind Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen wie Multiple Sklerose, halbseitiger Lähmung, Epilepsie, Parkinson oder geistigen Behinderungen. Da die Augsburger Kletterhalle barrierefrei ist, können auch Menschen im Rollstuhl das Angebot wahrnehmen.
2. Platz: Chor Grenzenlos Augsburg
Im Chor Grenzenlos Augsburg treffen sich mehr als 60 Senioren/-innen mit und ohne Demenz zum gemeinsamen Singen. Die Initiative des Verbundes Demenz und der Sing- und Musikschule Mozartstadt Augsburg erhält den zweiten Platz beim Sozialpreis des Bezirks. Bild: Karl Höldrich
Der Chor Grenzenlos ist eine Initiative des Verbundes Demenz und der Sing- und Musikschule Mozartstadt Augsburg (SUMMA). Leiter der SUMMA Karl Höldrich hatte die Idee, seine Einrichtung auch für Menschen mit Demenz zu öffnen. Diese Initiative hat der Verbund Demenz aufgegriffen und aus Anlass des Welt-Alzheimertages 2018 ein offenes Singen veranstaltet, aus dem der Chor „Grenzenlos“ hervorgegangen ist. Mehr als 60 Senioren/-innen mit und ohne kognitive Einschränkungen treffen sich seither unter der ehrenamtlichen Leitung von Martina Hellmann jede Woche einmal zum gemeinsamen Singen in den barrierefreien Räumen der SUMMA. „Teilhabe für Menschen mit und ohne kognitive Einschränkung wird hier gelebt“, schreibt die Jury in ihrer Begründung. „Darüber hinaus hat gemeinsames Singen heilende Effekte: Durch das Singen werden die Merkfähigkeit als auch die Rhythmik geschult, es tritt eine präventive Wirkung ein. Singen verbindet und bereitet Freude – sowohl den Sängern als auch den Zuhörenden.“
2. Platz: Freizeitbörse Kempten-Oberallgäu
Die Freizeitbörse Kempten Oberallgäu begleiten Ehrenamtliche Menschen mit Einschränkung bei ihren Freizeitaktivitäten. Der Bezirk hat das Projekt mit dem zweiten Platz beim Sozialpreis ausgezeichnet. Bild: MK-Fotografie
Um Inklusion zu fördern, wurde 2021 das Projekt Freizeitbörse ins Leben gerufen. Durch die tatkräftige Unterstützung von 36 Ehrenamtlichen im Alter zwischen 21 und 73 Jahren begleitet das Projekt Menschen mit Einschränkung bei Freizeitaktivitäten. „Da diese Menschen ihre Freizeit selbst bestimmt und individuell gestalten möchten, benötigen sie vielfach die Unterstützung von engagierten Ehrenamtlichen“, erklärt die Jury und bezeichnet das Projekt als gut übertragbar und innovativ.
Das Angebot reicht von einem Café-Besuch oder einem Ausflug nach Lindau mit Menschen mit Sehbehinderung über einen Tag im Freizeitpark mit einer Autistin bis hin zum Besuch der Allgäuer Festwoche mit Senioren im Rollstuhl.
4. Platz: Irseer Kreis e.V.
Der Irseer Kreis schafft Wohnmöglichkeiten und Beschäftigungsangebote für Menschen mit einer langjährigen psychiatrischen Erkrankung. Der Verein wurde mit dem vierten Platz beim Sozialpreis des Bezirks ausgezeichnet. Bild: MK-Fotografie
Der Irseer Kreis e.V. wurde im Rahmen der Psychiatriereform 1982 durch ehrenamtliche Unterstützende als Förderverein gegründet. Der Verein verfolgt das Ziel, Wohnmöglichkeiten und Beschäftigungsangebote für Menschen mit einer langjährigen psychiatrischen Erkrankung zu schaffen. Die ehrenamtlichen Vereinsmitglieder helfen seelisch kranken, behinderten und von der Erkrankung bedrohten Menschen, ein möglichst eigenständiges und selbst bestimmtes Leben zu führen und sich in die Gemeinschaft zu integrieren. Sie kümmern sich darum, dass sie einen eigenständigen Wohnraum finden und dass ihnen Arbeitsplätze und Rehabilitationsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden. „Das Projekt ist nachhaltig, es fördert die Inklusion, ist ehrenamtlich und innovativ“, wertet die Jury. „Es verschafft Menschen mit psychischer Erkrankung eine sinnvolle Arbeit und gibt dadurch auch Tagesstruktur.“
5. Platz: Flinkis Friedberg
Die Flinkis Friedberg unter Leitung von Ottilie Obermair sind eine klassische Selbsthilfegruppe für Menschen mit Behinderung. Das Projekt, das seit 40 Jahren besteht, wurde mit dem vierten Platz beim Sozialpreis ausgezeichnet. Bild: MK-Fotografie
Die Flinkisgruppe wurde vor 40 Jahren gegründet und wird seit elf Jahren von Ottilie Obermair geleitet. Frau Obermair ist selbst behindert und nicht mobil. Ihr Motto: „Ich gebe alles, nur nicht auf.“ Bei den Treffen der Gruppe versuchen die Teilnehmenden, ihre Probleme und Anliegen gemeinsam zu lösen. Mit dem Preisgeld will Frau Obermair, gemeinsame Ausflüge zu gestalten, um die Gemeinschaft innerhalb der Gruppe zu festigen. „Meiner Gruppe träumt davon, mal die Zugspitze zu sehen, auch mal mit der Gondel nach oben zu fahren und einfach mal etwas nicht Alltägliches zu machen“, so Obermair. Mit der Auszeichnung würdigt die Jury des Sozialpreises ein gelungenes Beispiel aus der klassischen Selbsthilfe und das langjährige Engagement von Frau Obermaier und weiteren Mitgliedern.