Nach der Auftaktveranstaltung im vergangenen Sommer lud die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt Günzburg nun alle Bewirtschafter und Flächeneigentümer im Naturschutzgebiet „Taubried“, sowie Gemeindevertreter, Jagdpächter und Naturschutzverbände zur Vorstellung der Zustandserfassung des Naturschutzgebietes ein. Ziel der Veranstaltung war in erster Linie darüber aufzuklären, welche besonderen Arten in diesem Lebensraum zu finden sind, was für deren Schutz von Vereins- und Behördenseite getan wird und wie jeder Einzelne zum Erhalt des Gebietes beitragen kann.
Aufgrund seiner historischen Nutzung als offene Riedlandschaft mit Streuwiesen auf Niedermoortorf und Futterwiesen auf Auenböden hat sich im Naturschutzgebiet „Taubried“ eine besondere Artenvielfalt entwickelt, die es zu schützen gilt. Bereits seit 2003 ist das ca. 59 ha große „Taubried“ zwischen Ellzee und Wiesenbach als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Um die naturschutzfachliche Entwicklung des Gebietes, die seither stattgefunden hat, zu dokumentieren und somit auch beurteilen zu können, fanden 2020 botanische und zoologische Erfassungen statt. Diese Ergebnisse sollen nicht nur den Naturschutzverbänden und Behörden zur Einordnung dienen, sie sollen auch die Öffentlichkeit auf die Besonderheit dieses Gebietes hinweisen und Grundlage für die Vermittlung der Zusammenhänge zwischen bedrohten Arten und einer zielführenden Bewirtschaftung für deren Erhalt dienen.
Felix Vogt-Pokrant, zuständig für die Ausweisung und Betreuung von Naturschutzgebieten an der Regierung von Schwaben, erläuterte den Anwesenden die Ergebnisse der Zustandserfassung. Zu den seltenen und wertgebenden Pflanzenarten im „Schatzkästchen“ Taubried gehören beispielsweise die Europäische Trollblume und verschiedene Orchideen. Bei den schützenswerten Insekten stellte Vogt-Pokrant unter anderem ein besonderes Artenpaar vor, welches nur in Koexistenz erhalten bleibt und auf die dortigen Feuchtwiesen angewiesen ist – der Randring-Perlmuttfalter und seine Wirtspflanze, der Schlangenknöterich. Der orange gemusterte Schmetterling ist laut bayerischer Roter Liste stark gefährdet und legt seine Eier ausschließlich an dieser Pflanze ab. Dort schlüpfen dessen Raupen, die allerdings mit der Mahd abgeräumt werden. „Deshalb ist das Prinzip der Streifenmahd des Landschaftspflegeverbandes Günzburg e. V. dort so erfolgreich. 2020 wurden auf den Feuchtwiesen im Taubried über 200 Exemplare gesichtet, was selbst die Forschenden in Staunen versetzte“, erklärt Felix Vogt-Pokrant. „Da wir als Behörde dazu verpflichtet sind, solche seltenen Arten zu erhalten, freut es uns besonders, wenn dies im Rahmen freiwilliger und kooperativer Maßnahmen umgesetzt werden kann.“
Der Grund, dass manche Naturschutzgebiete überhaupt bewirtschaftet werden müssen, liegt in unserer Kulturlandschaft begründet. Gerade durch die historische Nutzung von Flächen als Wiesen und Weiden haben sich vielfältige Strukturen entwickelt, an die wiederum viele Arten angepasst sind. Werden die Flächen nicht weiterhin extensiv landwirtschaftlich genutzt, wachsen erst Sträucher und später Bäume auf. Das vielfältige Nutzungsmosaik verschwindet und damit auch unsere Artenvielfalt. Die gesamte Umsetzungsallianz Günztal, bestehend neben der höheren Naturschutzbehörde an der Regierung von Schwaben und der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt Günzburg auch aus dem Landschaftspflegeverband Günzburg e.V. sowie der Stiftung Kulturlandschaft Günztal, war an diesem Abend vertreten und stellte im Anschluss an den Vortrag zur Zustandserfassung ihre Arbeit zum Erhalt der Arten und Lebensräume im Naturschutzgebiet Taubried vor.
Timo Albrecht, Fachkraft zur Umsetzung von Moorschutz an der Regierung von Schwaben, erläuterte, warum Moorschutz auch Klimaschutz bedeute und warum es so wichtig sei, Moore zu renaturieren. Um individuelle Möglichkeiten mit den einzelnen Grundstückseigentümern zu finden, möchte er mit den einzelnen Personen in den Dialog kommen.
Judith Kronberg, Biodiversitätsberaterin an der Unteren Naturschutzbehörde, erläuterte die Fördermöglichkeiten einer extensiven Bewirtschaftung über das Vertragsnaturschutzprogramm. Zudem werden die Grundstücke des Landkreises Günzburg im Naturschutzgebiet im Sinne des Naturschutzes bewirtschaftet, was Stefan Koralewska, Geschäftsführer des Landschaftspflegeverbands Günzburg e.V. darlegte. Julia Sing, Projektmanagerin der Stiftung Kulturlandschaft Günztal stellte das „Taubried“ in den Zusammenhang des Biotopverbunds Günztal.
Moderiert wurde die Abendveranstaltung von der Naturschutzwacht des Gebietes an der Unteren Naturschutzbehörde, Josef Nersinger: „Die Bewirtschafter, Eigentümer, Jagdpächter, Naturschutzverbände und Gemeindevertreter hatten die Gelegenheit, Fragen zur Nutzung und Bewirtschaftung sowie zu Pflegemaßnahmen an alle Partner der Umsetzungsallianz zu stellen und es fand eine angeregte Diskussion statt. Gute Aussichten für unser Schatzkästchen und seine Bewohner.“ (Foto: Eberhard Pfeuffer)
Veranstaltungshinweis:
Am 2. Juli 2023 um 10.00 Uhr können Interessierte das „Taubried“ und seine Artenvielfalt auf einer botanischen Führung mit dem Pflanzenökologen Dr. Hermann Muhle kennenlernen. Begleitet wird die Veranstaltung durch den LPV Günzburg und die Günztal-Stiftung. Treffpunkt ist die Riedmühle zwischen Ellzee und Stoffenried.